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Kommentar AltersarmutUnsitte Altersdiskriminierung

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Solange es Altersdiskriminierung gibt, werden viele Ältere weiterhin in Rente gehen, bevor sie 67 sind. Die finanziellen Einbußen werden sie zähneknirschend hinnehmen.

K aum gibt es die Rente mit 67, da arbeiten mehr Frauen öfter und länger als nur bis 60, manche sogar Vollzeit. Prima, könnte man sagen, endlich haben es die Frauen begriffen: Sie hängen ihren Job nicht mehr "für die Familie" an den Nagel, sie emanzipieren sich vom Mann und vom Staat, auf den Hausfrauen und viele Teilzeitjobberinnen angewiesen sind, wenn die Beziehung in die Brüche geht.

Ja, so könnte man die aktuellen Zahlen deuten, die die Bundesagentur für Arbeit gerade veröffentlicht hat. Aber so einfach ist das nicht. Denn die Zahlen sagen nichts aus über die Art und die Qualität der Arbeit. Und sie sagen schon gar nichts aus über die Motivation der Frauen, länger zu schuften. Denn schaut man genauer in die Statistik, wird noch etwas anderes deutlich: Innerhalb von zwei Lebensjahren, von 62 bis 64, ist nicht mal mehr die Hälfte der vorher arbeitenden Frauen (und Männer) noch im Job.

Warum? Weil sie auf den Pflegestationen, an den Supermarktkassen und in den Büros mitunter Knochenarbeit leisten. Sie sind schlicht arbeitsunfähig.

Bild: privat
Simone Schmollack

ist taz-Redakteurin für Geschlechterpolitik.

Die Zahlen lassen zudem noch etwas anderes außer Acht: die Altersdiskriminierung. Wir brauchen die Alten, schallt seit einiger Zeit der Ruf durch die Republik. Die Realität sieht aber anders aus: Viele Ältere, vor allem ältere Frauen, werden im Job gemobbt und rausgeekelt. Man traut ihnen nichts mehr zu, sie werden nicht mehr eingestellt. Das erleben selbst Arbeitnehmerinnen in gehobener Stellung.

Solange es Altersdiskriminierung gibt, sei es als Mobbing oder in Form prekärer Jobs, werden viele Ältere weiterhin in Rente gehen, bevor sie 67 sind. Die finanziellen Einbußen werden sie zähneknirschend hinnehmen: Immer noch besser, als sich jeden Tag sagen zu lassen, dass man stört.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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10 Kommentare

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  • P
    Pelavi

    Altersdiskriminierung - es betrifft alle die in die Jahre gekommen sind - Frauen mobbt man raus - Männer werden so gestresst und unterdruck gesetzt dass Sie irgendwann freiwillig weniger arbeiten - der Jugendwahn wird uns das Kreuz brechen - denn bald werden nicht mehr genug "Junge" da sein - jeder der jetzt einen Job hat sieht zu dass er sich so gut es geht unersetzlich macht - ich erlebe diesen WAHNSINN jeden Tag hier im Büro - Gemeinschaft gibt es nicht mehr - hier spielt jeder sein eigenes Stück - immer nur aus Angst zu versagen - viel Spass - zum Glück gehöre ich zu den wenigen die nicht verhunger oder Hartz4 benötigen werden - und das nur weil man keinen Respekt mehr vor Menschen hat

  • R
    ramonariesch

    Zunächst Es ist sehr wohl ein Knochenjob Erzieherin, Altenpflegerin, Hebamme, Lehrerin etc. zu sein.

    Wer im sozialen Bereich arbeitet, leistet seelisch und körperlich Knochenarbeit. Hinzu kommt Mobbing und der Frust mit der eigenen Arbeit gegen Windmühlen anzutreten. Soziale Arbeit wird immer noch zu einem großen Teil von Frauen geleistet, hinzu kommt, dass die in den 60er Jahren geborenen Frauen noch mit der Ideologie aufwuchsen das Frauen später ja doch heiraten. Ja die Männer haben auch unter Altersdiskriminierung zu leiden, trotzdem muss es erlaubt sein diesen speziellen Missstand zu benennen anstatt ihn totzuschweigen.

    Ich wünschte mir es gäbe mehr Solidarität unter den Opfern der zunehmenden Globalisierung die unsere ganze Arbeitswelt erfasst hat. Es ist wichtig auch die spezielle Situation der älteren Frauen in unserer Gesellschaft zu sehen.

  • S
    Sander

    Es gibt Konzerne wie Vodafone, die keine Mitarbeiter über 50ig mehr sehen wollen, deren Vertragskunden aber zu mehr als 35% aus dieser Altergruppe bestehen.

    Wie wäre es denn mit ein bißchen Generationensolidarität?

    Nicht nur die von Alterdiskriminierung Betroffenen können was tun, sondern auch die Kunden, die sich einfach mal fragen, wie geht denn diese Firma mit Mitarbeitern in meiner Altersgruppe um?

    Jammern ist schon ok. aber handeln ist einfach besser!

  • Z
    Zahleselin

    "taz zahl ich" sicherlich nicht!

     

    Liebe Frau Schmollack,

     

    Sie brauchen nicht aus ihrer warmen Redaktionsstube die Frauen, und in ihrem Diktus "(...Männer)" in Schutz zu nehmen.

     

    Das können die selber und brauchen dafür nicht ihr Geschlechter-Gegeifer. Selbst beim DlfRadio musste man zurück rudern ( http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/lesart/1625062/ ), ob ihrer Tirade gegen alles, was Sie als männlich wahr nehmen.

     

    Klar, Frauen sind selbstverständlich und immer noch "besonders betroffen" von der Rente ab 67.

     

    Fragen Sie ihren Briefträger und ihre -Innen. Mich widert es an, dass sie selbst aus gesellschaftspolitisch relevanten Themen ein Mann-Frau-Ding zusammen basteln möchten!

  • I
    ilona

    Kein Zweifel, wir leben und arbeiten in einer immer absurder und rigoroser werdenden Wirtschafts-Demokratie. Das heißt, unsere 'Demokratie' wird nicht mehr vom Wählerwillen gelenkt, sondern allein von der Wirtschaft und ihren Eliten, zu denen inzwischen auch fast alle Parteien (einschließlich der Grünen) aufgeschlossen haben, das ist komfortabel.

     

    Rente mit 67, in einer Zeit, in der selbst Vollzeit-Arbeit für Zigtausende gerade mal den Basislebensunterhelt deckt oder nichtmal mehr das, während die Chefetage ihre üppigen Gewinnsteigerungen feiert, auch in der Versicherungswirtschaft. Dafür sorgen unsere üblich-verdächtigen Lobby-Politiker.

    Denn das ist ein Geschäftsmodell... besser als Gelddrucken!

    Zig-Millionen Malocher heute immer schön in (private) Rentenversicherungen (zwangs-)einzahlen lassen aus real erwirtschafteten Löhnen – im blinden Vertrauen auf die hohlen Versprechen der Polit-, Finanz- und Versicherungs-MAFIA, dass irgendwann in 30 oder 40 Jahren dann eine schöne Rente 'lockt', wo das kaputte Arbeitstier dann ab ca. 70 seinen gut vorgesorgten Lebensabend in Würde genießen darf - falls es überhaupt so lange lebt.

    Das glaubt nur noch jemand, der sein Gehirn bei der Partei, bei der Gewerkschaft oder beim Bankberater abgegeben hat.

     

    Vor allem perfide ist die Begründung, das Rentenalter müsse angehoben werden aus demografischen Gründen, das ist längst widerlegt. Versucht mal, mit Mitte 40 noch einen neuen Job zu finden... ausser in der Lobbyabteilung der Politik. Es geht nur um eins: Abzocke, Enteignung und Umverteilung real verdienter Rentenansprüche!

     

     

    @ NormalBürger:

    Die Knochenarbeit der Männer sieht man täglich offen beim (Straßen-) Bau, im Handwerk. Die Knochenjobs der Frauen sind traditionell in der Gastronomie, in Wäschereien, in der Pflege, in der Erziehung. Und dort werden Frauen immer noch deutlich unterbezahlt, weil ja traditionell der Mann 'genug' verdient. Vielleicht nicht vorrangig im Büro oder an der Kasse, die Beispiele wurden leider unrealistisch gewählt.

    Vor kurzem sah ich einen Bericht über eine Frau, die

    über 40 Jahre (!) in Vollzeit (!) als Serviererin geschuftet hatte, plus Kindererziehung als Alleinstehende. Sie bekommt so wenig Rente, dass sie aufstocken muss. Arm bleibt sie trotzdem, den Rest ihres Lebens. Und dieses Schicksal haben die Politiker für die Mehrheit der Deutschen vorgesehen... die sie zum Dank für ihre perfiden Versprechen auch noch wählen.... immer wieder.

  • AS
    Andreas Suttor

    Hier wird eine ziemlich überflüssige Diskussion geführt. Jeder weiß, daß die Rente mit 67 nur aus einem Grund eingeführt wird, nämlich um die durchschnittlich zur Auszahlung kommende Rente zu kürzen.

    Kein vernünftiger Mensch wird bis zum Alter von 67 arbeiten. Auch die zwei Gründe, die im Artikel speziell für die älteren Frauen angeführt werden, halten einer Überprüfung nur bedingt stand. Wie schon ein Vorredner erwähnte, sind Frauen nicht dafür bekannt, in der Masse schwere körperliche Arbeit zu leisten. Und wenn sie wirklich Knochenarbeit leisten und sich dabei abarbeiten, gehen sie früher in Rente - nämlich in Erwerbsunfähigkeitsrente.

    Und was die Altersdiskrimierung anbelangt: Keiner kann es einem Arbeitgeber verdenken, wenn er bei gleicher Qualifikation eine jüngere Arbeitskraft einstellt. Und das wird hoffentlich auch so bleiben.

  • H
    Hans

    Wenn es Vollbeschäftigung geben würde, dann könnte man über eine Rente mit 67 Jahren sprechen, aber nicht für Berufe, die mit körperlicher Belastung und Schichtdienst daher kommen. Es gibt aber weder Vollbeschäftigung, noch unterscheidet der Gesetzgeber bei den Berufen und Arbeitsbiographien, daher folgt dieser Rente auch nur Altersarmut und eine Menge Frust bei den Betroffenen.

     

    Wer nicht sehr viel Geld und am Besten eine Immobilie besitzt, der nimmt eine schwere, sicher stattfindende Rentenkürzung hin und dabei spielt es dann keine Rolle, wie lange und wie gut der/die überhaupt gearbeitet hat. Klar, dass Frauen durch Kinderpausen mindestens ein, wenn nicht drei oder vier Jahre sowieso den Männern hinterhinken. Auf solche Fragen nimmt der Gesetzgeber auch keine Rücksicht.

     

    Stellt sich doch die Frage, warum die SPD so scharf darauf war, diese Regelung durchzusetzen. Erst Riester, dann die Rente mit 67-Jahren und bald könnte ja wieder Rot-Grün an die Macht kommen, dann wird auch klar, ob die SPD (und die Grünen) aus diesem Fehler gelernt haben.

    Ich vermute mal Nein, denn Gabriel, Steinbrück, Steinmeier oder wie sie auch heißen, stehen nicht für sozialpolitische Erneuerung, sondern bei Ihnen würde dieser Begriff auf die Rente mit 68, noch mal Riester (also Geld für die Versicherungs- und Finanzbranche) und dämmliche Sprüche von der Spitze (z.B. Müntefering, der riet, keinen Urlaub mehr zu machen, sondern das Geld für die Rente zu sparen, er selber schafft übrigens die Rente mit 67 Jahren) hinauslaufen.

  • N
    NormalBürger

    "und in den Büros mitunter Knochenarbeit leisten"

     

    Hääh??

    Nein, Frau Schmollack, Frauen sind NICHT inner Opfer und schon gar nicht im Büro.

    Komisch, immer wenn ich in die Medien schaue und es sich um wirkliche Knochenjobs handelt, wie Strassenbau, Feuerwehr, Dachdecker, Winterdienste etc. (beliebig fortsetzbar) sind dort IMMER Männer zu sehen.

    Tatsächlich ist es so, dass Männer sieben Jahre früher als Frauen sterben, wo bleibt denn hier Ihr Aufschrei, Frau Schmollack? Noch sind es überwiegend Männer die sich die Rolle als Alleinverdiener antun müssen. Wo bleibt Ihre Empörung über die Frauen die lieber halbtags im Büro schon warm abhaängen, Frau Schmollack?

     

    Es bleibt auch im neuen Jahr beim Alten, Frau Schmollack bleibt in der Geschlechterdemokratie auf einem Auge blind.

  • S
    Sozialpädagoge

    Ich würde sagen: Thema verfehlt, setzen, sechs!

    Es wäre angemessen, die massive Altersdiskriminierung, die hierzulande statt findet, mit konkretem Wissen und entsprechendem Engagement zu kommentieren, denn es handelt sich um ein sehr umfassendes Problem, welches mit Sicherheit kein Randthema der Geschlechterdiskriminierung ist, sondern weitaus bedeutender als diese, da es Alle betrifft.

    Der Kommentar zeugt von großer Ahnungslosigkeit und Einseitigkeit.

  • G
    Gallier

    Auch die Einstellung der Arbeitgeber gegenüber arbeitslos gewordenen "älteren Arbeitnehmern" hat sich kaum geändert. Ein Beweis: Selbst in Landkreisen, in denen die Arbeitslosenrate sehr niedrig ist, wie beispielsweise im Grossraum München, haben es Arbeitslose ab 45, manchmal schon ab 40, sehr schwer, eine neue Stelle zu finden. Die Statistiken belegen es.

    Nicht wenige Betroffene werden wohl bis zur Rente mit Harz4-Niveau auskommen müssen.