Kommentar Alternativer Nobelpreis: Anbiederung stoppen
Die aserbaidschanische Journalistin Khadija Ismayilova bekommt den Alternativen Nobelpreis. Damit einher geht eine doppelte Botschaft.
D ie Auszeichnung der aserbaidschanischen Investigativjournalistin Khadija Ismayilova mit dem diesjährigen Alternativen Nobelpreis, den sie sich mit drei anderen Menschenrechtsaktivisten teilt, ist endlich einmal eine gute Nachricht. Denn damit erfahren der Mut und das Engagement einer Frau Wertschätzung, die seit Jahren darum bemüht ist, die korrupten Machenschaften des herrschenden Clans von Staatspräsident Ilham Alijew aufzudecken und öffentlich zu machen.
Der Preis, den Ismayilova dafür bislang gezahlt hat, war und ist hoch: Eine beispiellose Schmutzkampagne mit schlüpfrigen Sexvideos aus ihrem Schlafzimmer, eine absurde Anklage wegen Steuerhinterziehung und Machtmissbrauchs, die geradewegs ins Gefängnis führte.
Jetzt ist Ismayilova zwar auf freiem Fuß, darf aber das Land nicht verlassen. Das Schicksal der Journalistin ist kein Einzelfall – im Gegenteil: Repressionen gegen Andersdenkende und Kritiker der Staatsmacht haben in der Kaukasusrepublik System: Einschüchterung, Haftstrafen sowie die Schließung unabhängiger Medien, das ganze Programm. Dabei kann sich der Autokrat Alijew, der mit der Volleyballeuropameisterschaft gerade wieder einmal einen internationalen Wettbewerb ausrichtet, auch der Unterstützung willfähriger Steigbügelhalter im Ausland sicher sein.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz findet offensichtlich nichts dabei, Lobeshymnen auf das Regime in Baku abzuspulen und dreist gefälschte Wahlen schönzureden – gegen ein „kleines“ Entgelt versteht sich. Auch das ist – leider – kein Einzelfall.
Und so ist die Bedeutung des Alternativen Nobelpreises eine doppelte: Mit Ismayilova werden stellvertretend auch all diejenigen geehrt, die sich, allen Widrigkeiten zum Trotz, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Die zweite, unmissverständliche, Botschaft lautet, mit den widerwärtigen Anbiederungsversuchen aufzuhören. Sofort.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern