Kommentar „Alternative für Deutschland“: Wahlhoffnung Krise
Die „Alternative für Deutschland“ will nicht nur gegen den Euro sein. Die Konsequenz: Sie zieht auch auch Klimaskeptiker und Frauenquoten-Gegner an.
D ie AfD steckt in einem Dilemma. Sie will sich nicht als bloße „Anti-Euro-Partei“ sehen. Dabei hat sie nur so eine Chance, am 22. September in den Bundestag einzuziehen. Daran werden auch ihre am Montag vorgestellten Leitlinien nichts ändern.
Der starke Mann der Partei, der Ökonomieprofessor Bernd Lucke, erklärte dabei: Die Partei komme in manchen Umfragen nahe an die Fünf-Prozent-Hürde heran. Bei ihrem Straßenwahlkampf erhalte sie erheblichen Zuspruch. „Aber uns kennen noch nicht genug.“
Im selben Atemzug präsentierte er Positionspapiere für die Bereiche Energie, Verteidigung und Gesundheit. Das ist zwar nötig, schließlich will die „Alternative für Deutschland“ mehr sein als eine Ein-Themen-Partei. Aber viele Wählerstimmen werden ihr die neuen Thesen nicht einbringen.
Das liegt zum einen an den Positionspapieren selbst. Den Gesundheitsfonds will die Partei abschaffen, so für mehr Konkurrenz zwischen den Krankenkassen sorgen – das wollen die Grünen auch.
Die Bundeswehr soll nicht mehr so häufig zu Auslandseinsätzen ausrücken. Denn Einsätze in Afghanistan und am Horn von Afrika als „Landesverteidigung“ zu rechtfertigen, sei rechtlich extrem wacklig – das könnte auch von der Linken stammen.
Das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) soll umgebaut werden. Denn die Kosten für den Einspeisung von Strom aus regenerativen Quellen würden bislang einseitig den Verbrauchern auferlegt – da können auch viele Grüne applaudieren.
Gleichzeitig zielt die Partei auf bisherige Nicht-, Unions- und FDP-Wähler. Die werden die Partei nicht wegen der neuen Inhalte wählen. Die AfD-Sympathisanten wettern auf Facebook gegen die EU, Frauen-Quoten und vermeintlich verblendete Mitbürger.
Diese Leute spricht am ehesten noch der vermeintliche Energie-Experte an, den die AfD am Montag präsentierte. Der leugnete en passant den Klimawandel. Lucke musste ihn zurückpfeifen. Zum anderen aber kennen die wenigsten Wählerinnen und Wähler die AfD überhaupt. Und wer erwägt, der neuen Partei die Stimme zu geben, wird es tun, weil sie als Einzige ein Ende des Euro propagiert.
Nur in diesem Thema bietet die Partei jene Alternative, die zu sein sie verspricht. Derzeit liegt die Partei laut Umfragen zwischen 2 und 3,5 Prozent. Der Bundestagswahlkampf wird extrem kurz ausfallen. Die drei Wochen zwischen Ende der Sommerferien-Zeit und Bundestagswahl werden darüber entscheiden, ob die „Alternative“ in den Bundestag einzieht.
Und so steckt die AfD in einem weiteren Dilemma: Sie muss hoffen, dass die Krise, für deren Kur sie sich ausgibt, sich weiter verschärft.
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