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Kommentar AfghanistanLeichtes Spiel für Taliban

Kommentar von Cem Sey

Die internationale Isaf-Truppe zieht alle Mitarbeiter aus den Institutionen Kabuls ab. Dabei ist die afghanische Regierung auf diesen Rückhalt angewiesen.

N achdem am Wochenende zwei US-Militärberater im "sichersten" Gebäude Afghanistans, im Innenministerium, erschossen wurden, zieht die internationale Isaf-Truppe nun alle Mitarbeiter aus den afghanischen Institutionen Kabuls ab.

Das bedeutet das vorläufige Aus für die technische Unterstützung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Und einen Stopp des nachrichtendienstlichen Austausches. Die westliche Abzugsstrategie, der sogenannte Transitionsprozess, ist damit lahmgelegt.

Zwar betont Isaf, dass dies nur eine vorübergehende Maßnahme sei. Doch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Vertrauen zwischen westlichen Militärs und den afghanischen Partnern zerrüttet ist. So lange die afghanischen Behörden kein verlässliches Konzept zum Schutz westlichen Personals entwickeln, wird die Zusammenarbeit nicht mehr funktionieren.

Die afghanische Bevölkerung ist nun endgültig enttäuscht von den westlichen Institutionen. Das Verbrennen des Korans im US-Militärstützpunkt Bagram hat nicht nur die Eliten entfremdet, die bisher mit dem Westen kooperierten, sondern die Zivilgesellschaft, die sich bislang vom Westen noch Unterstützung im Kampf gegen die korrupten Machthaber erhoffte.

CEM SEY

ist freier Journalist und lebt in Kabul.

Fundamentalistische Gruppen haben jetzt ein leichtes Spiel. Sie finden immer mehr Gehör bei einer frustrierten Bevölkerung. Die ist nicht mehr bereit, martialische Hausdurchsuchungen, Kollateralschäden und Vernachlässigung durch die eigene Regierung zu tolerieren.

Daher ist die afghanische Regierung dringend angewiesen auf den Rückhalt, den ihr die Isaf bietet. Noch hält die Mehrheit der Afghanen die Unterstützung des Westens für notwendig. Im Gegenzug ist der Westen angewiesen auf die afghanische Bevölkerung. Denn nur mit deren Kooperation gelingt es Isaf, die Truppen reibungslos aus Afghanistan abzuziehen. In diesen Tagen verlieren alle.

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4 Kommentare

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  • S
    Stefan

    Wo kommt jetzt plötzlich diese Meinung her? Nach all den "Abzug sofort"-Geschwafel?

  • H
    Harald

    Unter diesen Umständen darf die Bundeswehr keinen Tag länger in Afghanistan bleiben .

    Welchem deutschen Soldaten daf man solche Zustände zumuten , wofür eigentlich , die ganze sache ist sinnlos alle Deutschen Soldaten sind für nichts und wieder nichts gestorben.

    Die regierung muß sich mal genau überlegen was sie den hinterbliebenen sagt.Alle argumente die bisher den Menschen gesagt sind fallen durch .

    Das ein Staat so mit seinen Kindern umgeht ist teuflisch .

  • D
    Dirk

    Es ist doch völlig gleichgültig, was der böse Westen macht, in Afghansitan bleiben oder nicht bleiben - er ist immer in den Augen vieler Muslime schuldig. Eine Einstellung, die sich weigert, die eigenen Schwächen und Versäumnisse zu analysieren und rational nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Meine Folgerung: Raus, da, Asylmöglichkeit für aufgeklärte (!) Afghanen. Vielleicht muss dieses Land noch eine Weile durch die Hölle des islamischen Fundamentalismus gehen, damit die Aufklärung eine Chance hat. Ich hoffe, es braucht nichts vergleichbares wie im Westen, nämlich einen dreißigjährigen Krieg, als Anschub für eine Säkularisierung. Unsere Aufgabe ist es, unsere mühsam errungenen Freiheiten in den eigenen Ländern verteidigen: Gegen autoritäre rechts- und linksradikale Gesellschaftsmodelle ebenso wie gegen den Islamismus.

  • JR
    Josef Riga

    Ich finde das Verhalten der der Soldaten gut. Dadurch haben die der Welt gezeigt wie die Moslems wirklich ticken. Das sollte eine Warnung an alle Staaten sein in denen sich die Moslems momentan auch verbeiten.