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Kommentar Affen-Selfie und PetaDa lacht der Makake

Eva Oer
Kommentar von Eva Oer

Nichts Besseres zu tun? Peta verklagte den Fotografen im Namen des Affen Naruto. Das nutzt den Tieren nicht sonderlich, dafür aber Peta.

Auch bei dieser Salat-Bikini-Aktion von Peta in Rumänien scheint sich der Sinn nicht für alle zu erschließen Foto: ap

S eit 2011 haben wir uns also prächtig amüsiert: Erst über das Selfie, das der Affe Naruto schoss, als der Fotograf David Slater seine Kamera auf Sulawesi kurz unbeaufsichtigt ließ. Dann über den bizarren Rechtsstreit, den die Tierrechtsorganisation Peta anstieß: Im Namen des breit grinsenden Makaken hatte Peta eine Urheberrechtsklage eingereicht.

Mehrere Instanzen und Jahre später haben sich Slater und Peta nun außergerichtlich darauf geeinigt, dass Slater fortan 25 Prozent der Einnahmen an Tierschutzorganisationen spendet.

Bleibt die Frage: Liebe Peta-VertreterInnen, haben Sie echt nichts Besseres zu tun, als TierfotografInnen zu verklagen? Ist es kolossale Langeweile, die Sie dazu treibt? Ist es international schon so gut um die Tierrechte bestellt, dass man nun Zeit und Geld darin investiert, an einem Fotograf ein Exempel zu statuieren? Und: welches Exempel eigentlich genau?

Peta illustriert die eigene Website mit Fotos von puscheligen Häschen, Katzenbabys und Schweinenasen vor Gittern. Doch vor dem Hintergrund des Rechtsstreit um den Makaken Naruto ist die Frage, was Tierfotografinnen nun noch fotografieren können – ohne, dass die TierrechtlerInnen ihre AnwältInnen schicken. Im Zweifel kann so ein Rechtsstreit die Gegenseite durch den Zeitaufwand allein zermürben, wenn das nicht die Kosten für einen Rechtsbeistand tun.

Dass gerade TierfotografInnen wie Slater fiese AusbeuterInnen der Fauna sein sollen, erschließt sich nicht: Denn welcher Schaden soll Naruto durch die mediale Verbreitung seines Selfies schon entstanden sein? Der Organisation Peta nützte die Klage indes. Dank des Kuriositäts-Faktors bekam sie weltweite Aufmerksamkeit und konnte sich als Retter der Entrechteten inszenieren – in diesem Fall findet Peta es offensichtlich vollkommen okay, ein Tier für die eigenen Zwecke einzuspannen.

Darüber geraten die wirklich wichtigen Kämpfe in den Hintergrund: Wer bisher schon nicht überzeugt davon war, dass Tiere mehr Rechte und mehr Schutz verdienen, wird kaum einer Organisation zuhören, die sich ohne irgendeinen Selbstzweifel als rechtmäßigen Vertreter eines Makaken darstellt. Schade um das Geld und die Zeit, schade um den Ruf von TierrechtlerInnen, den Peta aufs Spiel setzt.

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Eva Oer
Redakteurin
*1985, seit November 2017 Redakteurin für europäische und globale Politik im taz-Auslandsressort. Hat seit 2014 immer mal wieder für die taz gearbeitet, meistens für das Ressort Wirtschaft und Umwelt, und schreibt gern über die EU und über Entwicklungspolitik.
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10 Kommentare

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  • Schade das hier eine außergerichtliche Einigung stattgefunden hat, aber was blieb beiden Parteien übrig.

     

    Slater ist dank PETA pleite und kann sich eine Weiterführung nicht leisten. PETA hat zu diesem Zeitpunkt den Schwanz eingezogen weil sie vor Gericht, wie zuvor, grandios gescheitert wären.

  • Wer schon mal versucht hat, wie ein professioneller Fotograf zu fotografieren, weiß, das ist gar nicht so einfach. Dieses sogenannte Selfie ist keins. Sondern ein Fake. D. h. ein professionell aufgenommenes Foto mit perfekter Schärfe, perfekter Unschärfe, perfekter Quadrage, etc. Als Affen-Selfie hat der Tierfotograf natürlich viel mehr verdient, als wenn das "nur" sein Foto wäre. Aber es gehören schon viele, viele Sensationswillige (und Tierfreunde?) dazu, die Fiktion aufrecht zu erhalten. Ach so, es geht gar nicht um das Foto. Stimmt, das Material ist völlig egal. Aber der Diskurs! Selfie, Tierrechte, Ausbeutung ... Wen kümmern schon Fakten?

    • @Ulli Joßner:

      Für ein Selfie ist es tatsächlich auf den ersten Blick zu perfekt! Denkbar ist aber auch durchaus, dass der gute Herr Slater mit Hilfe der Bildbearbeitung entsprechend optimiert hat.

  • Für mich hat sich PETA selbst entlarvt. Es geht ihnen nur darum Aufmerksamkeit für sich zu erzielen. Darum bin ich für den Artikel dankbar und weis jetzt PETA-Aktionen einzuschätzen.

  • Wer weiss, das Peter Singer, der sich für das Töten behinderter Säuglinge ausspricht, Tiere (z.B. Affen) selbstverständlich schützen möchte, auf der Seite von Peta regelmässig Artikel veröffentlichen darf, wird sich über die krude Arbeit von Peta nicht mehr wundern.

  • Jetzt hat sich Peta zum Affen gemacht - wer kassiert die Tantiemen?

  • Slater musste die Einigung eingehen, weil diese feine Organisation den Mann an den Rand seiner Existenz geklagt hat. Vom Psychoterror ganz zu schweigen.

     

    Und das alles wegen eines verdammten Fotos auf dem ein Affe zu sehen ist. Hätte es diese Klage überhaupt gegeben, ohne den Überbordenden Narzissmus der heutigen Zeit?

     

    Dieser Fall ist eine Farce.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Seit dem Holocaust-Hühnerhaltungs-Plakat ist dieser Verein für mich absolut unakzeptabel.

     

    Fanatische Tierfreunde sind oft keine großen Menschenfreunde. Das finde ich abstoßend.

  • Nachdem der Fall Naruto abgeschlossen ist, frage ich mich, warum auf halben Wege stehenbleiben? Anscheinend sind Zivilrechte auch auf Affen anwendbar. Warum dann nicht den Geltungsbereich des Bürgerlichen Gesetzbuches (und dann natürlich auch des StGB) insgesamt erweitern?

    Ich frage aus einem bestimmten Grund:

     

    Neulich hat mir ein Affe im Pongoland des Leipziger Zoo meuchlings meine Brille entwendet. Das war Diebstahl! Ich fordere eine Bestrafung des Täters, sowie Rückgabe oder Schadenersatz! Ich kenne sogar den Wohnsitz des Übeltäters (=Leipziger Zoo), mir fehlt nur noch sein Name.

     

    Bis die rechtlichen Grundlagen geschaffen sind, strebe ich eine außergerichtliche Einigung mit der Tierrechtsorganisation Peta an. Die könnte mir doch einen gewissen Prozentsatz von den Einnahmen aus dem Fall Naruto überlassen – oder?

  • Puh, hier fehlt ein wenig Recherche:

     

    - Herr Slater hat seinen Apparat nicht mal kurz unbeaufsichtigt gelassen, sondern länger mit den Affen gearbeitet und die Aufnahmen dabei angebahnt (Die Affen haben sich für das Geräusch der Kamera interessiert und dann ging es so weiter). Hier war ja gerade die Frage inwiefern die längere Anbahnung dann nämlich das Urheberrecht von Herrn Slater begründen kann. Im Bereich gewerblicher Fotografie keine seltene Argumentation (siehe z.B. auch Wikipedia vs. Kunsthallenfotograf)

     

    - Fotografiert ein Fotograf ein Tier (wie es wohl bei den genannten Fotos auf der Webseite von Peta der Fall ist), dann liegt eine völlig andere Konstellation vor. Damit hat der vorliegende Fall überhaupt nichts zu tun.

     

    - Für eine Tierrechts-Organisation finde ich es nicht unbegründet, in einem passend gelagerten Fall gerichtlich prüfen zu lassen ob ein Primate nicht einige Rechte, die bisher nur auf Menschen angewandt werden, bekommen kann (hier ein Urheberrecht). Die Trennung zwischen Menschen und einigen Primatenarten ist ja nur sehr dünn (z.B. genetisch gesehen).