Kommentar AfD und Verfassungsschutz: Die ganz falsche Hoffnung
Der Verfassungsschutz soll sich des Pegida-Problems annehmen, fordern SPD-Obere und CDU-Vize Armin Laschet. Sie machen es sich zu leicht.
J etzt also wird auf Härte geschaltet. Lange hat die regierende Politik die rassistischen Tiraden von Pegida als ernst zu nehmende Sorgen getätschelt, die Dauerparole der AfD von der „unkontrollierten Masseneinwanderung“ belächelt. Nun, unter dem Eindruck des Messerattentats in Köln, holen die SPD-Oberen, holt selbst der CDU-Bundesvize Armin Laschet den vermeintlich schwersten Hammer raus: Der Verfassungsschutz soll sich des Ärgernisses annehmen.
Die Grundlage dafür steht außer Zweifel. In Zeiten, in denen Pegida mit Galgen aufmarschiert und Flüchtlinge als „Invasoren“ schmäht, in denen ein AfD-Landeschef die „tausendjährige Geschichte Deutschlands“ verteidigen will und Angestachelte zu Gewalt greifen, da sind beide Phänomene längst ein Sicherheitsproblem, natürlich.
Nur: Als Lösung dieses Problems ausgerechnet auf den Verfassungsschutz setzen? Wir erinnern uns: Die Behörde, die hinter den NSU-Morden jahrelang keine Neonazis erkannte, mehr noch die Gefahr eines rechtsextremen Terrorismus beständig bestritt. Die lieber die eigenen Szene-Informanten schützte, als gewonnene Informationen zur Verbrechensbekämpfung weiterzugeben. Die kurzum in ihrem Auftrag ein Frühwarnsystem zu sein, jämmerlich versagte. In diese Behörde nun die Hoffnung zu setzen, die lästige Anti-Asyl-Bewegung loszuwerden – abstrus.
Die das fordern, machen es sich zudem zu leicht. Statt das Problem an die Sicherheitsbehörden weiterzureichen, braucht es tatsächlich harte Kante – aber gesellschaftlich und politisch.
Soll die Hetze enden, hilft nur ein klares Benennen und Ausgrenzen des Rassismus, ein offensives Verteidigen demokratischer Werte und des Pluralismus, ein steter Gegenprotest auf den Straßen, um den Pegida- und AfD-Anhängern das Gefühl von Macht und „Volkes Stimme“ zu nehmen. All das ist ungleich aufwendiger, als das Problem einfach dem Verfassungsschutz zu übergeben. Aber nur so wird sich etwas verändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen