Kommentar Ägypten: Verliererin ist die Demokratie
Die Totalverweigerung der Muslimbruderschaft ändert nichts. Mohammed Mursi wird nicht zurückkehren. Ihre Kompromisslosigkeit führt direkt in den Untergrund.
D ie Pattsituation ist perfekt. Zwei Wochen nach dem Sturz Mohammed Mursis durch das ägyptische Militär weicht die Muslimbruderschaft nicht von ihrer Forderung ab, den entmachteten Präsidenten zu rehabilitieren. Doch Mursis Rückkehr ist ausgeschlossen. Ihre Kompromisslosigkeit wird den Islamisten zumindest kurzfristig nichts nutzen.
In der Nacht zu Dienstag legten Unterstützer des ehemaligen Staatschefs die Kairoer Innenstadt lahm. Ihre Wut ist gewaltig, vor allem aber herrscht ein tiefgreifendes Gefühl der Ungerechtigkeit, eine schwere Enttäuschung über das, was sie in Ägypten als Demokratie kennengelernt haben.
Die Bereitschaft, mit den „Putschisten“, wie sie die neuen Machthaber nennen, zusammenzuarbeiten, ist gleich null. Einsicht, dass Präsident Mursi zumindest auf dem Weg war, ein autokratischer Herrscher zu werden? Fehlanzeige. Nichts weist darauf hin, dass die Muslimbruderschaft, die die Pro-Mursi-Proteste anführt, sich in eine politische Lösung einbinden lassen wird.
So verständlich diese Totalverweigerung auch sein mag: Sie führt ins Abseits. Das Militär braucht nun Erfolge. Es wird die Bildung der Übergangsregierung zügig abschließen, die Wirtschaft ankurbeln und für Ruhe sorgen müssen. Während es die Mursi-Anhänger im Kairoer Randbezirk Nasr City weiter demonstrieren lassen kann, wird es Aufmärsche in der Innenstadt auf Dauer nicht tolerieren.
ist Autor der taz.
Je kategorischer die Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit, je offensiver und aggressiver die Proteste der Mursi-Anhänger, desto eher wird sich das Militär gezwungen und legitimiert fühlen, hart durchzugreifen. Die Muslimbrüder sind erneut auf dem Weg in den Untergrund. Doch sie sind es gewohnt, von dort weiterzuarbeiten. Jahrzehntelang überlebte die Bewegung schwerste Repressionen. Und die Verliererin des Ganzen? Sie heißt Demokratie.
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