Kommentar Ablehnung von Auskunftssperren: Nichts gelernt
Es ist davon auszugehen, dass Rechte wieder auf „Verräter des Vaterlands“ schießen werden. Auskunftssperren könnten diese Vorhaben erschweren.
D ass das Bundesministerium des Innern die erste Instanz ist, die vor rechtsextremen Anschlägen warnt, ist selten. Charakteristischer für das Ministerium ist, den Terror von rechtsextremen Netzwerken zu relativieren und sogar zu ignorieren. Die offizielle Einschätzung des Bundesinnenministers Horst Seehofer, dass „der Rechtsextremismus zu einer echten Gefahr geworden“ sei, sollte umso mehr von behördlichen Stellen wahrgenommen werden.
Dass die Aussage des CSU-Politikers erst nach der Ermordung des Regierungspräsidenten Walter Lübcke erfolgte, ist eine Verhöhnung der zuvor Ermordeten und Angegriffenen. Dass sie überhaupt erfolgte, entkräftet diese Unsensibilität gegenüber Opfern und Angehörigen nicht. Doch führt sie zumindest zu mehr Sensibilität für die ausgemachten Feinde der „nationalen Bewegung“? Zu mehr Schutz und schneller Information?
In Bremen kommt das Bürgeramt jedenfalls potenziellen Opfern nicht entgegen. Mit der Ablehnung der Auskunftssperren für deren private Adressen steigen die Angriffsmöglichkeiten. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer rechtfertigt die Ablehnungen seitens der Meldestelle mit Verweis auf die Gesetzeslage – und überträgt die Verantwortung auf die Antragssteller. Sie sollen bitte ihre individuelle Bedrohung „konkret darlegen“.
So werden Betroffene von staatlicher Seite alleingelassen. Sie werden auch alleingelassen, wenn sie die Information über eine Bedrohung erst gar nicht erhalten. Vor rund zwei Jahren stellte die Polizei beim rechtsextremen Netzwerk „Nordkreuz“ eine Liste mit rund 25.000 Namen sicher. Erst jetzt sieht der zuständige Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lorenz Caffier (CDU), einen Anlass, betroffene Personen zu informieren.
Die „Nachweisschuld“ blendet die aktuelle Situation und die derzeitigen Dynamiken der militanten Rechten aus. Spätestens nach der Ermordung Walter Lübckes muss man damit rechnen, dass erneut auf „Verräter des Vaterlands“ geschossen wird. Wann, weiß niemand. Wir wissen aber: Mit der Sperrung der Auskunft über private Daten wird die Vorbereitung eines Angriffs zumindest erschwert.
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