Kommentar 10 Jahre Islamkonferenz: Die Erregungskurve ist gesunken
Es ist still geworden um die Islamkonferenz. Die Zeit der großen Schwüre ist vorbei, heute sind die Mühen der Ebene wichtig. Eine gute Nachricht.
E rinnert sich noch jemand an die Deutsche Islamkonferenz? Vor zehn Jahren wurde sie erstmals einberufen. Und ja: Sie besteht noch immer. Aber es ist ziemlich still geworden um sie. Genau das ist die positive Nachricht. Lange Zeit verkämpfte sich die Islamkonferenz darin, von den muslimischen Verbänden und den einzelnen Personen in diesem Gremium immer und immer wieder ganz, ganz klare Distanzierungen vom dschihadistischen Terror zu verlangen – pathetische Schwüre auf das Grundgesetz und die friedlich-demokratische Grundordnung eingeschlossen.
Diese Forderungen hatten von Anfang an etwas Besessenes. Denn wie oft sollte die muslimische Seite noch betonen, dass sie es als unislamisch empfindet, im Namen Allahs Bomben in S-Bahnen explodieren oder Flugzeuge in Wolkenkratzer fliegen zu lassen? In den Anfangsjahren fungierte die Islamkonferenz allzu sehr als ein Placebo-Pillchen für eine verängstigte Öffentlichkeit.
Eine hilflose Reaktion auf eine Religion, die der Mehrheit einer empörten Bevölkerung fremd war – und leider noch ist. Es ist deshalb eine erfreuliche Entwicklung, dass die Erregungskurve um die Islamkonferenz merklich gesunken ist. Nun geht es nicht mehr um große Schwüre und noch größere Distanzierungen, sondern um die Mühen der Ebenen. Gott sei Dank!
Wie steht es um die Wohlfahrtspflege muslimischer Verbände? Wie kann eine Seelsorge etwa in Gefängnissen aussehen? Und wie wird das alles finanziert? Solche Themen eines muslimischen Alltags in der Bundesrepublik sind die eigentlich wichtigen Wegmarken eines gedeihlichen Zusammenlebens in einer multireligiösen Einwanderungsgesellschaft.
Die Deutsche Islamkonferenz ist dabei, das muslimische Leben hierzulande Schritt für Schritt zu gestalten. Dass sie dabei nicht mehr wöchentlich in den Schlagzeilen erscheint, ist eine große Chance. Es gibt schließlich noch viel zu tun. Und zwar mindestens noch weitere zehn Jahre.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg