Kolumnen schreiben im Krieg: Mit Buffy gegen Putin
Es fühlt sich falsch an, Lustiges zu schreiben, während die Ukraine zerbombt wird. Da helfen nur Fantasien, wie ein machtgeiler Mann vermöbelt wird.
S tets bemühe ich mich in dieser Kolumne um einen plaudrigen Tonfall, so einen, wie meine Friseurin und ich an den Tag legen, während sie um meine Wirbel herum schneidet und ich fassungslos meine grauen Haare betrachte. Das machen wir nicht, weil wir uns über Belangloses unterhalten, sondern weil das Leben ernst genug ist. Das muss man nicht extra betonen.
Deshalb halte ich auch als Kolumnistin den moralischen Zeigefinger möglichst flach, auch wenn mir das oft schwer fällt und ich es den ganzen Vollpfosten da draußen vor den Bildschirmen gerne mal so richtig zeigen würde. Lies dies, du Honk! Und verwandle deine Ignoranz, deine Misogynie und deinen SUV auf der Stelle in Peace, Love and Harmony und kämpfe hinfort für LGBTQI-Rechte, als gäbe es dafür eine handsignierte Kippe von Helmut Schmidt.
Aber dieser Tage frage ich mich, wie das gehen soll, so locker, flockig aus der Hüfte über einen Schwank aus meinem Leben schreiben, während ein ganzes Land in Schutt und Asche gebombt wird und so viele Menschen sterben und Angst haben und fliehen und von ihren Liebsten getrennt werden und nicht wissen, ob sie sie je wieder sehen werden.
Jaja, ich weiß, das war schon immer so, und klar konnte man auch nach Auschwitz noch Gedichte schreiben. Aber ich habe mich noch nicht an den Krieg in der Ukraine gewöhnt wie an andere furchtbare Zustände auf dieser Welt. Deshalb habe ich keinen Zugang zu der Ecke meines Gehirns, in der lustige Erlebnisse gestapelt werden, oder der anderen, in der an guten Tagen Wortwitz abgerufen werden kann und an schlechten Flachwitze (die sehr lustig sein können), weil Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit den Weg versperren.
Männern mit Allmachtsfantasien
Dabei wollte ich GNHM werden, Germanys next Harald Martenstein, auch wenn ich dafür erstens einen Penis und zweitens einen anderen Nachnamen bräuchte, mit mehr Silben, denn die Kolumnen von Großkolumnisten (ohne „:innen“, denn die gibt es nur mit Penis, egal wie klein der ist) werden nach ihnen benannt, mehr Inhalt braucht es nicht.
„Bruhn“ eignet sich höchstens für James-Bond-Parodien oder, was mir noch lieber wäre, Pulp Fiction. Da gibt es die Szene, in der Harvey Keitel auftaucht, der eine Leiche verschwinden lassen soll. „My name is Bruhn“, würde es dann heißen – nicht „Wolf“ wie im Film – „I solve problems“, und es wäre schön, wenn ich das Problem mit Wladimir Putin und anderen Arschlöchern lösen könnte. Zur Not mit Gewalt, so wie meine Heldin Buffy, die Vampirjägerin, aus der gleichnamigen Fernsehserie, die immer mal wieder mit Männern mit Allmachtsfantasien zu tun hat.
An Buffy habe ich schon zu Beginn der Pandemie viel gedacht, als ich jeden Morgen aufwachte und mir wünschte, das Virus wäre nur ein böser Traum und man könne es irgendwie weg machen oder ungeschehen durch eine Reise in die Vergangenheit (bei der Gelegenheit könnte man gleich ein paar Parameter der Klimapolitik der letzten vierzig Jahre ändern).
In Buffys Welt ist nämlich nahezu täglich Ausnahmezustand. Immer gibt es irgendein Monster oder einen Bösewicht, das oder den Buffy davon abhalten muss, Menschen zu töten, und sie, als die mit Superkräften ausgestattete Auserwählte, hat keine andere Wahl, als den Kampf aufzunehmen. Ohne ihren Humor zu verlieren, was verständlich wäre, weil es nicht danach aussieht, als wäre irgendwann mal Ruhe im Karton.
Wenn ich also herum jammere, ich könne doch jetzt nicht über meine weiblich gelesenen Geschlechtsorgane schreiben, fällt mir Buffy ein, wie sie in der Musical-Folge – aufgrund eines Dämonenbanns müssen alle ihre geheimsten Gefühle singend bekennen – ihren Freund:innen die Leviten liest. „Apocalypse? We’ve all been there. The same old trips, why should we care?“ Und obwohl diese Haltung Buffys Depression geschuldet ist, macht sie mir Mut. Nützt ja nichts. Noch geht das Leben weiter.
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