Kolumne Wutbürger: Mein Pokal, meine schöne Freundin
Überall Zweisamkeit. Selbst die Singles, die kürzlich auf dem Titel einer Zeitschrift gefeiert wurden, sind so toll, dass sie auch bald ein Paar sind.
W ie hoch der Stellenwert der Paarkultur heute ist, musste ich in den vergangenen Tagen leider mal wieder feststellen. Nach dem WM-Sieg der deutschen Fußballer in Rio durfte die weibliche Hälfte der Fußballer sofort aufs Spielfeld. Das brauchten die Jungs, damit sie endlich wieder vollständig waren, der Basti und die Sarah, die Cathy und der Mats und all die anderen.
Diese überflüssige Vorstellung von „mein Pokal, meine schöne Freundin“ fanden fast alle Menschen in meiner Umgebung total süß. Sind ja auch so nette Pärchen. Singles scheint es in der Mannschaft nicht zu geben. Die wurden dafür kürzlich auf dem Titel einer Zeitschrift gefeiert. Da sie so toll sind, bekommen sie bei der Online-Partnervermittlung bald jemanden ab und sind dann endlich auch ein Paar. Wie nervig die sich dann im Alltag verhalten, ist für die Zeitschrift natürlich kein Thema – aber für mich.
Da gibt es diese notorischen Händchenhalter, die selbst auf engsten Bürgersteigen als monolithischer Block durch die Gegend wackeln. Vorbeizukommen ist nahezu unmöglich, es sei denn, man ist bereit für einen Ellbogencheck. Ich bin es!
In den Achtzigern war die Furcht vor Aids allgegenwärtig. Heute leben HIV-Positive in Therapie so lange wie Nicht-Infizierte und stecken auch ohne Kondom niemanden an. Ob die Schlacht gewonnen ist, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 19./20. Juli 2014. Außerdem: Man muss nicht immer glücklich sein, sagt der Philosoph Wilhelm Schmid. Und: Der Windparkbetreiber Prokon ist pleite. Wer ist der Mann hinter der Firma? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Dann gibt es Männer, denen es wie mir geht. Die wollen nicht Händchen halten, deshalb packen sie ihre Frauen gleich am Nacken und schieben sie durch die Gegend. Da bekomme ich schon vom Zuschauen Aggressionen. Ganz schwierig sind die Paare, bei denen der Mann auf offener Straße an der Frau rumzerrt. Ob er dabei die Grenze von Zuneigung zu Gewalt überschreitet, ist ohne Befragung schwer ersichtlich.
Letzte Woche musste ich daher einen jungen Mann auffordern, sofort seine Freundin loszulassen. Dabei wurde ich von einem Autofahrer beobachtet, der das total unnötig fand. Der erzürnte Mann schrie aus dem Fenster, ob ich keine eigenen Probleme hätte. Vielleicht hat er ja recht.
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