Kolumne Über Ball und die Welt: Lupenreine Amateure
Selbst in Antigua und Barbuda mischt sich die Fifa ein. Ihr Machtkampf ist sinnbildlich für das weltweite Ringen von Funktionären und Geschäftsleuten.
F ußballerisch hört man von den Karibikinseln Antigua und Barbuda nicht wirklich oft. Aber sonst sind sie auch eher selten in der Weltpresse. Da freute man sich beinah, als jüngst die Fifa – das ist diese grundsympathische Organisation, die glaubt, dass sie es ist, die den Globus erst rund gemacht hat – den Fußballverband von Antigua und Barbuda, ABFA, zu einer Strafe von umgerechnet 24.000 Euro verurteilte.
Die ABFA hatte nämlich bei einer Bank eine Hypothek für umgerechnet 800.000 Euro auf ein Trainingsareal aufgenommen. Dabei handelte sich um ein Gelände, das die ABFA von der Regierung erhalten hatte.
Was, bitte, geht das die Fifa an? Der Weltverband hatte der ABFA knapp eine Million Euro aus seinem „Goal“-Programm gegeben, um moderne Sportanlagen zu finanzieren. Doch, so zitiert der stets gut informierte Onlinedienst Inside World Football lokale Quellen, seien gerade einmal die Büros gestrichen und neue Lampen angebracht worden. Und die Flutlichtanlage beispielsweise, die mit Fifa-Geldern dort gebaut wurde, sei abmontiert worden und beleuchte mittlerweile das Heimstadion des Kricketteams der Karibikinsel.
Das also geht die Fifa an: Gelder sind versickert, mit denen die Fifa das Produkt, mit dessen Vermarktung sie Weltmarktführer und sogar Monopolist geworden ist, weiterentwickeln wollte. Zu allem Überfluss hat sogar der Fußballkonkurrent Kricket davon profitiert.
Warum, wenn ihre Geschäftsinteressen derart geschädigt wurden, verhängt die Fifa dann nur eine Strafe von gerade mal 24.000 Euro? Ein Machtkampf zwischen Liga und Verband von Antigua und Barbuda erklärt das merkwürdige Fifa-Engagement. Die Klubs der hiesigen Premier League fordern in einem Offenen Brief, dass die Verbandsgewinne und -verluste des Jahres 2013 offengelegt werden, dass der Haushaltsplan für 2014 einsehbar wird und dass ein Ausschuss eingerichtet wird, der prüft, welche eingegangenen Mittel für die Goal-Projekte der Fifa verwendet wurden.
Hoffnung auf die Fifa-Untersuchung
Das sind nicht gerade revolutionäre Forderungen, aber interessant ist, dass sie überhaupt erhoben werden müssen. Der Sprecher der sanft rebellierenden Vereine, Kethroy Black vom Tyrum FC, sagt, er hoffe, dass Fifa oder Concacaf, also der Fußballverband für Nord- und Mittelamerika, nach Antigua kommen, um eine Untersuchung einzuleiten und, solange die Prüfung dauert, eine Interims-Verbandsführung zu installieren.
Der Streit, der auf Antigua und Barbuda tobt, ist also einer, der beinah überall zu beobachten ist, wo einerseits Profiklubs und Geschäftsleute den Fußball gerne stärken und entwickeln würden, andererseits aber ältere Herren in Verbandsgeschäftsstellen hocken, die von den Strukturen, die ja nicht zuletzt die Fifa stark gemacht haben, profitieren und das alles gerne aussitzen wollen. Kapitalismus gegen Tradition, könnte man sagen.
Die Fifa, die derzeit je nach Lesart nur oder immerhin ein bisschen Präsenz auf der Karibikinsel zeigt, ist im Grunde beides: einerseits der auf Modernisierung pochende Organisator des Weltfußballmarkts und andererseits Bewahrer der alten Strukturen. Kapitalisierung des Fußballs – das gilt in Antigua wie anderswo – wird nämlich von den Vereinen, die ja faktisch Fußballunternehmen sind, vorangetrieben.
Die Fifa – man kann auch schreiben: die Uefa oder der DFB – wollen die ökonomische Macht, die sie noch aus alten Amateurzeiten innehaben, nicht abgeben und machen ihr vieles Geld, indem sie das stärken, was ihnen quasi gehört: Welt- und Kontinentalturniere, ausgetragen von Nationalmannschaften. Die Vereine – auch die in Antigua – wollen ihr Geld aber in Ligen und Klubturnieren verdienen, wozu sie nationale Verbände gar nicht brauchen.
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