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Kolumne SpäterLeben in der Bude

Wie belebt man die leere Wohnung, wenn die Kinder ausgezogen sind? Alleinwohnexpertin Bine gibt Tipps. Auf zum Zimmerbrunnenkauf.

Die Heizung ist Schrott. Egal, die eigene energetische Sanierung ist nötig. Bild: dpa

S eit sechs Wochen befinde ich mich nun schon im Selbstversuch, und da gibt mir Freundin Bine gerne psychologische Tipps. „Die Küche“, sagt Bine, „die Küche ist das Zentrum. Die Nahrung. Die Wärme.“ Wir hocken jetzt auch bei mir in der Küche.

Die Zentralheizung ist nicht mehr ganz auf der Höhe, ich habe daher den Backofen angemacht und die Klappe geöffnet, die warme Luft strömt in den Raum, zur Hölle mit der Ökologie. Ich brauche meine eigene energetische Sanierung, jetzt, wo die Kinder ausgezogen sind.

„Die Küche muss gemütlich sein“, führt Bine aus, „schon immer saßen da die alten Frauen, schälten Kartoffeln, strickten, kochten Obst ein.“ Bine sitzt auch bei sich oft in der Küche, gerne alleine, mit dem Radio und den vielen Postkarten an der Wand und ihrem Netbook, mit dem sie neuerdings mit Freundinnen skypt oder nach Trekkingreisen im Himalaja surft.

Bild: Jutta Henglein-Bildau
Barbara Dribbusch

ist Inlandsredakteurin der taz.

Bine ist Profi im Alleinewohnen, die Beteiligung an einem Hausprojekt hat sie kürzlich dankend abgelehnt, und ich komme mir im Vergleich zu ihr sehr weinerlich vor. Abends in die dunkle Wohnung zurückzukehren und die Türen zu den leeren Kinderzimmern zu öffnen, wenn Christoph mal wieder auf Geschäftsreise ist, hach, das ist gewöhnungsbedürftig nach 20 Jahren Familienzeit.

„Ich sag mir selber guten Morgen“

Kürzlich habe ich ein altes Taschenbuch aus dem Keller gekramt: „Ich sag mir selber Guten Morgen: Single – eine moderne Lebensform“ von Eva Jaeggi. Darin steht, man solle sich „die Wohnung zum Freund machen“. Bine findet mich voll hysterisch.

„Du musst für dich nur neue Rituale basteln“, hatte Bine verkündet, „und die Wohnung lebendiger machen.“ Bine selbst hat bei sich zu Hause ein Belebungssystem installiert, das Daniel Düsentrieb vor Neid erblassen ließe. Wenn Bine aufwacht, ertönen im Weckradio die aktuellen Nachrichten von Inforadio.

In der Küche geht über eine Schaltuhr die vorbereitete Kaffeemaschine an und blubbert los. Abends, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, hat eine Schaltuhr im Wohnzimmer schon die kleinen chinesischen Lämpchen in Gang gesetzt, die Bines selbst gebastelte Traumlandschaft mit Herbstblättern und Spielzeugdrachen beleuchten, alles in einem großen Schuhkarton installiert. Bine kommt nie in eine dunkle Wohnung.

Und dann erst die Einschlafrituale: Bine hat im Schlafzimmer jede Menge Fernsehserien auf DVD, sodass die Protagonisten von „Monk“ oder den „Sopranos“ allabendlich durch ihr Schlafzimmer spazieren, als wären es gute Bekannte oder gar Verwandte, die gerne mal vorbeikommen und Hallo sagen. Mit dem Vorteil, dass man diese Kontakte auf Wunsch schnell wegklicken kann.

Der Zimmerbrunnen

Mir kommt eine Idee. „Ich könnte doch mit einem Zimmerbrunnen anfangen“, sage ich, „so was habe ich schon mal im Bauhaus gesehen.“ Mit einer Schaltuhr getriggert, würde der Brunnen bereits plätschern, wenn ich abends nach Hause käme, vielleicht noch hübsch bunt beleuchtet, mit ein paar Pflanzen. „Und ein paar ’Tatort‘-Folgen auf DVD“, fahre ich fort, „das wäre auch gut so vor dem Einschlafen.“

Ich könnte mit ein paar „Tatort“-Folgen aus Münster anfangen, mein Sohn studiert da, so bekommt man auch einen Eindruck von der Stadt. „Erst stellst du jetzt mal den Backofen aus“, sagt Bine streng, „ist Energieverschwendung. Ist doch warm genug hier.“ Stimmt auch wieder.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

1 Kommentar

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  • U
    Unterschied

    Liebe Frau Dribbusch, diese Gefühlserfahrung haben (ausnahmsweise) mal die Trennungsmütter den "normalen" Elternmüttern um Jahre voraus. Es ist auch im Kleinkindalter ein sehr seltsames Gefühl, wenn die Kinder plötzlich abends nicht da sind, weil sie beim anderen Elternteil ihre "Umgangszeit" verbringen. Frau könnte jetzt soviel machen, aber irgendwie geht es nicht, anfangs zumindest nicht. Darüber konnte ich mich mit vielen Betroffenen austauschen. Nach Jahren der Gewohnheit konnte ich das schnelle Umswitchen schließlich dann doch. Anfangs habe ich mich für den ersten Abend der Abwesenheit der Kinder grundsätzlich verabredet. Danach kam ich irgendwie in die produktive kinderfreie Zeit rein. Eine selbst betroffene Bekannte bemerkte zu diesem Wechselzustand der Trennungseltern mal treffend, dass das eigentliche eine Art Schizophrenie sei, das ständige Umstellen des Lebensalltags. Das ist bei Ihnen nicht so, die Kinder sind einfach so groß, dass sie wohl dauerhaft ausgezogen sind. Außerdem haben Sie das Glück, dass Sie in Ihrer vertrauten Wohnung weiter wohnen und zuhause sein können. Das werde ich als "alleinerziehende" Mutter aufgrund der Kosten nicht können. Vor der Ein-Zimmer-Wohnung habe ich allerdings große Angst! Denn so werden mich meine Kinder noch nicht einmal in ihrem vertrauten "Zuhause" besuchen können und ich lebe dann zudem dauerhaft ohne Kinder in einer fremden Umgebung.