Kolumne Right Trash: Eine Siegesfeier auf Petrys Niederlage
Rechte Medien feiern den Verlauf des AfD-Parteitags, das Spitzenduo gefällt. Der Burgfrieden hält erstmal – mit Blick auf die Bundestagswahl.
Ein Signal der Geschlossenheit“: So feiert Dieter Stein, Chefredakteur der Jungen Freiheit (JF) in der aktuellen Ausgabe den Parteitag der Alternative für Deutschland (AfD). Mit dem Spitzenduo Alice Weidel und Alexander Gauland hätte die Partei rechtzeitig zur Bundestagswahl und den kommenden zwei Landtagswahlen eine „personelle Lösung“ gefunden. Diese neue Perspektive der Bundesführung sei ein Zeichen dafür, dass jetzt „auf Kooperation statt auf Konfrontation“ gesetzt werde, schreibt Stein am 28. April auf der Titelseite seiner Zeitung. Eine Hoffnung, die viele weit rechte Medien teilen – egal ob Print oder Online. Sie vermeiden es, nachzutreten – der Streit ist aber nur verschoben.
Die gesamte rechte Szene jenseits der NPD hat kaum ein anderes Ereignis besorgter verfolgt als den AfD-Bundesparteitag am 22./23. April in Köln. War es das jetzt mit der AfD? Platzt der Traum, eine Partei rechts von der Union zu etablieren? Lassen Egomanien um Programm, Position und Pfründe dieses Projekt scheitern? Seit Wochen warnte nicht nur Stein vor den Folgen des Streits zwischen Frauke Petry und ihrem Ehemann Marcus Pretzell auf der einen und Alexander Gauland und Björn Höcke auf der anderen Seite. Dieser steurere „zielgerichtet“ zur Bundestagswahl „das Projekt 4,9 Prozent“ an, schrieb Stein, der mit einem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde das Ende der AfD dämmern sah. Götz Kubitscheck, Vordenker der Neuen Rechten, sah hingegen „nur“ ein Ende des Flügels um Höcke drohen.
Auf Sezession.net schimpfte Kubitschek, Mitbegründer des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS), am 20. April: „Wir werden eine in sich uneinige AfD erleben, der Rechenschieber wird den Parteitag dominieren, und die Hygieneklugscheißer aus den eigenen Reihen werden – wie immer – Björn Höcke und Alexander Gauland (…) mit Nazigrößen vergleichen, weil es doch nur einer ganz, ganz sauberen Partei gelingen kann, vaselinefettig als Arschtorpedo weiter voranzukommen“.
Auch Jürgen Elsässer, Chefredakteur des rechten Magazins Compact wandte sich von Petry und ihren Unterstützern ab – vor wenigen Monaten hatte er sie noch als die „besser Kanzlerin“ ausgemacht und von ihr als „Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany“ geschwärmt. Sie wolle offensichtlich „eine Art Hofberichterstattung“, die ihr und ihrem „Gemahl nach dem Mund redet“, beklagte Elsässer Mitte Februar, nachdem Petry sein Magazin verklagt hatte. Dieses hatte zuvor geschrieben, sie betreibe den Ausschluss Höckes aus der Partei. Wenige Tage vor dem Parteitag hielt Petrys ehemaliger Berater Michael Klonovsky dem Ehepaar Petry und Pretzell vor, in der eigenen Partei nur noch zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.
„Wiedergeburt“ der AfD
Klare Fronten, klare Kampfansagen vor Köln. Danach: Erleichterung. Schon am 24. April titelte die JF-Webseite zum Spitzendou: „Beweis politischer Vernunft“. Die Beiden hätten eine „überlegene Intelligenz und Härte in der Sache“ gemein, schrieb Karlheinz Weißmann – einer der Hauptvertreter der Neuen Rechten. Eine „so junge, angefeindete und von einer geschlossenen Front des Establishments bekämpfte Partei“ brauche Personen, mit denen sich Anhänger und Wähler identifizieren könnten und die „neben dem notwendigen Kampfgeist auch Disziplin, Parkettsicherheit und geistige Unabhängigkeit mitbringen“. Das alles dürfe man Alice Weidel und Alexander Gauland zutrauen.
Wie lebt es sich in der rechten Filterblase, wenn Medien pauschal als "Lügenpresse" diffamiert werden und nur noch die Fakten zählen, die ins eigene Weltbild passen? Das fragt sich ein Team von taz-AutorInnen. Wir lesen mit, schreiben zurück oder beobachten einfach nur. Right Trash – seit Februar regelmäßig auf taz.de.
Elsässer begrüße während des laufenden Parteitages in einer Videobotschaft „Petrys Rückzieher als Chance“. In einer weiteren Videobotschaft bewertet er den Parteitag als „Wiedergeburt“ der AfD und lobte, dass die Mitglieder Petrys „Konfrontationsstrategie“ ins Leere hätten laufen lassen. Ihr mögliches Ende auf der Bundesebenen der AfD will er indes nicht kommentierten, stattdessen wünschte er ihr viel Glück bei Geburt und Mutterschaft – vielleicht besinne sie sich wieder und entwickele sich zum Bessern.
Ohne Petry namentlich zu nennen führte Kubitschek am 26. April auf Sezession.net aus: „Die Gefahr ist die zu frühe Koalitionswilligkeit, die sich aus taktischen Gründen ‚realpolitisch‘ bemäntelt, um so die Kritiker einer grundlos frühen Versöhnung mit den Verhältnissen als irrational und politikunfähig zu beschädigen“. Doch der Parteitag sei „ein deutliches Signal der Unversöhnlichkeit mit den Verhältnissen zum jetzigen Zeitpunkt“ gewesen. Es ist ein Signal der Unterstützung an seinen Freund Höcke und das Ziel, die AfD als fundamentalistische Oppositionspartei zu führen.
Ein froher Tag für Höcke und Gauland
Um nicht falsch verstanden zu werden erklärt Kubitschek auch gleich: „Bewegungspartei zu sein bedeutet, die Arbeit in den Parlamenten nicht für die derzeit entscheidende Aufgabe zu halten.“ Gegen ein „Blockbündnis von CDU bis Grüne“ sei „konstruktive Opposition im Rahmen parlamentarischer Arbeit nicht sinnvoll“. Die eigentliche Aufgabe, so Kubitschek, sei „im Volk eine Wechsel- und Wendestimmung zu erzeugen und die emotionale Barriere zwischen Wähler und Partei abzutragen“.
Die AfD hat sich auf dem Parteitag indes schon ein wenig festgelegt. Das gewählte Spitzenduo war das Wunschergebnis von Höcke und Gauland. Auffallend: Auch in ihnen nahe stehenden Medien wird das bei allen Lob nicht als Erfolg dieser Herren erwähnt. Der Burgfrieden soll offenbar bis zur Bundestagswahl gewahrt bleiben. Doch ewig wird er nicht halten: Bei allem Gejubelt über das Spitzenduo räumt ein Stein, dass die „vertagten Entscheidungen zu den strategischen Leitplanken der Partei spätestens bei der „Konstituierung einer möglichen Bundestagsfraktion“ wieder auf die Tagesordnung kommen werden.
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