Kolumne Rambazamba: Du nervst
Jetzt reden wieder alle über Fußball. Alle? Und wenn schon! Wer nicht mitreden will, kann ja auch Gertrude Stein lesen, statt Spielverderber zu sein.
E s nervt. Diesen Satz hat man in den vergangenen Tagen oft gehört und gelesen, und man wird ihn wohl auch in den nächsten vier Wochen noch oft hören und lesen.
Dabei ist die Behauptung, dass „jetzt alle wieder nur über Fußball reden“, die, die am meisten nervt. Alle vier Jahre wiederholt sich das Genöle von Leuten, die mit Fußball nichts anfangen und also nicht mitreden können. Mitnichten sollte man sie missionieren wollen. Aber auffallend oft sind das die gleichen Menschen, die auch dann nichts zu einem Tischgespräch beizutragen haben, wenn es nicht um Fußball geht.
Diese WM könnte allerdings zur WM der Spielverderber werden. Denn dieses Mal wird nicht nur auf dem Platz gespielt, sondern vor allem auf der Straße. Und da tummeln sich allerlei Spielverderber, mit deren Hilfe sich die Spielverderberei höchstpolitisch – mitunter auch zu Recht – legitimieren lässt.
Dabei geht es auch anders. Man kann es beispielsweise so sehen wie der taz-Chefredakteur: „Die WM ist jedes Mal eine grandiose Blatter-Show. Was daran soll nervig sein?“ Man kann es aber auch so machen wie der taz-Layouter, der seit Jahren die WM-Sonderseiten baut und noch nie in seinem Leben ein Fußballspiel gesehen hat. Es interessiert ihn nicht. Er beschwert sich aber auch nicht. Im Gegenteil. Er hat sogar Spaß daran, sich mit etwas zu beschäftigen, was ihn eigentlich gar nicht interessiert.
Nach Feierabend verbringt er die nächsten vier Wochen mit der Doppelbiografie von Gertrude Stein und Alice B. Toklas und dem, wie er gehört hat, sehr guten 3.sat-Abendprogramm. Es ist also gar keine so große Kunst, von der WM nicht genervt zu sein. Menschen, die es dennoch sind, lässt sich eigentlich nur eines erwidern: „Du nervst.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht