piwik no script img

Kolumne PressschlagAchtung, der Grömaz kommt!

Kolumne
von Markus Völker

Kaum rollt der Ball, da treten die üblichen Verdächtigen auf den Plan und nutzen die Bühne zur Selbstdarstellung.

Manchmal verraten Gesten mehr als Worte: Sammer bei einer Pressekonferenz. Bild: dapd

V iel ist nicht mehr von Olympia übrig. Über ein paar olympische Kreuzfahrer, die vor Hamburg gestrandet sind, wurde noch hier und da berichtet, aber damit hat es sich jetzt, denn König Fußball schwingt von nun an das Zepter. Er tut das mit ausladenden Gesten. Jeder soll mitbekommen, dass es jetzt nicht mehr ums Bogenschießen, Vielseitigkeitsreiten und Medaillenzählen geht, sondern um die wahren sportlichen Frontkämpfer: unsere Fußballprofis.

Wortführer waren in den letzten Tagen die üblichen Verdächtigen: Oliver Kahn, Matthias Sammer und Redakteure der Bild-Zeitung. Allen drei Parteien ist gemeinsam, dass sie sich an ihrer eigenen tatsächlichen und imaginierten Bedeutung berauschen und natürlich versuchen, Politik zu machen.

Sammer möchte in München zum Grömaz aufsteigen (größter Vereinsmanager aller Zeiten). Oliver Kahn disst Bundestrainer Joachim Löw, wo es nur geht, weil das gerade opportun ist und die Bild den Boden so schön bereitet hat. Sie ist der Nationalmannschaft nach dem plötzlichen Aus von Pressechef Harald Stenger näher gerückt. War das Nationalteam bis dato ein Staat im Staate des Deutschen Fußball-Bundes, so scheinen die Grenzen nun offener zu sein.

taz

MARKUS VÖLKER ist Redakteur im Sportressort der taz.

Stengers Nachfolger ist Jens Grittner, ein alerter Mann von 42 Jahren, der das ganze Gegenteil von Stenger zu sein scheint. Grittner ist allem Anschein nach der Verbindungsmann des „großen“ DFB (mit Wolfgang Niersbach und Kommunikationsdirektor Ralf Köttker, ein ehemaliger Springer-Journalist) zum „kleinen“ DFB (Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff).

Stenger war ein erstes Bauernopfer, das Löw angeblich zugelassen hat, um die Gegenseite gewogen zu stimmen. Aber das könnte sich als größerer Fehler erweisen als der taktische Mumpitz, der ihm bei der EM gegen Italien unterlaufen ist. Fakt ist, dass Löw künftig schneller unter Druck geraten wird, sollte irgendetwas nicht richtig rund oder nicht nach dem Geschmack der Springer-Jungs innerhalb und außerhalb des DFB laufen. Das relativ heimelige Werkeln in der Nische könnte für Löw vorbei sein.

Kampf der Alphatiere

Zurück zum Grömaz in spe, der ja den DFB längst hinter sich gelassen hat. Er habe dort ziemlich genervt, rief ihm Niersbach zum Abschied halb im Spaß hinterher. In diesem Punkt hat der DFB-Chef recht: Sammer ist ein ätzender Typ, weswegen der gerade erst installierte Bayern-Nachwuchskoordinator Jörg Butt hingeschmissen hat.

Man darf gespannt sein, wohin das noch führen wird – wenn etwa Alphatier Hoeneß in einer Krisensituation auf Super-Sammer trifft. Dann dürften die Fetzen fliegen. Oder deutet das die Bild-Zeitung dann als kreativen Austausch um? Befremdlich ist auch der leicht belehrende Gestus, mit dem Sammer über Bayern-Coach Jupp Heynckes spricht – ganz so, als müsste er Heynckes in einem Schnellkurs beibringen, wie Siegen geht. Typen wie Sammer können inspirierend auf eine Umgebung wirken, sie können aber auch abstoßen. Die kommende Saison der Bayern wird Aufschluss darüber geben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • FK
    Fred Kirchheimer

    Ach nee, die üblichen Verdächtigen nutzen also "die Bühne" zur Selbstdarstellung.

     

    Tja Herr Völker, schon wieder unfähig, die eigene Rolle zu reflektieren?

    Sie gehören doch mit ihrem Artikel zu den Brettern aus der diese Bühne gezimmert ist.

     

    Sie monieren, daß das Thema Olympia wieder in der medialen Versunkung verschwunden ist. Ja, so ist das. Die Leute sind dem Thema aufgrund des medialen Overkills überdrüssig geworden. Und Sie haben nach allen Kräften Ihren Beitrag geleistet. Sie waren auf diesem Zug und nun sind sie auf den Bundesliga-Zug aufgesprungen. Was hat Sie daran gehindert, schon vor zwei Wochen über die Bundesliga zu schreiben und so ihren Weitblick zu dokumentieren?

     

    Sie sind Teil des Systems und da ist es unglaubwürdig wenn Sie Kritik üben.

     

    Wie wäre es jetzt schon mal mit ein paar Zeilen über Weihnachten. Das will in vier Monaten auch keiner mehr hören.