Kolumne Pressschlag: Das unmoralische Angebot

Der Milliardär Klaus-Michael Kühne hat beim HSV leichtes Spiel. Für 25 Millionen Euro will er beim Klub einsteigen. Basis und Klubspitze sind machtlos.

Erst den Verein übernehmen, dann jubeln: Klaus-Michael Kühne Bild: dpa

„Es war ein kleines Wirrwarr.“ Das sagte Oliver Kreuzer, der Sportchef des Hamburger SV, zur Begründung, warum er seinen alten Kumpel Thorsten Fink nach nur fünf Spieltagen gefeuert hatte. Jenen Fink, der den HSV in seinem ersten Jahr vorm befürchteten Abstieg bewahrt und im zweiten Jahr auf einen angesichts der dürftigen Kaderstärke sensationellen siebten Platz geführt hatte.

Im Vergleich zu dem Wirrwarr, dass seit Jahren in Vorstand und Aufsichtsrat des HSV herrscht, ist das taktische Chaos, das Fink zuletzt beim 2:6 in Dortmund angerichtet hat, in der Tat ein sehr kleines. Aber dass bei Misserfolg zuerst der Trainer fliegt, ist nur eine der Traditionen, die beim HSV besonders hartnäckig gepflegt werden. Zwölf Trainer seit 2001 können ein Lied davon singen.

Eine andere Hamburger Spezialität ist die enge Verknüpfung von Profifußball mit dem Boulevard, egal ob in Form von Theater, Presse oder einfach Schmuddelgeschichten. Für die sorgt aktuell das ehemalige Liebespaar van der Vaart. Wer nicht mit verschlossenen Augen und Ohren durch Hamburg läuft, kennt jetzt jede Bettgeschichte der beiden aus den letzten zehn Jahren.

Das reicht nun sogar dem größten Van-der-Vaart-Fan unter der Sonne. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich da nicht so engagiert“, sagt Milliardär Klaus-Michael Kühne beleidigt. Schließlich hatte er persönlich ihre die Rückkehr in die Hansestadt mit einem Darlehen finanziert.

Investor will einsteigen

Trotz dieser Enttäuschung will Kühne jetzt wieder helfen. Nur diesmal will er nicht nur ein abgehalftertes Glamourpaar, das mit ihm hin und wieder beim Italiener diniert, inthronisieren, sondern gleich den halben Verein übernehmen. Manche bezeichnen die 25 Millionen Euro, dir er anbietet, falls der HSV seine Profiabteilung als AG ausgliedert und Felix Magath zum Präsidenten macht, als unmoralisches Angebot. Angesichts der verheerenden finanziellen Lage des HSV könnten einem auch härtere Bezeichnungen einfallen.

Bezeichnend für die innere Verfassung des HSV ist allerdings, dass diejenigen, die Kühne am Nasenring durch die Manege zieht, im Besonderen also Präsidentendarsteller und FDP-Politiker Carl Edgar Jarchow, ihn nicht vom Hof jagen, sondern nur höflich anmahnen, „man sollte auch immer bedenken, welche Außenwirkung das hat“. Die Außenwirkung von Jarchow ist jedenfalls die eines Präsidenten auf Abruf, der stoisch dabei zuguckt, wie seine Abdankung vorbereitet wird.

Es sind ja nicht Kühne und Magath allein, die sich für die nächste Mitgliederversammlung im Januar zum Entern klarmachen. Eine Gruppe um Exaufsichtsratsboss Ernst-Otto Rieckhoff und ehemaligen Spielern wie Thomas van Heesen und Ditmar Jakobs hat fertige Pläne für die Auslagerung der Profiabteilung in der Tasche. Die scheiterte bislang immer an den Mitgliedern. Aber auch deren ansonsten meist kämpferische Vertretung, die Supporters, reagiert bislang merkwürdig kleinlaut auf die unfreundlichen Übernahmepläne.

Schwache Spitze, schwache Basis – Kühne & Co. haben leichtes Spiel, wenn da nicht vielleicht doch noch ein fußballerisches Wunder passiert. Wie sehr auch der Hamburger Boulevard an Realitätsverlust leidet, zeigt die Annahme, ausgerechnet einer wie Thomas Schaaf könnte sich dafür zur Verfügung stellen und auf die Brücke des Geisterschiffes HSV klettern.

Hamburgs neuer Trainer, heiße er nun Bert van Marwijk oder Christian Gross, muss schmerzfrei genug sein, zu wissen, dass einflussreiche Leute schon über seinen Nachfolger nachdenken.

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