Kolumne Presschlag: Mit der Lizenz zum Kicken

Das Beispiel RB Leipzig zeigt vor allem eins: Fans sollten nicht auf die DFL hoffen, wenn sie Konzerne vom Fußball fernhalten wollen.

Demokratische Teilhabe ist anderswo: Stadion des RB Leipzig. Bild: dpa

Dietrich Mateschitz tut so, als wäre er Donald Sterling – nur halt ohne Freundin und ohne Rassismus. Milliardär und Klubbesitzer sind beide, aber Mateschitz eben nicht in der NBA, sondern bloß beim Fußballverein RB Leipzig, der sportlich in die Zweite Liga aufgestiegen ist, dem aber noch die Lizenz fehlt.

Die DFL verlange nun von ihm und seinen Red-Bull-Leuten, „dass wir zwar weiterhin Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe tätigen dürfen, aber gleichzeitig unseren eigenen Entmündigungsantrag unterschreiben sollen“. So ähnlich, wie die NBA mit dem Rassisten Sterling umsprang, dem sie lebenslang den Zutritt zu allen Profibasketballhallen des Landes verweigerte.

Die DFL verweigert Mateschitz die Verwendung des RB-Logos, weil das zu sehr dem von Red Bull ähnele. Nun darf Mateschitz’ Verein ja schon nicht Red Bull heißen, sondern wurde zu einem lächerlichen „RasenBallsport Leipzig“ genötigt. Und nun das.

Zudem verlangt der Ligaverband demokratischere Strukturen, damit statt der überall kolportierten neun ordentlichen Mitglieder ein paar mehr Fans in den Verein kommen und mitreden dürfen. Dafür müsste auch der Mitgliedsbeitrag von derzeit 800 Euro deutlich gesenkt werden.

So etwas komme „einem unsittlichen Antrag“ nahe, schimpft Mateschitz, und mit Werten, mit Moral und Sittlichkeit hat der ganze Streit in der Tat viel zu tun. Der Mateschitz-Angestellte Ulrich Wolter, Geschäftsführer des Möchtegern-Zweitligisten, erzählte einmal freimütig, dass sein RB keine Ultras im Klub haben wolle und man deswegen die Mitgliederzahl bewusst klein halte.

Eine „Entmündigung“

Da muss der jetzige DFL-Entscheid ja für einen, der sich als Klubbesitzer versteht, „unsittlich“ und eine „Entmündigung“ sein! Wer im Fußball ein demokratisches Vergnügen erblickt, wer diesen Sport liebt, weil er ein Volkssport ist, der ist quasi ein natürlicher Feind von Milliardären, denen Sportklubs gehören und die glauben, sie dürften über alles verfügen.

Und doch irritiert die DFL-Entscheidung: Warum sollte ausgerechnet der Ligaverband, der doch für die kapitalistische Erfassung des Fußballsports steht, jetzt Demokratie fordern? Und warum lässt man ausgerechnet den RB Leipzig nicht rein, wo doch mit der TSG Hoffenheim und ihrem allmächtigen Sponsor Hopp, mit dem VfL Wolfsburg, der als „Verein für Leibesübungen Volkswagenwerk“ gegründet wurde, und mit Bayer Leverkusen ähnlich strukturierte Vereine in der Liga sind. Hoffenheim hält sich an die Statuten, nach denen Milliardär Hopp nichts zu sagen habe, doch alle wissen, dass sein Wort Gesetz ist. Wolfsburg und Leverkusen gelten als Traditionsklubs, die seit 1945 oder 1904 mitmischen.

Warum aber dürfen Traditionen nur sehr alt sein, warum reichen nicht jene fünf Jahre, die RB Leipzig alt ist? Auch wenn man es nicht gern zugibt: Alles, was als mögliche Unterschiede zwischen Leipzig auf der einen und Hoffenheim-Leverkusen-Wolfsburg auf der anderen Seite aufgelistet wird, überzeugt nicht.

Das ist nicht nur deswegen ärgerlich, weil man sich über kurz oder lang darauf einstellen muss, dass RB Leipzig auch durch die Erste Liga hoppelt. Zudem läuft man Gefahr, dass alle Kritiker dieses Vereins, der doch eine neue Stufe kapitalistischer Vergesellschaftung des Sports darstellt, nur noch auf das Lizenzierungsverfahren der Deutschen Fußball-Liga hoffen. Der geht es aber um das Image ihres Produkts Bundesliga, nicht wirklich um demokratische Teilhabe. Insofern müssen die Fans selbst aufstehen und sich gegen die Mateschitze aller Länder wehren.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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