Kolumne Press-schlag: Magaths Erfolg und die Folgen
Paradigmenwechsel in der Bundesliga: Die Trainer genießen ihre neue Machtposition.
V ielleicht war Felix Magath das Rollenmodell, der Neuschalker und mehrfache Meistercoach, als er kürzlich, noch vor dem großen Wurf mit dem VfL Wolfsburg erklärte, dass ihm eines nicht mehr passieren werde: rausgeworfen zu werden. Denn damals, im Februar 2007, hatte die Bayern ihren zweimaligen Double-Coach ohne eine Anwandlung von Sentiment vor die Tür gesetzt, während Uli Hoeness kurz darauf im Fernsehen beklagte, dass es sich nicht zieme, innerhalb der CSU so böse mit einem verdienten Parteisoldaten wie Edmund Stoiber zu verfahren.
Doppelmoral hin oder her - Magath jedenfalls war erst mal entsorgt, bevor er in Wolfsburg großen Bayern-Schaden anrichtete. Dass er in dieser Saison seinen Klub sitzen ließ, das erinnert an ein vertrautes Muster aus dem zwischenmenschlichen Bereich: Sitzenlassen ist besser als sitzengelassen zu werden. So funktionieren Seifenopern.
In der Bundesliga ist dies ein neuer Trend. Martin Jol verschwand über Nacht aus Hamburg, weil Ajax ihm schöne Augen machte. Und Christoph Daum konnte dem Werben seiner zweiten großen Liebe, Fenerbahce Istanbul, nicht widerstehen. Köln steht im Regen - genauso wie sich Bayer Leverkusen für kurze Zeit böse brüskiert fühlte, weil Bruno Labbadia in Hamburg unterschrieb und sich nicht an seine vertraglichen Pflichten gebunden fühlte.
Es ist richtig was los auf dem Trainermarkt. Und eine Entwicklung ist nicht zu übersehen: Die Trainer lassen die Klubs ihre Macht spüren - und zwar zum ersten Mal überhaupt. Die Motivation der Wechsel mag unterschiedlich sein: Martin Jol wird bei Ajax wohl kaum deutlich mehr verdienen als beim HSV, doch dafür ist sein Einfluss größer. Im Fall Daum dürfte es neben einer geradezu kultischen Verehrung in Istanbul auch das nicht unbeträchtliche Gehalt von dem Vernehmen nach 3,5 Millionen Euro sein, dass ihn flüchten lässt. In Sachen Magath kommen wohl Einfluss und Zaster zusammen: Er ist nun der mächtigste Mann, den Schalke im sportlichen Bereich seit mehr als einem halben Jahrhundert gesehen hat. Und holt er einen Titel auf Schalke, dann darf er die Größe seines Denkmals selbst bestimmen.
Die Trainer, das verdeutlichen die letzten Wochen, begreifen sich nicht mehr als Untergebene, die gegen die Zahlung eines recht üppigen Schmerzensgeldes Weisungen entgegennehmen. Sie sehen sich auf Augenhöhe. Dass dies im Augenblick möglich ist, hat mit den üblichen Verdächtigen zu tun: Es gibt einfach nicht genug fähige Trainer, als dass es sich Klubs gegenwärtig leisten könnten, Forderungen wie Ausstiegsklauseln (Daum, Magath) nicht zu akzeptieren. Labbadia hatte darauf verzichtet, was alles nur noch komplizierter machte. Vielleicht kam deshalb Jupp Heynckes wieder ins Spiel. Auf seine alten Tage regelt "Don Jupp" die Sachen nämlich am liebsten per Handschlag.
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