Kolumne Press-Schlag: „Wir steuern große Schätze an“
Trotz Fifa-Betätigungsverbot hält Michel Platini beim Uefa-Kongress in Athen eine Abschiedsrede. Der taz ist sie zugespielt worden.
Liebe Freunde,
zuallererst möchte ich euch allen danken, dass ich euch hier in Athen Danke sagen darf. Mit unsagbar großem Stolz schaue ich auf eine fantastische lange Reise zurück, die wir gemeinsam unternommen haben und während der sich der europäische Fußball in seiner einzigartigen Pracht entfaltet hat. Kreativität ist die Kraft, die unseren Sport zum Leben erweckt und ihm seine Schönheit verleiht. Sowohl als Spieler als auch als Präsident dieser großartigen Gemeinschaft hat mich diese Erkenntnis stets beflügelt.
Dass ich heute hier stehe und noch vor der offiziellen Eröffnung des Uefa-Kongresses zu euch sprechen darf, obwohl die Ethikkommission der Fifa mir jegliche öffentliche Tätigkeit untersagt hat, zeigt, wie viel Kreativität und Lebenskraft in diesem europäischen Fußballverband steckt. Auch euer Erfindungsreichtum erfüllt mich mit Stolz. (…)
Eines ist mir aber wichtig zu betonen: Groll gegenüber der Fifa empfinde ich nicht. Bestraft worden bin ich von Außenstehenden, denen es nicht möglich war, sich vorzustellen, was unsere Fußballfamilie in der Vergangenheit geleistet hat. Formalien wurden über Inhalte gestellt. (…) Über viele Jahre haben wir zusammen unter Beweis gestellt, dass Romantik und Realismus, Ideale und Handlungen vereinbar sind.
„Vor der Zukunft der Uefa ist mir sowieso nicht bang“
Von diesem europäischen Wunder wird derzeit auch der Weltfußball befruchtet. Mit der Wahl meines Freundes Gianni Infantino, der mir bereits als Uefa-Generalsekretär hervorragend zugearbeitet hat, hat sich die Fifa nach einer kurzen Phase der Irrungen und Wirrungen stabilisiert. (…)
Vor der Zukunft der Uefa ist mir sowieso nicht bang. Ich will dem Wahlergebnis hier nicht vorgreifen, aber auch dank Gianni ist es uns gelungen, mit Aleksander Ceferin einen Kandidaten zu gewinnen, der auf eine breite Unterstützung der Verbände zählen kann. (…)
Aleksander ist ebenso wie Gianni ein Freund von mir, weil er ein Freund des Fußballs ist. Lasst uns gemeinsam dieses schöne und aufregende Abenteuer, das wir in Angriff genommen haben, fortführen. Ich war der Kapitän einer erfolgreichen Mannschaft und wie ihr wisst, werde ich dieses Schiff allenfalls als Letzter verlassen. Aber im Dienste unserer Mission muss jetzt ein anderer auf der Kommandobrücke stehen. Wir dürfen uns nicht ausbremsen lassen. Dafür sind die Schätze, die wir ansteuern, einfach zu groß. Lasst uns wieder Fahrt aufnehmen!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe