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Kolumne Press-SchlagBalsaholz oder Buche?

Kolumne
von Markus Völker

Die Offensive der deutschen Fußballnationalmannschaft ist schlicht zu gut für die Defensive. Also sorgen sich alle um die Abwehr – ein Luxusproblem.

Zwei erfahrene Abwehr-Haudegen: Holger Badstuber und Per Mertesacker (hier im Zweikampf mit Israels Yossi Benayoun). Bild: dpa

E in weiser Basketballtrainer hat einmal gesagt: „Offense wins games, defense wins championships.“ Der Angriff gewinnt Spiele, die Verteidigung gewinnt Meisterschaften. Wenn auch nur ein Fünkchen Wahrheit in diesem Spruch steckt, dann könnte die deutsche Mannschaft bei dieser Europameisterschaft ein paar Probleme bekommen.

Sie ist vorn, vor allem im offensiven Mittelfeld, hervorragend bestückt. Mit dieser Offensive sollten ein paar Siege drin sein. Aber ob es zum Titel reicht, der dem Team von Jogi Löw jetzt schon so häufig angedichtet wird? Wer weiß. Von der deutschen Defensive weiß man nach den letzten beiden Testspielen nur, dass sie fünf Tore gegen die Schweiz zugelassen hat und von Israel nicht einmal ernsthaft getestet wurde.

Ist sie so stabil wie Balsaholz oder wie eine deutsche Buche? Was kann sie aushalten: den leichten Angriffsdruck der Israelis oder den tonnenschweren der Portugiesen und Holländer? Wie lange braucht sie, um sich zu finden? Und was, wenn es dann schon zu spät ist?

Abgelehntes Bollwerk

taz
MARKUS VÖLKER

ist Redakteur im Sportressort der taz.

Jogi Löw ist ein Freund des Offensivfußballs. Mit dem Engagement eines Laienpredigers kann er über die Grundsätze des modernen Stürmens sprechen: Steilpässe in die Spitze, schnelles Umschalten, Bewegung ohne Ball, überfallartige Konter.

Er würde es ablehnen, als Architekt eines Abwehrbollwerks in die Fußballgeschichte einzugehen wie Roberto Di Matteo vom FC Chelsea London, nein, er will schnelles Kurzpassspiel sehen, so wie es in Spanien gelehrt wird. So hat er dem Team 2010 während der Weltmeisterschaft in Südafrika das Siegel des Schönspielens aufgeprägt.

Die deutschen Fans fanden das prima, weil es ziemlich undeutsch war. Doch was werden sie sagen, wenn der Wandel der Spielkultur mit einer Wankelmütigkeit der Defensiven einhergeht? Derzeit lautet das Motto von Bundestrainer Jogi Löw: Wird schon irgendwie gut gehen. Im Prinzip hat er ja recht. In der Viererkette stehen erfahrene Leute.

Trennung akademischer Natur

Drei waren gut genug fürs Champions-League-Halbfinale, einer gilt als Aufsteiger der Saison, und der Nächste hat zwar erst eine Verletzung überstanden, darf aber dennoch als Haudegen gelten. Der Dortmunder Mats Hummels wiederum verfügt über das Selbstbewusstsein eines Meisters und Pokalsiegers.

Schaut nach einem Luxusproblem aus: Die Offensive ist schlichtweg zu gut für die Defensive. Gilt das Niveau der vorderen Kreativen als Maßstab, stehen die Hintermänner schnell als Deppen da. Diese Trennung ist aber eher akademischer Natur, denn je nach Situation hat ein Team stets 11 Angreifer. Und 11 Verteidiger. So könnte es funktionieren.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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1 Kommentar

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  • R
    Rarehero

    Ein interessanter Kommentar. Glaubt man den Medien, brauchen wir mit der Defensive gar nicht erst anzutreten. Dabei wird aber übersehen, dass der Spruch von der Defensive, die Titel gewinnt, eigentlich nicht stimmt bzw. falsch gedeutet wird. Was ist die Defensive? Die vier Jungs, die hinten drin stehen? Oder die auf der Gegentorverhinderung ausgerichtete Leistung der gesamten Mannschaft? Wir hatten schon 2010 trotz vieler Unkenrufe keine Probleme in der Defensive, weil Messi&Co. schon im Mittelfeld gestoppt wurden. Und wir haben es 2010 im Mittelfeld verloren, weil unsere jungen Spieler keinen Zugriff auf die Spanier bekommen haben.

     

    Sicherlich ist die Situation nicht perfekt. Ein weiterer gelernter Außenverteidiger wird schmerzhaft vermisst (ist aber eine rare Spezies im Fußball geworden). Ein Innenverteidiger ware lange verletzt. Ein weiterer Innenverteidiger wartet noch auf die entscheidende Systementwicklung, die erst nach der EM kommen wird. Wir haben aber auch einen Weltklasse-Außenverteidiger, mehrere extrem talentierte Innenverteidiger, die extram variabel einsetzbar sind und von denen sich einer mittlerweile unter den besten Vier in Europa Zuhause füllt. Und ein Verteidiger hat fast alles erlebt, was man im Fußball erleben kann. Das ist keine perfekte Situation, aber es ist auch nichts so trostlos, wie die Medien wie vor jedem Turnier gerne behaupten. Danke für einen Kommentar, der mal nicht den Teufel an die Wand malt.