Kolumne Pflanzen essen: Danke, davon lieber nichts
Wer seine fleischessenden Mitmenschen verbal filetiert, tut der veganen Causa keinen Gefallen. Ein paar Tipps für eine bessere Kommunikation.
Für Veganer ist es in Anbetracht der Dauerpräsenz von Tierleid im Alltag und dessen gesellschaftlicher Akzeptanz nicht immer leicht, gelassen zu bleiben. Meiner Erfahrung nach ist Diplomatie mit fleischessenden Mitmenschen allerdings meist die bessere Taktik. Besonders im Familien- und Freundeskreis. Nicht nur, um wichtige Beziehungen aufrechtzuerhalten, sondern auch, um konstruktive Diskussion zu fördern.
Indem man das Klischee des Veganers erfüllt, der jeden Fleischesser in Reichweite anschreit, tut man keinem einen Gefallen, weder der veganen Causa noch sich selbst. Werde ich von Freunden zum Potluck Dinner eingeladen, bei dem jeder eine Speise beisteuert, dann knarze ich sie nicht konfrontativ mit „Ich koche aber vegan“ an. Lieber bringe ich ein pflanzliches Gericht mit, das so lecker ist, dass ich am Ende des Abends nach dem Rezept gefragt werde.
Bietet man mir etwas an, das Tierprodukte enthält, sage ich nie „Das kann ich nicht essen“, sondern „Danke, aber davon möchte ich lieber nichts“. Während Ersteres den Eindruck vermittelt, dass meine Ernährung eingeschränkt und etepetete ist, lässt Zweites die Möglichkeit zum Gespräch offen.
Und schlägt es mir mal auf den Magen, wenn meine Tante beim Familienessen in ein vor Blut triefendes Steak schneidet, dann keife ich nicht: „Das ist widerlich!“ Sondern besinne mich, dass ich auch mal eine fleischfressende Tierliebhaberin war, selbst wenn das ein Paradoxon ist. Ich sage ihr dann die Wahrheit. Dass ich sie nicht kränken will, mir aber inzwischen beim Anblick von Fleisch manchmal unwohl wird. Und setze mich einfach kurz um. Die Chance, dass wir beim Kaffee offen über Veganismus sprechen, ist weit höher, als wenn ich meine Tante zuvor verbal filetiert hätte. Jemand, der heute noch nicht offen ist für pflanzliche Ernährung, zieht sie vielleicht in Zukunft in Betracht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!