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CDU-Forderung zur ErnährungZwangsberatung für Schwangere

Eine Unionspolitikerin fordert eine verpflichtende Ernährungsberatung für werdende Mütter. Der Vegetarierbund findet das gut.

Schwangere sollten wissen, dass „die Entscheidung für einen persönlichen Ernährungsstil Risiken für die Gesundheit von Ungeborenen“ hat, sagt Unions-Politikerin Connemann Foto: dpa

Berlin taz | Der Vegetarierbund Vebu begrüßt die Forderung der CDU, Schwangere gezielter bei der Ernährung zu beraten. „Wir finden die Anregung gut“, sagt Stephanie Stragies, Sprecherin von Deutschlands größtem Interessenverband für Vegetarier und Vegane. Es sei wichtig, dass dem Thema Ernährung mehr Bedeutung geschenkt werde. CDU-Fraktionsvize Gitta Connemann hatte in der Bild-Zeitung gefordert, dass werdende Mütter verpflichtend über Ernährung in der Schwangerschaft aufgeklärt werden. Wie der Verband zu einer Zwangsberatung steht, werde noch intern diskutiert, sagte Stragies am Dienstag zur taz.

Vegane Ernährung kann zu Mangelerscheinungen bei Stoffen wie Vitamin B12 oder Eisen führen. Diese sollten insbesondere werdende Mütter ersetzen, da es sonst „während der Schwangerschaft zu schwerer und dauerhafter Schädigung des kindlichen Nervensystems“ kommen kann, so eine Emp­fehlung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Deshalb sei es „wichtig, regelmäßig Bluttests durch­zuführen und zu kontrollieren“, erklärt auch die Hamburger Ernährungsberaterin Carmen Hercegfi, die sich auf vegane Schwangerschaftsberatung spezialisiert hat. Jedoch: „Prinzipiell wissen vegane Schwangere dies und ergänzen die Stoffe“, sagt Hercegfi.

Es gebe keinen Zuwachs an neurologischen Schäden bei Neugeborenen durch B12-Mangel, betont der Berufsverband der Frauenärzte auf Anfrage. Die Bild-Zeitung hatte dies behauptet. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ernähren sich zwischen 0,1 und 1 Prozent der Deutschen vegan, Tendenz steigend. In einem Positionspapier hatte die DGE Veganern im April eine regelmäßige Ernährungsberatung empfohlen: „Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich“.

Anstoß für die Diskussion ist die Forderung der CDU-Ernährungsexpertin Connemann nach einer verpflichtenden „qualifizierten Ernährungsberatung im Rahmen der allgemeinen Schwangerschafts-Vorsorge-Untersuchungen“. Die Beratung „sollte in den Händen derjenigen liegen, die den Schwangeren und jungen Familien am nächsten stehen“, sagt Connemann. Das seien Frauen-, Hausärzte oder Hebammen. Klar ist, dass jede Mutter eine ärztliche Behandlung auch ablehnen kann. Schwangere sollten wissen, dass „die Entscheidung für einen persönlichen Ernährungsstil Risiken für die Gesundheit von Ungeborenen“ hat, sagt Connemann. Sie wolle aber „jungen Eltern nicht vorschreiben, was sie wann wie essen“, es gehe „nicht um Bevormundung“.

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5 Kommentare

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  • Eine ausgesprochen gute Idee!

    Ich bin sowieso der Meinung, dass Mütter, die das Leben oder auch "nur" die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes aufs Spiel setzen, indem sie rauchen, trinken oder sich durch merkwürdige und fragwürdige Ernährungs-Absurditäten hervortun, dafür auch gesetzlich belangt werden sollten.

     

    In der künstlichen Befruchtung dürfen Eizellen im Vorkernstadium nicht verworfen werden, um das ungeborene Leben zu schützen - auf der anderen Seite ist es aber scheinbar völlig okay, wenn auf der Neugeborenenstation kleine Babies schreiend liegen, weil sie mit dem Nikotinentzug nach der Entbindung nicht klarkommen.

     

    Das ist mindestens Körperverletzung aus meiner Sicht!

     

    Es ist ja total okay, wenn Menschen beispielsweise vegan leben; wer aber auf so ein Ernährungsmodell zurückgreift, für den besteht doch bitte Informationspflicht!!

     

    Die Aussage, die vom Frauenarzt empfohlenen Folsäure-Tabletten seien überflüssig, denn man könne ja auch Himbeeren essen, verursacht bei mir Zahnschmerzen... dennoch habe ich genau dies im Bekanntenkreis erlebt.

    Die junge Dame sollte sich mal informieren, wie viele KILOgramm Himbeeren sie essen müsste, um den Bedarf zu decken.

    Herrje... ein Schritt in die richtige Richtung, liebe CDU. Bitte durchsezten.

  • Endlich einmal ein um Objektivität bemühter Artikel zu diesem Thema!

     

    Was ich mich allerdings frage, ist Folgendes: Sollen denn die genannten, in Ernährungsfragen in der Regel unkundigen Berufsgruppen vorab entsprechend geschult werden?

     

    Aber wahrscheinlich verläuft die Sache sowieso im Sande ...

  • Die ganzen wirklich ungesunden Dinge wie Rauchen, Alkohol, falsche anderweitige Ernährung haben auch die CDU zu keinerlei bevormundenden Maßnahmen angeregt - selbst notwendige Impfungen sind nach wie vor nicht vorgeschrieben. Jetzt plötzlich aber wird die nachweislich gesunde vegane Ernährungsform ins Visier genommen. Das kann nur mit Lobbyismus erklärt werden, der von der in der CDU einflussreichen Massentierhaltungslobby ausgeht. Vitamin B12 ist ganz leicht mit -veganen- Brausetabletten, die Centbeträge kosten, zu erhalten, das ist also gänzlich irrelevant.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Wenn schon Beratung, dann z.B. auch, dass Seefisch einen derartig hohen Anteil an Quecksilber enthalten kann, dass man in den USA vom Konsum in der Schwangerschaft abrät, weil Quecksilber die Hirnentwicklung der Föten schädigen soll.

     

    Vegane Mütter, die sich ohnehin in der Regel intensiver mit Ernährung beschäftigen als ihre omnivoren Pendants, brauchen die Beratung wahrscheinlich weniger als diese, aber schaden kann dergleichen keiner Schwangeren. Es sei denn, die DGE (das heimliche Propagandaorgan der Fleisch-, Milch- und Eierindustrie) ist verantwortlich für die RatSCHLÄGE.

    • @849 (Profil gelöscht):

      In der Tat ist die DGE verantwortlich für diese Kampagne, siehe andere Presseberichte!