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Kolumne Pflanzen essenDanke, davon lieber nichts

Wer seine fleischessenden Mitmenschen verbal filetiert, tut der veganen Causa keinen Gefallen. Ein paar Tipps für eine bessere Kommunikation.

Nicht jeder bekommt bei diesem Anblick Appetit Foto: dpa

Für Veganer ist es in Anbetracht der Dauerpräsenz von Tierleid im Alltag und dessen gesellschaftlicher Akzeptanz nicht immer leicht, gelassen zu bleiben. Meiner Erfahrung nach ist Diplomatie mit fleischessenden Mitmenschen allerdings meist die bessere Taktik. Besonders im Familien- und Freundeskreis. Nicht nur, um wichtige Beziehungen aufrechtzuerhalten, sondern auch, um konstruktive Diskussion zu fördern.

Indem man das Klischee des Veganers erfüllt, der jeden Fleischesser in Reichweite anschreit, tut man keinem einen Gefallen, weder der veganen Causa noch sich selbst. Werde ich von Freunden zum Potluck Dinner eingeladen, bei dem jeder eine Speise beisteuert, dann knarze ich sie nicht konfrontativ mit „Ich koche aber vegan“ an. Lieber bringe ich ein pflanzliches Gericht mit, das so lecker ist, dass ich am Ende des Abends nach dem Rezept gefragt werde.

Bietet man mir etwas an, das Tierprodukte enthält, sage ich nie „Das kann ich nicht essen“, sondern „Danke, aber davon möchte ich lieber nichts“. Während Ersteres den Eindruck vermittelt, dass meine Ernährung eingeschränkt und etepetete ist, lässt Zweites die Möglichkeit zum Gespräch offen.

Und schlägt es mir mal auf den Magen, wenn meine Tante beim Familienessen in ein vor Blut triefendes Steak schneidet, dann keife ich nicht: „Das ist widerlich!“ Sondern besinne mich, dass ich auch mal eine fleischfressende Tierliebhaberin war, selbst wenn das ein Paradoxon ist. Ich sage ihr dann die Wahrheit. Dass ich sie nicht kränken will, mir aber inzwischen beim Anblick von Fleisch manchmal unwohl wird. Und setze mich einfach kurz um. Die Chance, dass wir beim Kaffee offen über Veganismus sprechen, ist weit höher, als wenn ich meine Tante zuvor verbal filetiert hätte. Jemand, der heute noch nicht offen ist für pflanzliche Ernährung, zieht sie vielleicht in Zukunft in Betracht.

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10 Kommentare

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  • Na klar, Veganer sind einfach die besseren Menschen.

  • Meine Einschätzung der meisten Kampf-Veganer ist folgende:

     

    Sie waren zuvor Fleischesser und wollen nun auf biegen und brechen die besseren Menschen sein. Doch in ihrer Überzeugung sind sie so wenig gefestigt, daß sie bei jeder Begegnung mit Schlüsselsignalen unbewußt einen Rückfall befürchten, deshalb maßlos überreagieren und ein Feindbild so sehr brauchen wie ein Fußballspieler seine Schienbeinschützer.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Indem man das Klischee des Veganers erfüllt, der jeden Fleischesser in Reichweite anschreit, tut man keinem einen Gefallen, weder der veganen Causa noch sich selbst."

     

    Meine Wahrnehmung (über 50, männlich, "vegan") ist eine ganz andere. Da kommt die Sprache drauf, aber nie von mir ausgehend, und dann legen die Omnivoren los mit einer Mischung aus Uninformiertheit und Überheblichkeit und mentalem oder verstohlenem Augenrollen. Es kommen die aberwitzigsten "Argumente" auf den Tisch.

     

    Warum halten sie nicht einfach mal die Klappe oder fragen, wenn sie nichts wissen? Ich weiß es nicht, denke aber, die haben unendlich Schiss, dass es mit ihrem Leben nicht so gut bestellt ist, wie sie es sich mit ihrer Karn(ide)ologie fortwährend einreden: Veganer sind ihnen ein Dorn im Auge, obwohl die das in der Regel gar nicht sein wollen.

     

    Mich nerven die immer wiederkehrenden dummen Fragen zunehmend: wo kriegst du denn dein Eiweiß her, da kriegt man ja Mangelerscheinungen, das ist doch kein Genuss. Mich nerven auch die doofen "Argumente", die sie aus irgendwelchen Verdummungswurstkäsblättern gesaugt haben als Munition für den Ernstfall, der an jedem Esstisch lauern könnte.

     

    Nichts gegen eine deftige Diskussion mit Menschen, die zum Thema etwas zu sagen haben oder interessiert sind. Aber bei dem Thema ist Konzilianz gegen die antivegane Feindseligkeit im Grunde für die Katz, es sei denn, man kommt mit interessierten Menschen zusammen, die es gelernt haben, nicht in vorgefertigten Bahnen zu denken.

     

    Dennoch übe ich mich - fast immer erfolgreich - in Contenance, rolle aber gern mental mit den Augen. :-)

    • @849 (Profil gelöscht):

      Warum der Ärger? Das nennt sich soziale Kontrolle und gilt auch anderen Gruppen, die sich (oder andere) durch ihr Verhalten schädigen - Alkoholiker, Drogisten, Extremsportler, Promiske, Adipöse, Bild-Leser, Autoraser ...

       

      Was wäre denn ohne diese soziale Aufmerksamkeit los? Nein, das wollen Sie doch auch nicht ... oder?

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @TazTiz:

        Wenn es darum ginge, müssten Veganer ja ständig alle Omnivoren maßregeln, weil sie sich durch ihr Verhalten schädigen. Wer andere (Menschen) durch sein Verhalten jedoch nicht schädigt, der soll tun können, was er will. Da könnte man natürlich sagen, dass der Fleischkonsum mittelbar sehr viele Menschen schädigt und die ganze (Um)Welt gleich mit.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Omnivoren wie ich machen genau die umgekehrte Erfahrung. Zeige mir einen Veganer, der Nicht-Erleuchtete nicht für den Niedergang der Mensch- und Tierheit und das Elend aller Nutztiere verantwortlich macht, und ich zeige Dir einen alten Hund ohne Mundgeruch.

      • @nobbes49:

        Ich habe es geschafft mich durch eine Kinski-hafte-Wortwahl von dümmlich fragenden Omnivoren zu befreien, in dem ich sie laut brüllend anschreie und mit irrem Blick sage, – „Diesmal schlag ich Dir in die Fresse, Du!“ Bei meinen wüsten Beschimpfungen geifere ich was das Zeug hält.: „Scheißer, Arschloch.“ Schon werde ich in Ruhe gelassen und muß mich nicht dafür rechtfertigen, warum ich kein Fleisch esse.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @nobbes49:

        Es kommt auf das Ohr an, mit dem Sie hören. Viele Omnivoren haben die Tendenz, sich durch Menschen, die nicht essen wie sie, bedroht zu fühlen. Viele Veganer haben hingegen die Tendenz, sich durch die uninformiert-affirmative Beharrung der Omnivoren auf den Schlips getreten zu fühlen. Ich selbst kenne keine aggressiven Veganer, höre und lese aber immer, dass es sie gibt und glaube das auch. Schließlich gibt es bei fast jedem Thema auch Radikale, die ins Aggressive abgleiten. Das mag daran liegen, dass sich die Menschen selten wirklich zuhören und es trotz gegenteiliger Behauptungen kaum mal sowas wie einen Diskurs gibt.

         

        Bei Omnivoren habe ich sehr oft das Gefühl, sie gehörten einer alleinseligmachenden Kirche an und wollten am liebsten alle Renegaten auf den Holzkohlengrill legen. Dabei stellen sie doch die erdrückende Mehrheit. Also: wovor haben sie Angst? Es gibt aber auch unter ihnen einige Ausnahmen (meistens Frauen), aber die Chance, auf solche zu treffen, steigt oder fällt mit dem Informationsstand in Bezug auf dieses Thema. Und dieser Informationsstand speist sich vorwiegend aus falschen oder tendenziösen - (pseudo)wissenschaflich verbrämten - Aussagen. Und das zieht sich durch alle Medien und ist auch in der TAZ immer wieder zu finden.

         

        Wobei ich überhaupt nichts dagegen habe, dass Journalisten eine Meinung haben und sie forsch vertreten. Nur ist es unredlich, der Sache einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben, nur weil etwa die DGE mal wieder Methan gepupst hat. Denn die Wissenschaft vertritt zu diesem Thema nun einmal konträre und keine eindeutigen Standpunkte, wobei die DGE - wie immer - der Diskussion um Jahrzehnte hinterherhinkt.

         

        Kritik an Institutionen und Kritikfähigkeit überhaupt scheint in Deutschland halt immer noch keine weit verbreitete Tugend zu sein. Als Kriti(kast)er ist man hierzulande immer noch vor allem eins: Nestbeschmutzer.

  • Liebe Frau Sommer,

    Sie scheinen viel gelernt zu haben und Ihre Tante wird Ihnen dankbar sein, dass sie nicht mehr angekeift wird.

    Auch Ihr Freundeskreis wird sich freuen, dass er nicht mehr permanent angeknarzt wird.

    Fangen Sie bloß nicht an Yoga zu machen oder Jazz zu hören um Ihr Umfeld dann damit zu nerven.

    Das kuriose an Ihren Ratschlägen ist, dass Sie wohl tatsächlich glauben, dass alle so einen Zickenterror wie Sie durchziehen und nun diese Art von Ratschlägen nötig haben.

    • @Stefan mit f:

      naja, die sachlichkeit in diesem kommentar drückt sichndoch glatt in großbuchstaben aus.

      oider!!