Kolumne Ökosex: E - wie Einnahmequelle
"Affe Charly" und das Sponsoring: Was hat Harald Schmidt mit dem Volkswagenkonzern zu tun?
In Brüssel legen sich die deutsche Autoindustrie und ihre Regierung in diesen Tagen schwer ins Zeug. Sie finden es gemein, dass französische und italienische Unternehmen einen Vorteil haben, nur weil sie kleinere Autos bauen. Deren Schuhschachteln sind zwar näher dran an den 130g/km CO2, die im Jahr 2012 durchschnittlich ausgestoßen werden sollen.
Das heißt aber noch lange nicht, dass die deutschen Brummer benachteiligt werden sollten. Das hat mit Politik zu tun. Wer viel ZDF guckt, kann dafür Verständnis haben. Das allerdings hat mit Kultur und dem öffentlich-rechtlichen Kulturauftrag zu tun.
Und das kommt so. Wenn in einer Sendung ein Affe in einem affigen Auto fährt und ein affiger Moderator eines verlost, dann ist Sponsoring-Time im ZDF. Letzten Samstag erlebten wir wieder in Maastricht einen aufregenden deutschen Fernsehabend. Es ging los mit "Affe Charly". Da kommt der Tierarzt mit dem Off-Roader. Meine Kinder kreischen: "Ein VW Touareg mit 317g/km CO2 Emissionen!" So ein Zufall. Da emittiert schon die Frau vom Tierarzt heran: ein neues VW Eos Cabrio mit 159g/km CO2 als Zweitwagen. Ist das schön!
Dann versteckt Charly, der Affe, was im Handschuhfach vom Touareg. Innen ganz schön geräumig, dieser VW Touareg!
Die Kinder schreien: "Los, Papa, sagt es." Dann sag ich es, weil ich es immer sage. "Ja, Kinder, ob das ZDF von VW ein bisschen Geld dafür kassiert? Ein Tierarzt in einer so hoffnungslos altmodischen CO2-Schleuder? Diese Drehbuchvariante sollte schon etwas wert sein." "Ach, so", tun die Kinder erstaunt, "du meinst, das ZDF kriegt Geld für das Herzeigen von Steinzeitprodukten?" Ich nicke nur, was juristisch nicht eindeutig zu werten ist. "Super, Papa", loben die Kinder, "Ökosex ist der größte Sponsoring-Detektiv aller Zeiten."
Meine Kinder und mich stört das mit dem Touareg nicht. Mein kleiner Sohn sagt immer, Sponsoring trage - ebenso wie andere kommerzielle Einnahmequellen - zur Stärkung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei. Dies sei vom Bundesverfassungsgericht im 8. Rundfunkurteil vom 22. Februar 1994 bekräftigt worden. "Richtig, mein Sohn", füge ich hinzu, und die Gebühren würden ohne Sponsoring natürlich steigen. Uns wäre das zwar wurscht, weil wir zahlen ja eh keine deutsche Fernsehgebühr im Ausland. Aber für die echten Deutschen in Deutschland wäre das nicht sozialverträglich. Deshalb finden wir "Wetten, dass ?" auch so dufte. Denn "Wetten, dass?" ist ja wohl komplett über Sponsoren finanziert.
Merkwürdigerweise sind diese alle im Geschäftsbereich des Antiklimaschutzes tätig. Das ist manchmal nicht einfach für den Moderator Thomas Gottschalk. Der ist im echten Leben ein Nachhaltigkeitsfan. Ist ja ein ganz normal intelligenter, sympathischer Mensch. Dennoch steht er ab und zu vor einer CO2-Schleuder und flötet: "Toller Audi, kann man gewinnen." Noch vor Monaten musste er sogar die absurde Klima-Killerschüssel R8 empfehlen - Verbrauch in der Stadt rund 22 Liter. Vor einem Millionenpublikum. Ohne rot zu werden. Ein echter Profi.
Am Samstag hat Gottschalk ohne zu lachen einen hochgezüchteten Audi A4 präsentiert (219g/km CO2). Er macht das so überzeugend, dass 15 Millionen Zuschauer nicht ganz sicher sind, ob er diese Schrottkiste nicht vielleicht doch gut findet.
Dann kam nach der Kinderwette der Hammer, die tolle Überraschung: der Kohle- und Atomkonzern Eon ist als Sponsor bei "Wetten, dass?" eingestiegen. Meine Kinder kreischen vor Vergnügen. Eine Zuschauerin gewinnt ein Jahr lang Atom- und Kohlestrom von der Eon-Tochter "e - wie einfach". Was für ein Preis! Da rutscht Gottschalk dann doch ein flapsiger Kommentar raus: "Aber dennoch schön Strom sparen", empfiehlt er der Gewinnerin. In welchem Auftrag? Schwierig bei öffentlich-rechtlichen Moderatoren.
Harald Schmidt hat letzte Woche in einem Zeit-Interview den genialen Satz formuliert: "Wer sich mit Umweltschutz beschäftigt, hat zu viel Freizeit." Ich nehme an, auch dies war von Volkswagen gesponsert. Immerhin hat Schmidt neulich bei "Affe Charly" mitgespielt. Das ist doch kein Zufall.
Fragen zu Gottschalk? kolumne@taz.de Montag: Kirsten Reinhardt über Katastrophen
Leser*innenkommentare
Heinz
Gast
Ich kann dazu nur sagen, dass ich mir demnächst einen Touareg kaufen werde. Ich habe mein ganzes Leben versucht, mich halbwegs ökologisch zu verhalten. Batterien nicht in den Hausmüll, Mehrwegpackungen, spezielle Dämmungen im Haus und so weiter und so fort.
Und jetzt habe ich langsam die Schnauze voll. Ich kaufe mir einen Touareg mit 6-Zylindern und Diesel. Und wissen Sie was, mir ist langsam scheiß egal, was da beim Auspuff rauskommt. Und wenn bei mir einer von den grünen Weltrettern vorbeikommt, da geb ich mal so richtig Gas...
Mathias
Gast
Der Hass auf die deutsche Automobilindustrie treibt seltsame Blüten. Man sollte bedenken, dass es wichtiger und effizienter wäre ein Auge auf die Energieerzeugung an sich zu werfen. Dort gibt es Emissionen gegen die ein paar µg ein Witz sind.
Mit diesen so erzeugten Energien fährt zum Beispiel die ach so umweltfreundliche Bahn. Wenn man da mal die beschleunigten und gebremsten Massen betrachtet und dann daraus Emissionen z.B. eines Braunkohlekraftwerkes ableitet, bekäme man zumindest erstmal ein vergleichbares Bild.