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Kolumne ÖkosexOrganischer Weinzwang

Kolumne
von Martin Unfried

Im Elsass lässt sich herrlich urlauben. Und darüber sinnieren, weshalb das Bessere nicht wirklich der Feind des Guten ist.

V on Maastricht aus gesehen, liegt das Elsass irgendwo rechts unten auf der Karte gleich hinter Saarbrücken. Das Elsass ist dieses Jahr megaangesagt, also bei uns jedenfalls. Besonders angesagt sind Ferien im Elsass beim Ökowinzer, also eine gewissenhafte Studienreise in Sachen ökologischer Weinbau, bei der nebenbei kräftig degustiert wird. Weinzwang eben.

Wir zuckelten also durch Belgien, das Saarland und Lothringen und schon sahen wir ein Meer von elsässischen Weinbergen. Natürlich das meiste konventionell angebauter Riesling und Edelzwicker, aber darunter auch ein paar Biowinzer. Es sind etwa 100, wie ich gelesen habe, auf nicht mal 10 Prozent der Anbaufläche.

Ich wollte mehr wissen, weil mir nämlich der Opa meines Patenkindes kurz zuvor erklärt hatte, dass Ökowein der größte Betrug "überhaupt" sei. Diese Biowinzer würden doch tatsächlich giftiges Kupfer spritzen. Das sei ja wohl eine Sauerei und die Leute würden reingelegt. Ist der Bioweinbau also das RWE unter den Weinen? Das Vattenfall der Landwirtschaft? Aber nein, liebe LeserInnen, so ist es natürlich nicht. Kupfer ist neben Schwefel das einzige Mittel, das Ökowinzer gegen Pilzerkrankungen wie Mehltau einsetzen dürfen.

Bild: privat

Martin Unfried ist Autor der taz.

Das Leben ist wie immer widersprüchlich, aber das Bessere nicht wirklich der Feind des Guten. Konventionelle Winzer greifen nämlich zu synthetischen Fungiziden und obendrauf gelegentlich ebenfalls noch zu Kupfer. Also kein spezielles Problem der Ökos. Leider gibt es wohl bei den Biowinzern noch keine richtige Alternative dazu. Mit pilzresistenteren Traubensorten wird experimentiert und der Kupfereinsatz minimiert.

Jetzt aber zum Wesentlichen: Der Biowein schmeckt klasse, ganz besonders der Voyou de Katz. Und Ferien beim Biowinzer sind dufte. Bei Clement Klur war das wirklich eine erstaunliche Mischung für Freunde des Ökosex: Solaranlagen, gesunde Kopfkissen, Kräutergarten und das Beste: Da standen Räder rum, mit denen ich durch die Weinberge düsen konnte. Im Weinberg brannte die Mai-Sonne unbarmherzig ökologisch. Die Vogesen-Gipfel leuchteten. Und in der Ferne konnte ich den Rhein und das AKW Fessenheim erahnen.

Das war gut, denn natürlich dürfen wir auch im Paradies die Realitäten nicht aus den Augen verlieren. Der Riesling im Keller schmeckte dennoch grandios, der hauseigene Biosekt unbeschreiblich. Das Handelsblatt hat keine Ahnung. Das schrieb, "Biowein" klinge noch immer nach Anstrengung statt Entspannung, Gutmenschentum statt Gutgehenlassen. Völliger Quatsch! Wussten Sie übrigens, dass sich das Ökolabel nur auf den Anbau der Trauben und nicht auf die Herstellung des Weines bezieht?

Da gibt es nämlich einen Nord-Süd-Konflikt, ob man Schwefel reinschüttet oder nicht. Die Deutschen wollen wohl nicht davon lassen, meinte Clement Klur und schenkte nochmals ein. Hat was mit Sonnenstunden zu tun. Die gab es im Elsass letzte Woche satt.

Ich könnte jetzt, wegen Geheimtipp und so, nicht sagen, wo sein Weingut liegt. Mais, non! Ich möchte ja, dass viele den Voyou de Katz genießen. Also: Das Erste ist ein Haustier und das Zweite ist kein Berg.

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