Kolumne Nullen und Einsen: Mit dem Fahrrad durchs Silicon Valley
Die Firmenzentralen von Google und Facebook sind längst Touristenattraktionen. Dazwischen wartet ein schönes Stück Küstenlandschaft.
V or dem Firmensitz von Facebook steht ein großes Schild mit einem Like-Daumen und der Adresse „Hacker Way 1“. Silicon-Valley-Touristen machen gerne Fotos von sich vor dem Schild, vermutlich, um sie auf Facebook zu teilen.
Ich mache ein Foto von der Rückseite. Die zeigt das Firmenlogo des Vorbesitzers der Gebäude: Sun Microsystems. Sun, gegründet 1982, war ein wichtiger Hersteller von Unix-Servern, entwickelte die Programmiersprache Java und brachte OpenOffice groß raus. Vor einem Jahrzehnt machte das Unternehmen noch Milliardenumsätze, inzwischen existiert es nicht mehr. 2011 zog Facebook hier ein, weil die Infrastruktur halt schon da war: Steckdosen in den Wänden, dazu jede Menge noch nicht verbaute Nullen und Einsen.
Die Tech-Firmen im Silicon Valley nennen ihre Firmensitze ja gerne „Campus“ und das passt bei Facebook vor allem zu den Leuten, die dort rein- und rausgehen. Fast niemand ist hier über 30, der Kleidungsstil ist nicht snobby-elegant, nicht bärtig-verhipstert, auch nicht dem Klischee eines Kellernerds entsprechend – sondern eben genau der Casual College Look, den man von Mark Zuckerberg kennt. Facebook ist die graublaue Maus unter den Web-Giganten.
Man sieht auch einigermaßen viele Frauen, darauf legt Facebook Wert. Im Prinzip legt Facebook auch darauf Wert, dass mehr Schwarze und Hispanics eingestellt werden, aber schafft das gerade nicht so richtig. Das ist vielleicht wie mit den Hasskommentaren, da will Facebook ja auch was tun und schafft es gerade nicht so richtig.
Dabei leben die Schwarzen und Hispanics direkt nebenan, in East Palo Alto, wo vom Reichtum des Silicon Valley noch nicht so viel angekommen ist oder, man könnte es auch positiv ausdrücken: die Gegend wurde noch nicht gentrifiziert. Sie liegt auf meinem Weg, ich bin mit dem Fahrrad unterwegs und will als Nächstes zur Google-Zentrale, die gerade mal 13 Kilometer entfernt ist.
Aber wie das eben so ist im Internet: Ständig wird man abgelenkt. Erst muss ich unbedingt einen Abstecher nach Cooley Landing machen, das wie ein Finger in die San Francisco Bay hineinragt, umgeben von Wind, Wasser und Marschlandschaften. Ein Bootsanleger rostet vor sich hin, ein paar Bäume stehen trotzig im Wind, zwei Männer angeln und aus dem hohen Gras huschen Streifenhörnchen.
Dann geht es weiter, vorbei an Entwässerungskanälen und Golfplätzen, auf denen Wildgänse grasen. Am Horizont starten Kleinflugzeuge und am Ende der Strecke warten ein paar Hügel, in denen angeblich tagaktive Eulen leben sollen. Da sage noch einer, das Silicon Valley sei nur ein langer Suburb mit einem Highway mittendrin.
![Drei Menschen auf knallbuten Fahrrädern, im Hintergrund eine grüne Android-Plastikfigur Drei Menschen auf knallbuten Fahrrädern, im Hintergrund eine grüne Android-Plastikfigur](https://taz.de/picture/1097923/14/IMG_0697.jpeg)
Als ich bei Google ankomme, ist schon Feierabend. Im Minutentakt fahren die silbernen Tech-Busshuttles vor, Einweiser brüllen die Endstationen und die Mitarbeiter steigen ein und fahren nach San Francisco in ihre 4.000-Dollar-Mietwohnungen. Auf dem Gelände, das mit seinen locker verteilten Gebäuden tatsächlich wie ein Campus wirkt, befinden sich jetzt vor allem Touristen. Sie fahren auf den kostenlosen Google-Bikes in den grün-blau-gelb-roten Firmenfarben und sehen darauf so lächerlich aus wie auf Kinderfahrrädern.
„Look.It’s pretty“, sagt eine Frau und zeigt auf eines der Gebäude. „You mean the Google logo?“, fragt ihr Begleiter. „Yes. Hey! It’s the reason why we’re here.“
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