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Kolumne MärchenSein Name war Wronsky

Bulletts over Vienna: Wie jemandem einmal wirklich total mulmig wurde (Teil II)

Was bisher geschah: Eine Studentin namens Corinna S. reist mit ihrer Freundin nach Wien, denn sie möchte dort gerne Theaterkarriere machen. Sie macht aber stattdessen die Bekanntschaft eines Unterweltbarons namens Wronsky, dem der Chefdramaturg des Wiener Volkstheaters noch einen Gefallen schuldet und der sie zu einer Reise nach Las Vegas einlädt.

Bild: privat

Corinna Stegemann ist Wahrheits-Redakteurin der taz.

Da nun diese Offerte recht verführerisch klang und Wronskys Geschäftspartner sich ja nun leider den Fuß gebrochen hatte und deshalb die Reise nach Las Vegas nicht selbst antreten konnte, sagte Corinna S. - nach einer kurzen Besprechung mit ihrer Freundin und nachdem sie sich vom Unterweltbaron abermals hatte versichern lassen, dass er ein Ehrenmann sei und keinerlei unzüchtige Hintergedanken hege - zu. Auf ging es!

Wronsky, der sich tatsächlich als sehr charmanter, wenngleich zurückhaltender Gentleman erwies, hatte eine großzügige Suite in einem der führenden Hotelcasinos gebucht. Morgens beziehungsweise mittags frühstückten die beiden Reisegefährten in den feinsten Lokalen, und die Abende gehörten dem unbeschwerten und ausgelassenen Zocken in den verschiedenen Spielpalästen und den Bühnenshowbesuchen von Stars wie Engelbert und Paul Anka. Allein die Nachmittage hatte sich der Unterweltbaron ausgebeten, allein verbringen zu dürfen, denn da musste er sich mit verschiedenen Leuten zu geschäftlichen Besprechungen treffen, die - wie er sagte - Corinna S. nur gelangweilt hätten.

Diese Nachmittage verbrachte Corinna S., indem sie immer wieder die paar Geschäfte des Strip durchstreifte oder drittklassige Varietés besuchte, die sie sich selbst leisten konnte. Als sich die erste Woche dem Ende neigte, eröffnete Wronsky Corinna S. eines Morgens, schon am nächsten Tag werde man aufbrechen und im gemieteten Le-Baron-Cabriolet die Reise nach Corpus Christi antreten, denn dort solle in den nächsten Tagen ein besonderes Hunderennen stattfinden, welches er sich aus verschiedenen Gründen live anzusehen wünsche. Corinna S. freute sich über die willkommene Abwechslung, denn dieses Las Vegas wurde ihr, wie sie sich ehrlich eingestehen musste, allmählich fad. Mehrere Tage sollte der Ausflug dauern, und fröhlich hüpfte Corinna S. am Morgen in das schöne Auto und ab ging die Fahrt.

Doch schon am Nachmittag des ersten Tages verfinsterte sich des Unterweltbarons Stimmung. Grimmig und brummig wurde er zunächst, dann maulfaul und nachdenklich, dann reagierte er auf die Versuche von Corinna S., ihn aufzuheitern oder zumindest den Grund für seine plötzliche, krasse Veränderung zu erfahren, mehr und mehr aggressiv, und am zweiten Tage schon sprach er schließlich gar nicht mehr mit ihr.

Corinna S. wurde verdammt mulmig zumute! Die Gedanken schossen ihr kreuz und quer durch den Kopf. Wer war dieser Mann eigentlich, dem sie sich schafsblöde und vertrauensvoll in die Hände gegeben hatte? Wer waren diese Leute, mit denen er sich nachmittags stets zu irgendwelchen dubiosen Geschäften traf? Waren sie wirklich auf dem Weg zu einem Hunderennen am Ende der Welt? Und wie hatte sie nur so dämlich sein können, zu denken, irgendein Wiener Unterweltbaron würde sie einfach so nach Las Vegas einladen und alles bezahlen, ohne was zu wollen? Zwar hatte er sich noch in Wien kritisch zu Waffen- und Menschenhandel geäußert, aber dass er auch illegalen Organhandel verabscheue, das hatte er freilich nicht explizit erwähnt.

Von den tausend Dollar, die Corinna S. für "den Fall der Fälle" mitgenommen hatte, war nicht mehr allzu viel übrig, und die Adresse und Telefonnummer einer entfernten Großtante in Chicago hatte sie längst verbummelt! Und vor ihnen lag ein Highway, der über hunderte von Meilen bisher schon durch menschenleeres und telefonzellenleeres Gebiet führte

Ob Corinna S. diesen Trip unbeschadet übersteht oder ob sie in die Hände der Organmafia fällt und wie es mit ihrer Theaterkarriere weitergeht - das erfahren Sie in zwei Wochen an dieser Stelle in der wirklich allerletzten Folge der Geschichte. Bleiben sie dran!

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