Kolumne Männer: Last of Famous International Playboys
Was ist heute sexistisch? Ich hätte da gerne eine klare Antwort. Aber wegen Madonna und Christina Aguilera bekomme ich keine.
M enschen brauchen Regeln. Rechts vor links. Erst die Unterhose anziehen, dann die Jeans. Und eine Frau nur zur Schwangerschaft beglückwünschen, wenn man sicher ist, dass sie schwanger ist (entschuldige bitte, Rebecca). Das Leben ist ja kompliziert genug. Deshalb freuen wir uns, wenn Dinge unseren Erwartungen entsprechen. Zum Beispiel der Playboy.
Am vergangenen Wochenende eröffnete Hugh Hefner den Playboy-Club London. 30 Jahre nach Schließung seines Vorgängers protestierten erneut Feministinnen. Die Aktivistin Anna van Heeswijk von der Gruppe Object urteilte: "Der Playboy-Club setzt Frauen zu flauschigen Tieren herab, die als sexuelle Spielzeuge für wohlhabende Männer verkauft werden. Es ist nicht stilvoll und kultiviert, Frauen durch Häschenkostüme zu sexualisieren und zu einem Gegenstand zu machen."
Da war wieder das beruhigende Gefühl klarer Regeln: hier die Guten, da die Bösen. Doch je länger ich überlegte, desto mehr verschwammen die Konturen. Nur einer Sache bin ich mir nach wie vor sicher: Es wäre sehr schlecht um mich bestellt, könnte ich mir einreden, dass es sich um einen Flirt handelt, wenn eine dafür bezahlte Frau mit Hasenohrhütchen mir ein überteuertes Getränk serviert.
MATTHIAS LOHRE ist Parlamentsredakteur der taz.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich hege wenig Sympathien für Männer, die einen Playboy-Club besuchen. In etwa so wenig wie für Menschen, die die "Rocky Horror Picture Show" mitsingen (entschuldige bitte, Rebecca). Ja, ich benutze nicht einmal gern das Bad nach ihnen. Einst mag der Playboy zu Recht Inbegriff gesellschaftlich akzeptierter Geringschätzung von Frauen durch Männer gewesen sein. Aber heute ist er eher der Johannes Heesters der Branche. Zum besseren Verständnis bitte bei Google das Suchwort Sex eingeben. Bei den dort zu sehenden Darbietungen kann Heesters froh sein, dass er fast blind ist.
Spätestens seit Madonna Anfang der 80er einen Gürtel mit dem Aufdruck "Boy Toy" trug, arbeiten ganze Industrien daran, die Grenzen zwischen Koketterie, feministischer Selbstermächtigung und schlichtem "sex sells" zu verwischen. 2002 etwa tanzte Christina Aguilera im Video zum Lied "Dirrty" halb nackt, verschwitzt und von einer Menge angefeuert in einem Boxring Kopulationsstellungen nach. Auf demselben Album ("Stripped") besingt sie in "Beautiful" die Schönheit jedes Menschen, unabhängig vom Äußeren. Bin ich froh, kein Teenager zu sein, der versucht, sich einen Reim auf die Erwachsenenwelt zu machen.
Macht all das den Playboy um einen Deut besser? Natürlich nicht. Aber Proteste gegen Häschenclubs verkennen, dass die Debatte über Männer, Frauen und deren Umgang mit Arten sexueller Erniedrigung verdammt kompliziert geworden ist. So zeigte eine Autorin des britischen Frauenmagazins The Frisky Sympathien für die Demonstrierenden, schränkte aber ein, wichtiger seien gute Arbeitsbedingungen für Clubmitarbeiterinnen. Und: "Viele Frauen, auch ich, wollen im Leben manchmal als sexuelle Spielzeuge betrachtet werden." Gott, bin ich froh, kein Teenager zu sein (entschuldige bitte, Rebecca).
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