Kolumne Macht: Der Umgang mit Trump ist falsch
Rechtschreibfehler, Russland-Affäre: Es wird nicht reichen. Wer Trump wirklich loswerden will, muss in die politische Auseinandersetzung gehen.
U nbegreiflich, dass Donald Trump noch im Amt ist – zumindest eine Reihe von Leitartiklern in Europa und in den USA scheinen fassungslos zu sein. Wo sie doch immer wieder schreiben, dass es nun aber wirklich, wirklich eng werde für den US-Präsidenten. Brandgefährlich, sozusagen. Letzte Woche haben sie das auch schon geschrieben. Vorletzte Woche ebenfalls. Und trotzdem hängt der Kerl immer noch im Oval Office ´rum. Wie kann das denn möglich sein?
Das kann möglich sein, weil die Opposition gegen Donald Trump – in Politik und Medien – derzeit seine Politik lieber skandalisiert statt sie inhaltlich zu thematisieren. Macht ja auch weniger Arbeit. Es ist viel mühsamer, Kritik an der Umweltpolitik des US-Präsidenten, an seiner Gesundheitspolitik und an seiner Steuerpolitik differenziert zu begründen als sich auf süffige Geheimdienstskandale, Korruptionsaffären und Rechtschreibfehler bei Twitter zu konzentrieren. Nur dass die halt nicht immer so sehr weit tragen.
Um die letzten Beispiele auseinander zu pflücken: Ja, vielleicht hat sich Donald Trump nicht hinreichend weit aus seinen Geschäften zurückgezogen. Möglicherweise sind deshalb Gewinne nicht legal, die seine Luxus-Unterkunft in Washington DC derzeit durch Buchungen ausländischer Regierungsdelegationen macht. Das dürfte allerdings eher Stoff für juristische Doktorarbeiten sein als für Schlagzeilen in Boulevardmedien.
Und die Russland-Affäre? Na ja. Egal, wie oft Trump in Überschriften mit Moskau in Verbindung gebracht wird: Es geht bei der mutmaßlichen Untersuchung seiner möglichen Verfehlungen nicht um Kontakte mit Russland, welcher Art auch immer, sondern um den Vorwurf einer Behinderung der Justiz. Konkret: um die Frage, ob er dem damaligen FBI-Chef James Comey nahelegen durfte, Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen.
Von Rot-Rot-Grün träumt die linke SPD-Politikerin Angela Marquardt. Hugo Müller-Vogg ist ein konservativer Publizist, den das gruselt. Dennoch verbindet beide eine fast 20-jährige Freundschaft. In der taz.am wochenende vom 17./18. Juni reden sie über die Freude am Streit und die gemeinsame Liebe zur „Lindenstraße“. Außerdem: Genau eine Bernsteinfischerin gibt es in Deutschland. Ein Besuch auf Rügen. Und: Nestlé verändert die Rezeptur von Maggi. Ein Rundgang durch die Welt der Geschmacksverstärker und Würzsoßen. Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.
Ja, vielleicht durfte er. Vielleicht auch nicht. Juristen in den Vereinigten Staaten streiten darüber. Worüber sie nicht streiten: Eine entsprechende Bitte wäre genauso legal oder illegal gewesen, wenn Flynn eines Raubüberfalls verdächtigt würde. Um verbotene Kontakte zu einer ausländischen Macht geht es in dem Zusammenhang also nicht. Die werden dem US-Präsidenten derzeit und noch immer nicht zur Last gelegt.
Gerade habe ich zwei Wochen in den USA verbracht, um die Stimmung in der Gefolgschaft von Trump zu recherchieren. Nein, das sind nicht alles Blödfrauen- und männer. Viele haben einfach einen sehr anderen Blick auf die Welt als die meisten Leute in Mitteleuropa. Und ausnahmslos alle sind wütend über Versuche, den Präsidenten auf eine Art und Weise aus dem Amt zu drängen, die sie als Taschenspielertrick empfinden.
Stimmt schon, die Umfragewerte von Donald Trump sind katastrophal schlecht, verglichen mit seinen Amtsvorgängern. Was aber auch stimmt: Es gibt einen soliden Sockel an Unterstützung, der allemal reichen wird, um innerhalb der republikanischen Partei nur Kandidatinnen und Kandidaten für die nächsten Kongresswahlen zu nominieren, die ihre Loyalität dem Präsidenten gegenüber bekunden.
Glaubt vor diesem Hintergrund irgend jemand ernsthaft, dass der Kongress ein Amtsenthebungsverfahren einleiten wird – und dass der Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, dem zustimmen wird? Das kann niemand glauben. Nach bisherigem Sachstand, wohlgemerkt. Natürlich sähe es anders aus, wenn Trump einräumte, täglich drei Demokraten zum Frühstück zu verspeisen. Aber so lange das nicht der Fall ist, dürften alarmistische Ankündigungen den Präsidenten eher stützen als ihm schaden. Eine Rückkehr zur politischen Auseinandersetzung ist überfällig. Da gibt es ja auch genug Angriffsflächen.
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