Kolumne Liebeserklärung: Pazifismus made in Germany
Ein Moor brennt, weil die Armee nicht mit Waffen umgehen kann. Mit dieser Truppe wird es nie mehr Krieg geben, der von Deutschland ausgeht.
A m Freitag hat der Kreis Emsland den Katastrophenfall ausgerufen. Womöglich muss die Gemeinde Stavern evakuiert werden – und das alles, weil die Bundeswehr es nicht lassen konnte, auf ihrer Wehrtechnischen Dienststelle 91 in einem Moor bei Meppen rumzuballern.
Bei der Dürre! In einem Moor soll man noch nicht mal rauchen, vor allem wenn es so trocken ist, aber vom Hubschrauber aus Raketen abfeuern, das schien aus Sicht der Armee schon klarzugehen. Seit dem 3. September brennt es deshalb im Moor. Denn es wurde nicht nur getestet, sondern es wurde danach auch erst einmal nicht gelöscht. Ein Löschfahrzeug fiel aus, ein zweites wurde gerade repariert.
Wenn es nicht so tragisch für Anwohner und Umwelt wäre, man müsste lachen. Aber – immerhin – man kann dem Ganzen auch etwas Gutes abgewinnen: Mit dieser Armee ist nicht nur kein Krieg zu gewinnen, mit dieser Armee ist generell kein Krieg zu führen! Die Bundeswehr ist Pazifismus made in Germany. Eine historische Ausnahme.
Und das ist ja nicht das einzige Problem der Bundeswehr: Es funktioniert so gut wie nichts. Laut einem Bericht, den die Bundeswehr im Februar dem Verteidigungsausschuss vorlegte, sollen damals nur 26 von 93 Tornado-Kampfjets, nur 16 von 72 Transporthubschraubern des Typs CH 53, nur 3 von 15 A400M-Transportflugzeugen, nur 5 von 13 Fregatten, nur ein U-Boot der Klasse 212 A und nur 39 von 128 Eurofightern einsatzbereit gewesen sein.
Die Zahl kampfbereiter Eurofighter wurde im Mai allerdings korrigiert: „Laut Insidern dürften derzeit nur rund zehn Eurofighter zu echten Einsätzen starten“, schrieb der Spiegel.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Bei der Bundeswehr dauert halt alles – Wartung und so – sehr, sehr lang. Bis diese Armee im Verteidigungsfall vom Zustand „Frieden“ auf Zustand „Krieg“ umgestellt hat, ist das ganze Land schon besetzt. Sollten sich Polizei und Schützenvereine nicht einmischen, würde kein Schuss fallen. Zum Glück. Wer weiß, wen diese Truppe treffen oder was sie in Brand setzen würde.
Frieden schaffen ohne Waffen, die Bundeswehr macht’s vor. Eigentlich müsste jeder friedensbewegte Mensch stolz auf diese Armee sein. Und jetzt hoffen wir mal, dass die Feuerwehr im Emsland der Bundeswehr den Arsch rettet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut