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Kolumne KulturbeutelDer Puck heißt Ball

Beim Bandy handelt sich um eine Mischung aus Fussball und Feldhockey – nur eben auf dem Eis. Eine kleine Geschichte über eine deutsche Schriftstellerin und the Great One.

11 gegen 11 und Abseits gibt´s auch – Bandy-WM 2012 in Kasachstan. Bild: dapd

M it dem Winter ist auch Bandy gegangen. Der letzte internationale Höhepunkt der abgelaufenen Saison war die Frauen-WM im sibirischen Irkutsk. Die Schwedinnen haben sie gewonnen. Aus Schweden kommt auch der Männerweltmeister im Bandy. Dieses Weltturnier fand schon Ende Januar im kasachischen Almaty statt. Was Bandy ist, das weiß hierzulande nicht jeder.

Deutschland gehört nicht zu den 29 Nationen, die im Weltverband, der Federation of International Bandy organisiert sind. Wer für Deutsche über Bandy schreibt, muss erklären, was es mit dieser Sportart auf Schlittschuhen auf sich hat. Dass dieser Sport innerhalb der letzten zwölf Monate gleich zwei Mal in deutschsprachigen belletristischen Erzeugnissen Erwähnung fand, darf durchaus als bemerkenswert bezeichnet werden.

Wenn Bandy in Josef Haslingers Roman „Jáchymov“ vorkommt, in dem es um das Verschwinden des tschechischen Eishockeyweltmeisterteams von 1949 in kommunistischen Gefängnissen und Lagern geht, ist das nicht weiter verwunderlich.

Haslinger beschreibt die Tschechen als Importeure des Eishockeysports nach Mittel- und Osteuropa und erzählt, wie tschechische Spitzenspieler Kollegen aus der Sowjetunion das schnelle Spiel beibringen. Im großen Bruderreich hatte der Eishockeysport lange keine Chance gegen Bandy, die andere Mannschaftssportart auf Eis.

Bild: taz
ANDREAS RÜTTENAUER

ist Redakteur im Sportressort der taz.

Der beste Scheibenspieler aller Zeiten

Dass dagegen Felicitas Hoppe in ihrem Buch „Hoppe“ dem Sport im Allgemeinen und Eishockey und Bandy im Speziellen eine so große Bühne bietet, das hat den literarischen Sportsfreund schon überrascht. In ihrer ausgedachten Kindheit wächst die junge Felicitas im kanadischen Brantford auf. Nebenan wohnen die Gretzkys, deren Sohn Wayne vom fanatischen Vater Walter zum Eishockeyspieler und zu dem gemacht wird, als der er später bezeichnet werden wird: the Great One, der beste Scheibenspieler aller Zeiten.

Hoppe schreibt: „Wayne sprintet im Garten hinter dem Haus seiner Eltern, den sein Vater mit Hilfe des Rasensprengers gleichmäßig flutet und zum häuslichen Eisring einfrieren lässt (’Warum im Park frieren, wenn es im Garten kalt genug ist?‘), zusammen mit seinen Geschwistern über leere Waschmittelbehälter, Bierdosen und umgestürzte Picknicktische, um den Puck im Flug zu nehmen und dahin zu bringen, wohin er gehört: ins Tor.“

Dass Gretzkys Papa eine eigene Eisbahn angelegt hat, kann man auch bei Wikipedia nachlesen. Dass Hoppe mit dem kleinen Wayne zusammen trainiert hat und selbst eine ganz gute Jugendspielerin war, steht da natürlich nicht. Stimmt ja auch nur für die literarische Figur Hoppe, die sich Felicitas Hoppe da ausgedacht hat. Von Bandy weiß die kleine Eishockeyspielerin da noch nichts.

„Richtige Tore für richtige Männer“

Die ausgedachte Hoppe muss dann irgendwann weg aus Kanada. Per Schiff zieht sie mit ihrem Vater nach Australien um. Auf der Passage auf einem Frachter versucht sie die Besatzung für den Eishockeysport zu begeistern. Das sind zum Großteil Russen – und die sind skeptisch.

Und jetzt kommt’s: „Bandy sei, behaupten jedenfalls die Russen, sowieso viel schöner, das Spielfeld nicht so lächerlich eng, sondern groß wie ein anständiges Fußballfeld, die Mannschaft auf elf statt auf sechs gerechnet, und das Tor nicht so mickrig, stattdessen richtige Tore für richtige Männer, so dass man nicht immer den Kopf einziehen müsse … Vor allem aber sei Bandy weit besser, weil der Puck kein Puck, sondern, wie es sich für jedes ernsthafte Spiel gehöre, ein Ball sei, mit einem Kern aus Kork, leuchtend gelb oder rot.“

Womit nun endlich auch die Leserinnen und Leser dieser Zeilen wissen, wie Bandy ungefähr funktioniert. In Australien dann begleitet die immer noch junge Hoppe ihren Freund Joey zu dessen Cricketspielen. Hier fühlt sich die Autorin nicht bemüßigt, zu erklären, wie denn dieser Sport funktioniert, „ein Spiel, das Joey, ein hochbegabter Bowler, der seit seiner frühen Schulzeit davon träumte, eines Tages Australiens bester Wicket Keeper aller Zeiter zu werden, mit größter Leidenschaft betrieb“.

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Andreas Rüttenauer
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