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Kolumne Jung und dummBlühende Landschaften

Adrian Schulz
Kolumne
von Adrian Schulz

Helmut Kohl ist wie Zugfahren: Beides hört niemals auf. Den Rest erklärt der Paulus-Brief an die Römer, beziehungsweise die Lyrik.

Nicht umsonst gehört Dr. Kohl nach Adorno und Luther zu den meistzitierten deutschen Geistlichen. Foto: dpa

M enschen sind bei schönem Wetter meist eine Zumutung. Eigentlich auch, wenn es regnet. Besonders schlimm spitzt sich die Lage beim Zugfahren zu. Gelegenheitsreisende nerven. Pendler genauso. Nur man selbst ist okay. Die Bahn ist kein Ort für das Streben nach Glück. Am Fenster der Raps – oder ist es Urin?

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„Wenn er durch die Diele stapft, sehr aufrecht und immer so, als hätte er ein festes Ziel, geraten die Holzbohlen in dumpfe Vibration“, schrieb der Arzt Hans Halter im Spiegel schon zu Lebzeiten andächtig. Gebannt im Sog von Kohl ist auch die Junge Union, die alle Karl-Marx-Straßen im Rhein-Main-Gebiet nach Helmut Kohl umzubenennen fordert, in einem Manifest namens „Ehre, wem Ehre gebührt“.

Das ist recht hübsch und stammt aus dem Brief von Paulus an die Römer. Nicht umsonst gehört ein viel zu lang belächelter Dr. Kohl nach Adorno und Luther zu den meistzitierten deutschen Geistlichen (Quelle: Fleischerei-Magazin). Er hat uns alle erlöst. Soll aber nun ganz Frankfurt geflutet werden, damit die fünf Millionen Arbeitslosen reinspringen können? Und wäre es nicht praktischer, einfach gleich Marx in Kohl umzutaufen? Namenswechsel ist doch eine deutsche Spezialität – von „Antisemit“ zu „Israelkritiker“, von „Hitler“ zu „Rommel“, von „Wehrmacht“ zu „Opa“.

Die Fusion von CDU und Kommunismus bietet nicht zuletzt ungeahnte Möglichkeiten für die Blumenindustrie. „Und du musst mich begraben / Unter dem Schatten einer schönen Blume“, heißt es im Arbeiterlied „Bella Ciao“. Alle Menschen sind Sünder, schreibt Paulus dann übrigens auch noch.

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Absurde Koffertetris-, Gangvorrang-Ausweichlogik- und Verständnisrochaden, über Stunden geht das so. Entkommen unmöglich – wer einmal aufsteht, ist verloren, verirrt sich fortan zwischen Wagen und Welten, verfängt sich in Schleifen. Mit der Wucht von zwanzigtausend Jahren sauerländischer Erdgeschichte bringen beleidigte Rentner gebutterte Brote in Stellung zum Wurf.

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Vergessen Sie alles, was Sie wissen. Dann können Sie immer so tun, als hätten Sie alles schon gewusst, aber nur vergessen.

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Gnade der späten Geburt

Ich bin so jung, die Landschaft blüht, der Walter klingelt – Wut!

Kai Diekmann lacht, der Orbán weint, ach, Deutschland find ich gut

Ich bin so jung, dass deine Mutter meine Mutter schlägt

Weil die ihr Hundescheiße in den Kinderwagen legt

Ich bin so jung, ich darf noch nicht mal Kinderpornos schauen

Wenn ich groß bin, werde ich dich ganz, ganz dolle hauen

Ich bin so jung, dass Helmut Kohl mein Adolf Hitler ist

Rein altersmäßig – Doktor Kohl: natürlich kein Faschist

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Adrian Schulz
Freier Autor
Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ja wie? - have a look at - Aber Hallo! - ;)) https://twitter.com/grosserbizeps

     

    Grosserbizeps - Der gemeinsame Nenner - kerr!

    Nu. Für dieses eklektisch Linsengericht. Newahr.

     

    "...Linsengericht bezeichnet im übertragenen Sinne eine momentan verlockende, in Wahrheit aber geringwertige Gabe im Tausch für ein sehr viel höherwertiges ..."*

    kurz - Was ist hier- Ein "ein sehr viel höherwertiges"?!;))

     

    * "...biblische Erzählung (Gen 25,29–34 EU), der zufolge Jakob, der jüngere Sohn Isaaks, seinem älteren Bruder Esau dessen Erstgeburtsrecht gegen einen Teller Linsen abkaufte, als Esau erschöpft von der Jagd heimkehrte. Die Mahlzeit wird im Textabschnitt zunächst nur als „so etwas Rotes“ (הָאָדֹם ha-ādom) bezeichnet, der Ausdruck „Linsengericht“ (hebräisch: נְזיִד עֲדָשׁיִם nəzīd ʕădāšīm) kommt erst im letzten Vers wörtlich vor (Gen 25,34 LUT). Aufgrund der roten Farbe des Gerichtes wird Esau in der betreffenden Bibelstelle als Urvater der Edomiter (אֱדוֹם ědōm) bezeichnet. ( Ja Ja - Rote Linsen - Rote Socken etc -;)

     

    In Albert Lortzings Singspiel -

    Der Waffenschmied - wird dies humoristisch aufgegriffen:

     

    "Die Dummheit bietet selten Zinsen,

    sonst leistete ja Esau nicht

    für einen Teller dicker Linsen

    auf seine Erstgeburt Verzicht." https://de.wikipedia.org/wiki/Linsengericht_(Bibel)

     

    Jau. Da mähtste nix.

    Normal.

  • Wie immer wieder in der Taz, die Gleichstellung von Israelkritik mit antisemitismus. Schon mal Schlomo Sand gelesen?

  • War das jetzt Resteverwertung von unpublizierten Artikeln?

    • @Frank Stippel:

      Danke für diese Frage.

      Resteverwertung wohl.