Kolumne Ich meld mich: Sorry dafür, Leute
Griechenland, Nepal, Spanien – Reisen verbindet. In der Regel. Aber manchmal trennt auch so einiges, das man erst später versteht.
G riechenland, 60er Jahre. Schon am ersten Tag finde ich auf der Insel Egina ein nettes Restaurant. Gutes Essen, ein freundlicher Wirt, und immer sitzen ein paar Männer herum, die bei Daimler gearbeitet haben. Erst am letzten Abend wage ich mich in die laute, verrauchte Spelunke am Ende des Kais.
Dort komme ich mit einem jungen Seemann ins Gespräch. „Wir haben uns schon gewundert“, sagt er. „Lange Haare, komische Klamotten, auch am Gefängnis bist du ein paar mal vorbeigewandert – und dann sitzt du die ganze Woche in der Kneipe der Faschisten herum.“
Nepal, 90er Jahre. Das Land steckt in einer schweren Krise, Touristen bleiben fern. Auf dem Durbar Square in Kathmandu sitzen die Souvenirverkäufer ratlos hinter ihren Gebetsmühlen, Dolchen und bestickten Westen. Ein junger Mann zieht mich ins Gespräch, er hat eine bunte Holzfigur, die mir gefällt. Halbherzig beginne ich zu handeln – ich sehe es eher als Test.
Aus halbwegs akzeptablen Rupienhöhen handle ich ihn in schwindelerregende Tiefen – bis er irgendwann nur noch empört den Kopf schüttelt, aber nicht aufgibt. Ich bestehe auf meinem Preis, der nur noch symbolisch unter seinem liegt – kaufe aber, als er nicht darauf eingeht, doch zu seinem. Umgerechnet zahle ich 40 Pfennig. Die Verabschiedung ist nicht herzlich.
Spanien, 70er-Jahre. Ich mache halt in einer Kneipe im Baskenland, bestelle Wein und beginne mit den Männern zu radebrechen. „Ah, Alemán“, sagt einer – Deutscher also. Dann redet er sehr temperamentvoll auf mich ein. Das Einzige, was ich mit meinem rudimentären Spanisch verstehe, ist „Legion Condor“. Habe ich irgendwo schon mal gehört. Strahlend bestätige ich: „Legion Condor, sí.“ Jetzt dreht er durch und brüllt los: „Legion Condor, que?“ – „Sí, Legion Condor“ – und würden die anderen ihn nicht zurückhalten und mich schnell zur Tür hinausschieben, käme es zu einer Schlägerei.
Der Ort, lerne ich später, liegt wenige Kilometer von Guernica entfernt. Das 1937 von der deutschen Legion Condor bombardiert worden war.
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