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Kolumne HabseligkeitenUnterwegs auf grünen Gewässern

Kolumne
von Natalie Tenberg

Fruchtlos und frustrierend: Wie es sich anfühlt, ein Boot zu besitzen.

D as Boot ist weg. Beziehungsweise: Es ist nicht weg, es ist nur woanders. Zu meiner großen Freude. Denn von allen Dingen, die man sich anschaffen kann und deren Besitz einen im Laufe der Zeit immer weiter zermürbt, ist es ein eigenes Segelboot im falschen Revier.

Dabei hatten wir es uns so schön ausgemalt. Im Sonnenschein würden wir über die Havel jagen, der weiße Spinnacker sollte sich im Wind blähen, während wir ab und ab an einer Strippe zögen. Oder sagen wir: Es war meine Vorstellung, aber ich komme auch aus NRW und hatte keine Ahnung. Mein norddeutscher Mann fütterte mich über Jahre mit kleinen Segelausflügen nach Brandenburg an, so dass ich am Ende wirklich glaubte, mein Glück läge irgendwo zwischen GFK-Rumpf und Verklickerer eines Internationalen Folkeboots.

Bevor das Boot mit einem Kran zu Wasser gelassen wurde bildeten wir eine Eignergemeinschaft mit drei Parteien. Wenn wir alle zusammen wären, dachten wir, würde es richtig behaglich. So war es auch, wenn es denn nur dazu kam. Bei unserem ersten richtigen Segelausflug wir hatten ein Bordbuch angeschafft, Sekt eingepackt und Kartoffelsalat, kletterten wir mit Mann und Maus vom Steg an Bord, hievten die Kinder in ihren Schwimmwesten hinein, ein Schlauchboot, Geschirr, Besteck, Gläser und legten ab. Es kam gleich ein Gefühl auf, als führe man nachmittags um halb fünf auf die Berliner Stadtautobahn oder auf den Ruhrschnellweg. Wir mussten aufpassen, dass wir den Kurs hielten und in niemanden hineinfuhren. Das war nicht einfach, denn einmal kam der Wind von der einen Seite, mal von der anderen und in Höhe des Grunewalds wehte gar keiner mehr, an dieser Stelle herrschte Flaute. Immer. Wir dümpelten auf dem grünlichen Wasser, das gar nicht mehr so aussah, als wolle man sofort reinspringen und baden. Unter Deck herrschten tropische Temperaturen, der Motor, den wir häufiger anwarfen als gedacht, lärmte.

Bild: taz
Natalie Tenberg

ist tazzwei-Redakteurin.

Der einzige Eigner, der auf die Pflege des Boots geachtet hatte, zog in die Schweiz, damit waren wir nur noch zwei Parteien. Spinnen nisteten sich an Bord ein, die Kabine war zu einem Pfandflaschenlager verkommen. An einem der wenigen windstarken Tage riss das Segel. Wir brauchten neue, wir mussten allerlei umweltschädliche Unterwasseranstriche kaufen, wir mussten Schrubber besorgen, den Mast stellen und dafür bezahlen. Es kostete zwar nicht mehr pro Monat, das IF-Boot zu betreiben, als es die Mitgliedschaft im Fitness-Studio getan hätte. Aber es war ähnlich fruchtlos und dazu noch frustrierend. Dann zog der zweite Eigner nach England und mein Mann war plötzlich der Einzige, der etwas vom Segeln verstand.

Als ich das Boot am Wochenende nach langer Zeit wieder sah, gefiel es mir trotzdem. Es fuhr gerade mit zwei neuen Miteignern am Lübecker Holstentor vorbei in Richtung Ostsee. Dort liegt es nun in einem Hafen in der Nähe des Strands, große Fähren nach Skandinavien rauschen vorbei, es gibt wenig Gegenverkehr und viel Wind. Vielleicht liegen wir bald unter dem aufgeblähten Spinnacker in der Sonne. Sonst gibt es immer noch Ebay.

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