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Kolumne G-nervtDie Welt behält ihr Gleichgewicht

Kolumne
von Alexander Nabert

Vielleicht werden nach dem G20-Gipfel in der Roten Flora die Sektkorken knallen. Aber erfolgreich werden Linke nicht sein.

Wäre „die Macht“ besser, wenn sie sich nicht in Szene setzen würde? Foto: dpa

E s bringt doch alles nichts. Seit Wochen mobilisiert die radikale Linke zu Protesten gegen den G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg. Mit allem, was dazu gehört: Plakate, Sticker, Graffiti, Vorträge, Facebook-­Videos, Twitter-­Accounts, Hashtags, Aktionstrainings, Brand­anschläge. Das volle Programm. Recht routiniert geht es da zu, in der radikalen Linken. Scheint so, als sei ihr die Spontanität endgültig abhanden gekommen. Man macht das halt so.

Eigentlich falle ich in die Zielgruppe. Ich kann halbwegs schnell laufen und halte nicht besonders viel vom Kapitalismus. Doch was soll der Protest bringen? Auf der Webseite von „Block G20“, einer Initiative, die mittels zivilem Ungehorsam und Blockaden gegen den Gipfel vorgehen will, kann man lesen: „Unser Ziel ist es, den Ablauf des G-20-Gipfels spürbar zu stören und die Inszenierung der Macht, die der Gipfel darstellt, zu brechen.“

Es drängt sich die Frage auf, ob „die Macht“ besser wäre, wenn sie sich nicht in Szene setzen würde. „Wir handeln in der Tradition von Block G 8 aus Heiligendamm, Dresden Nazifrei, Castor schottern, Ende Gelände oder Blockupy“, heißt es im Aufruf.

Sieht man von Dresden Nazifrei ab, hat nichts davon irgendetwas geändert. Wobei, doch – Blockupy hat immerhin dem Auftragsbuch von Carglass ein paar neue Einträge beschert. Der routinierte Protest, der sich radikal gebärdet, bleibt ansonsten folgenlos. Der Berliner Künstler Grim104 rappte einmal: „Egal, wie viel Flaschen wir auch schmeißen / Es ändert nichts / Egal, wie hart wir pogen / Die Welt behält ihr Gleichgewicht“.

Alexander Nabert verkauft seine Arbeitskraft in Berlin, meist an Publikationen wie die Jungle World oder die Jüdische Allgemeine. Er schreibt im Wechsel mit Leyla Yenirce.

Die Politik der Gipfelteilnehmer wird sich nicht ändern und der Kapitalismus nicht in sich zusammenbrechen. Selbst dann nicht, wenn superkritische Manifeste direkt vor dem Tagungsort von brennenden Barrikaden verlesen würden oder die Limousinen der Staatschefs wegen Blockaden etwas Verspätung hätten. Aber es geht ja auch nur darum, die „Inszenierung“ zu „brechen“. Also im besten Fall darum, dass neben Gipfel-Händeschütteln auch ein wenig Demo-Geschehen in der „Tagesschau“ gezeigt wird.

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1 Kommentar

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  • Werter Alexander Nabert ...

     

    Sie haben es sich aber schon richtig bequem gemacht in Ihrem von oben verordneten Laufstall. Spalte und herrsche, altes Prinzip. Und was kann man schon machen, die machen ja eh, was sie wollen. Die "Macht" wäre natürlich nicht besser, wenn sie sich nicht in Szene setzen würde. Aber dem Steuerzahler würden gut 400.000 Millionen an Kosten erspart (Toronto hatte 380.000 Mio. gekostet). Eine Stadt wäre nicht im Ausnahmezustand. Etliche gewollte Provokationen gäbe es nicht. Aber das gehört dazu bei einer Testphase für die Konflikte der Zukunft, wie auch schon bei der vergangenen OEZE-Konferenz. Und da klassifiziert selbst das Manager Magazin das sogenannte "Festival der Demokratie" als eher eine Rüstungsmesse. Kurzum und weil dieser, Ihr Kommentar ein wenig innerlich müde und hilflos macht: Sie könnten und sollte es besser wissen.