Kolumne Fußball im Eishockeyland: Türen sind zum Öffnen da
Kanadier schließen ihre Türen nicht ab und finden Curling cooler als Fußball. Alles nur ein Klischee? Nein. Ein Bericht aus Ottawa.
A ußerhalb von Kanada weiß man über Kanada eigentlich nur, dass die Einwohner ihre Türen nicht abschließen, lässiger sein und Eishockey spielen sollen. Tatsächlich ist es so, dass sie ihre Türen nicht abschließen, ganz lässig sind und neben Eishockey auch noch gerne Curling spielen.
Trotzdem behaupten hier ständig alle, dass Fußball unter Kindern und Jugendlichen die Sportart Nummer 1 sei und 40 Prozent aller Fußball spielenden Jugendlichen Mädchen. Der Doku-Film „Goals for Girls“, der vor einigen Tagen im ByTowne Cinema in Ottawa Premiere hatte, war zwar ausverkauft.
Die Mädels, die in dem kleinen Programmkino saßen, waren aber bei 30 Grad im Schatten gekommen, weil ihre Vereine den Eintritt bezahlt hatten und es Popcorn mit heißer Butter überschüttet und in XXL-Tüten gab. Die angekündigte Panel-Diskussion fiel aus, weil alle aus dem Kino rannten – das Popcorn war leer.
Zurück zu den Türen. Dass die nicht abgeschlossen werden, liegt daran, dass es so etwas wie Schlüssel nicht gibt. Auch Fahrradschlösser gibt es nur mit Zahlenschloss. An den Eingangstüren der Häusern hängen dafür kleine Kästen, in die man einen Code eingeben muss, damit sich die Tür öffnet. Aber so wie andere Leute ihre Schlüssel vergessen, vergessen die Kanadier eben ihren Code.
Wer sich in Sachen Frauenfußball und Fifa nicht hinters Licht führen lassen will, sollte vom 6. Juni bis zum 5. Juli 2015 unbedingt die taz lesen. Wir berichten täglich auf ein bis zwei Seiten nicht nur übers Geschehen auf dem Platz, sondern auch über Hintergründiges, Politisches, Schrilles und Schräges.
Gerade wegen des aktuellen Fifa-Skandals wollen wir genau auf diese WM schauen. Vor Ort macht das taz-Redakteurin Doris Akrap, in Berlin kümmern sich Johannes Kopp (Sportredakteur), Martin Krauss (Pauschalist), Ronny Müller (Volontär), Richard Noebel (Layout), Sebastian Raviol (Praktikant), Andreas Rüttenauer (Chefredakteur) und Markus Völker (Sportredakteur) um die Fußball-WM.
Das führt zu skurrilen Szenen wie der, dass das Pärchen, bei dem ich wohne, sich bei mir jeden Morgen dafür entschuldigt, dass die Türe wieder offen stand und behauptet, sie hätten sich jetzt wieder an den Code erinnert. Dann gehen sie mit mir vor die Tür, schließen sie und wollen mir zeigen, wie ich die Türe öffne, wenn sie denn mal geschlossen ist. Aber ich weiß es immer noch nicht. Denn jeden morgen muss ich, vor der Türe stehend, hören: „Mist. Schon wieder vergessen.“
Dann gehen wir gemeinsam einmal ums Haus rum und durch das sowieso immer offen stehende Gartentor wieder ins Haus rein, öffnen die Haustür von innen und lassen sie sperrangelweit auf stehen.
Den Schutz vor Einbrechern gewährt aber scheinbar sowieso das Auto vor der Haustüre. Um so kleiner das Kolonialhäuschen in Ottwa, umso größer das Auto, das davor steht. Hat man kein Auto, parkt man den Eingangbereich des Hauses mit riesigen Kinderwagen zu. Fußbälle habe ich in Vorgärten noch nicht gesehen. Dafür Bügeleisen. Damit bügeln die Kanadier aber nicht, sondern spielen Curling.
Am „Tag der offenen Türe“ letztes Wochenende in Ottawa hatten Kirchen und Curling-Vereine für sich Werbung machen wollen. Vor den Kirchen und Vereinen dieser Stadt stehen allerdings jeden Tag große Schilder „Our doors are open“.
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