piwik no script img

Kolumne Fußball-WissenschaftWarum nicht die Besten?

Manfred Kriener
Kolumne
von Manfred Kriener

Einfach mal die stärkste Elf aufstellen? Die Spieler auf der Position spielen lassen, die ihnen am besten liegt? Kommt deutschen Trainern nicht in den Sinn.

„Jogi, heute mal die beste Elf aufstellen?“ – „Ach Hansi, das ist doch langweilig.“ Bild: dpa

N atürlich können wir gegen die USA mit neun Innenverteidigern plus Müller und Neuer antreten. Wir könnten aber auch mit der spielerisch attraktivsten Elf aufs Grün traben. Die wichtigste Maßnahme: Philipp Lahm muss als Sechser weichen.

Kapitale Böcke gegen Portugal und ein „schwarzer Tag“ (Mehmet Scholl) gegen Ghana haben gezeigt, dass ausgerechnet der unumstrittenste deutsche Spieler in dieser Konstellation keine Topleistung bringt. Ist es verboten, den besten Außenverteidiger der Welt endlich dorthin zu stellen, wo er noch nie enttäuscht hat und wo die Unsrigen ohnehin kränkeln – auf seinen angestammten Posten?

Schweinsteiger stellt sich nach seinem eindrucksvollen Kurzauftritt gegen Ghana von selbst auf, weil er schon mit seiner Präsenz punktet. Gemeinsam mit Toni Kroos wäre das ein eingespieltes Sechserduo. Dass Khedira eine Pause braucht, scheint klar. Davor Müller, Özil, Götze und Miroslav Klose als echter Neuner. Und natürlich Kevin Großkreutz für Höwedes. Nur weil einer nächtens in die Hotellobby uriniert, ist er kein schlechter Spieler. Und jede gute Mannschaft braucht einen Kevin, mit schwierigem Charakter und Blasenproblem.

Zugegeben: Diese Elf wäre richtig fett offensiv. Dennoch ist dies eine naheliegende Aufstellung. Die Krux: Das Naheliegende ist schon deshalb falsch, weil deutsche Trainer seit Sepp Herbergers 1954er Finte gegen Ungarn immer den Geniestreich suchen, den strategischen Schachzug fürs Geschichtsbuch, wie Löw bei der Europameisterschaft gegen Italien.

Einfach die spielerisch beste Elf auf ihren Stammplätzen aufbieten, hat das Aroma von Routine statt von Genialität. Aber vielleicht fällt Löw gegen die Amis ja nichts Geniales ein. Oder er hebt sich seinen Coup fürs Achtelfinale auf. Oder – was sich in Interviews andeutet – die Mannschaft sorgt mit sanftem Druck dafür, dass sich die fußballerische Restvernunft durchsetzt und Schweinsteiger und Klose in die erste Elf aufrücken. Das wäre genial!

Der Autor führte 1983 in der taz die „Leibesübungen“-Seite(n) ein. Wir danken bis heute.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Manfred Kriener
Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Super! Mal wieder ein Hilfsbundestrainher mit allen Antworten, der zu dem (nicht ganz neuen) Schluss kommt, dass die Nationalmannschaft mehr Offensiv-Power braucht. Im Schnitt drei Tore pro Spiel bei unangenehmer Anfälligkeit in der Hintermannschaft sind natürlich auch ein Problem, das man NUR mit einem schlagkräftigen Mittelstürmer und möglichst angriffslustigen Flügelflitzern lösen kann...

     

    Dass Lahm in den vergangenen beiden Spielen nicht seine gewohnte Fehlerlosigkeit an den Tag gelegt hat, stimmt vielleicht. Aber er spielt auch jetzt da, wo das Spiel aufgebaut wird und die Nummer "Supersicher" nicht ganz so gefragt ist. Außerdem ist eben auch ein Philipp Lahm nicht zwangsläufig immer in Höchstform, egal wo er spielt. Und dann noch eine Frage, die sicher ein Löw entschieden besser beantworten kann, als ein Couch-Coach: Kann Lahm auch in Recife und nach dieser langen Saison das Laufpensum absolvieren, das seine Interpretation des Außenverteidigers nun einmal mit sich bringt? Dieselbe Frage gilt für den teil-fitten Schweinsteiger und SEINE ebenfalls sehr laufintensive Interpretation der Sechs.

     

    In einem Punkt haben Sie Recht: Wenn löwsche Taktik-Finessen danebengehen, dann meistens gegen Teams wie die USA, die mehr als Mannschaft glänzen als als Hilfsensemble für einen Überspieler. Aber ansonsten gilt: Wer machen soll, muss auch machen dürfen und braucht keine Bevormundung aus der Etappe.

     

    Kleine Abschlusspolemik:

    Beim Bundeskevin besteht unter diesen klimatischen Bedingungen die Gefahr, dass sein Hirn überhitzt und die Funktion einstellt. Den Theoretikerstreit, wie groß diese Gefahr wirklich ist und ob ein Totalausfall des Großhirns seine Spielfähigkeit überhaupt nenneswert einschränken würde, sollte man besser unter weniger entscheidenden Bedingungen austragen... ;-)

  • Schön zu sehen, dass sogar in der taz einmal ein strenges Leistunsgprinzip gefordert wird. Es besteht Hoffnung, dass sich die Einsicht durchsetzt, dass man in jedem Bereich die Besten braucht, um Erfolg zu haben.

  • Ich habe noch kein wmSpiel gesehen. Aber Grosskreutz für Höwedes?? Ich piss die Wand an - UNVEU