Kolumne Frauen: Knabbern an der SonyEricsson-Gurke
Eine mir nahe stehende coole Person hat jetzt ein iPhone. Die Welt ist ungerecht! Ich will auch eins!
D ie Zukunft dieser Zeitung will es, dass ich mich ab dieser Kolumne kürzer fasse. Das war noch nie meine Stärke, aber ich werde mein Bestes geben, hilft ja alles nichts. In Zeiten der Krise muss man eben mit weniger zufrieden sein, aber genug der Vorrede, sonst ist die Kolumne vorbei, bevor sie angefangen hat. Also: Meine Mut… - oder sagen wir aus Diskretionsgründen besser: eine mir nahe stehende coole Person, die ungern in der Öffentlichkeit steht, hat jetzt ein iPhone. Die Welt ist ungerecht! Ich will auch!
David Denk ist Redakteur im taz-Medienressort.
Die Frechheit daran ist allerdings weniger, dass sie jetzt ein iPhone hat, sondern wie sie darangekommen ist. Nein, es ist kein Geschenk von Steve Jobs, so übel hat das Schicksal mir nun auch wieder nicht mitgespielt. Meine Mut… hat es gekauft, weil sie ein neues Handy brauchte, nachdem ihr altes geklaut wurde. Sagt sie. Meine Vermutung ist eher, dass sie es - um's vornehm auszudrücken - verlegt hat. Genau wie meinen ihr anvertrauten Wohnungsschlüssel, der seit Monaten unauffindbar ist. Vorausgesetzt, meine These stimmt, hat meine Mut… sich also für ihre eigene Schusseligkeit belohnt. Und mir gleich freudestrahlend erzählt, was ihr neues Telefon alles Tolles kann. Nach eigenen Angaben hat sie es sogar geschafft, ihre Kontakte und Termine mit ihrem PC-Notebook (welch Frevel!) zu synchronisieren. Ganz alleine. Auch daran habe ich so meine Zweifel, weil meine Mut… auf ihrem alten Handy noch nicht mal erkennen konnte, wer sie anzurufen versucht hat (wobei eine Teilschuld sicherlich auch ihren hässlichen und schrecklich zu bedienenden Möchtegern-Blackberry trifft).
Sollte meine Mut… allerdings tatsächlich ihr iPhone eigenhändig in Betrieb genommen haben, hat sie dem Kollegen STG etwas voraus, der zwar ein iPhone hat, es aber nicht benutzt und darauf wartet, dass eine viel beschäftigte Nachbarin ihn bei Gelegenheit einweist. So lange wartet es in seiner Schachtel darauf, wachgeküsst zu werden wie Dornröschen im Turmzimmer (Auf den Vorschlag, es mir einfach zu schenken, ist der Kollege leider nicht eingegangen).
Wenn ich U-Bahn fahre, ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich neidisch auf die iPhones der Umsitzenden schiele. Das ist mir selber ganz peinlich, aber ich kann diesen Reflex einfach nicht abstellen. Ich glaube, so müssen sich Frauen fühlen, die mit ihrer H & M-Tasche jemandem gegenübersitzen, dem eine Hermes-Tasche auf den Knien thront.
Als ich 2007 in den USA war, habe ich mir einen iPod Touch gekauft, der zwar ganz schick ist, allerdings auch nicht mehr als ein kastriertes iPhone, telefonieren muss ich immer noch mit meiner SonyEricsson-Gurke, deswegen wollte ich mir, als ich neulich wieder drüben war, ein iPhone kaufen, was ich dann aber gelassen habe, weil die Reise eh schon teuer genug war und ich mir stattdessen lieber ein paar Klamotten gekauft habe.
Und außerdem bin ich doch sowieso eher ein Typ, der sich über innere Werte definiert.
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