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Kolumne Digitale SicherheitIhr Schatten im Internet

Das Smartphone hört mit, Suchmaschinen sammeln Daten. Die Berechtigung geben viele Nutzer*innen selbst. Über digitale Fußabdrücke und Datenverfolgung.

Gewusst wie: Der Storch steht nicht unter Überwachung (Symbolbild) Foto: dpa

Im Gespräch mit Freund*innen erwähnen Sie, dass Ihr Zahn wehtut, eine Stunde später sehen Sie auf Ihrem Smartphone Werbung einer Zahnärztin. Artikel zu einem Thema, das Sie im Netz recherchiert haben, tauchen später auf den Seiten der sozialen Medien wieder auf, bei denen Sie sich einloggen. Ein soziales Netzwerk bietet Ihnen eine Person, deren Nummer Sie im Telefon gespeichert haben, als „Freundschaftsvorschlag“ an.

Sie finden den Gedanken, dass all dies von einem smarten Verfolgungsmechanismus veranlasst wird, übertrieben? Das ist er keineswegs, wir alle werden von einem unglaublichen und ebenso gefährlichen Datensammelnetz beobachtet. Diese Aktivitäten von Staaten und Unternehmen im digitalen Umfeld werden insgesamt als „Datenverfolgung“ bezeichnet.

In einem Land wie der Türkei, wo die durchschnittliche tägliche Internetnutzungsdauer sechs Stunden pro Person beträgt und völlig ungewiss ist, wie die im Internet gesammelten Daten vom Staat und von den Unternehmen geteilt und verwertet werden, ist unverzichtbar, dass wir uns Gedanken über den digitalen Fußabdruck machen, den wir im Netz hinterlassen.

Um an einem praktischen Beispiel zu sehen, wie ernst die Sache ist, können Sie über diesen Link in Ihr Google-Konto gehen und die Daten herunterladen, die Sie bei Google allein aufgrund Ihrer dortigen Suchen hinterlassen haben. An die Daten, die Facebook über Sie gesammelt hat, kommen Sie über die Schritte unter diesem Link. Falls die Ausmaße dieser Datensammlungen Sie nicht interessieren, können Sie einen Blick auf die Statistiken werfen, die Google mit Staaten teilt, oder auf die Datennutzungspolitik von Facebook. Dabei darf nicht vergessen werden, dass diese Beispiele lediglich die sichtbare Spitze des Problems sind.

Ihr Telefon hört mit

Einen Teil der Daten, die bei der Nutzung des Internets produziert werden, geben User*innen aus eigenem Willen aktiv heraus. Darüber hinaus gibt es aber auch noch Informationen, „passive Daten“ genannt, die Nutzer*innen beim normalen Surfen im Netz hinterlassen, ohne es zu merken. Bei diesen Informationen handelt es sich zum Beispiel um beim Surfen besuchte Seiten, Verweildauer auf bestimmten Abschnitten dieser Websites, Suchgewohnheiten, Marke und Modell des Geräts, mit dem man im Netz unterwegs ist.

Mit dem Fortschritt der Technologie werden die Methoden, mit denen diese passiven Daten gesammelt werden, komplexer. Beispielsweise basiert sehr viel Werbung, die uns eingeblendet wird, auf einem Lauschangriff von Apps auf unserem Telefon, denen wir die Genehmigung erteilt haben, das Mikrofon zu benutzen. Per Augenscan über die Kamera an unseren Smartphones wird gemessen und kontrolliert, ob wir in den sozialen Medien geteilte Links tatsächlich anschauen und wie viele Sekunden wir das tun. All diese Daten basieren also auf den Zugriffen, die wir den Apps auf unseren Geräten erlauben. Aus genau diesem Grund ist es meist nicht möglich, rechtlich gegen die Unternehmen vorzugehen, die diese Daten sammeln.

Die Daten werden zusammengefasst, daraus werden Profile über Verhalten, Konsum- und Kommunikationsgewohnheiten von Personen erstellt. Diese Profile werden zwecks Marktoptimierung und Entwicklung personifizierter Werbesysteme an Unternehmen verkauft. Das hat derartige Ausmaße angenommen, dass wir Datenhandel heute als Branche bezeichnen können. Aus den Internetaktivitäten erstellte digitale Fußabdrücke und persönliche Profile werden zu Entscheidungskriterien in zahlreichen Bereichen, etwa bei Bewerbungen um einen Arbeitsplatz oder bei Schadensersatzforderungen von Versicherungen.

Dass Staaten in Sachen Datensammlung hinter privatwirtschaftlichen Unternehmen hinterherhinken, schwächt die politische Dimension des Problems keineswegs. Auf der einen Seite haben wir ein neoliberales Staatsmodell, das seine sozialen Verpflichtungen anhand von privaten Unternehmen und mithilfe von Marktmechanismen erfüllt, auf der anderen Seite bilaterale Abhängigkeiten zwischen Markt und Staat; daneben steht die Zusammenarbeit zwischen sich zunehmend digitalisierenden Staaten mit demselben Wirtschaftsmodell.

Wie Sie Ihren digitalen Fußabdruck klein halten

Was können Sie nun dagegen tun, dass ein digitaler Schatten Ihres Lebens im Internet von Hand zu Hand geht? Der erste und wichtigste Schritt ist es, sich darüber im Klaren zu sein, dass man bei jedem Schritt im Internet Daten produziert. Um in diesem Rahmen Ihren digitalen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten, können Sie folgende Empfehlungen beherzigen:

Statt Unternehmen wie Google zu nutzen, die die Industrie dominieren und bei allen angebotenen Dienstleistungen Datensammlungen anlegen, können Sie Suchmaschinen und Kommunikationsdienste wie Posteo, Riseup oder duckduckgo verwenden, die mehr Wert auf Privatsphäre und Sicherheit legen.

Wenn Sie Ihre vorhandenen Accounts nicht stilllegen können, können Sie bei Google und Facebook die Löschung der über Sie gesammelten Daten beantragen.

Vor allem auf Ihrem Smartphone verlangen Apps den Zugriff auf verschiedene Anwendungen Ihres Geräts. Hier können Sie mit Bedacht vorgehen und Apps den Zugriff auf Anwendungen verweigern, die sie normalerweise nicht benötigt. Ist nicht merkwürdig, dass zum Beispiel eine Taschenlampen-App auf Ihren Standort oder Ihre Kontakte zugreifen will? Beschränken Sie den Zugriff vor allem auf technische Anwendungen wie Kamera und Mikrofon so weit wie möglich.

Websites setzen auf Ihrem Computer im Allgemeinen kleine Markierungen namens Cookies. Sie funktionieren wie ein Fahrtenbuch, halten Ihre Aktivitäten im Netz fest und übermitteln sie regelmäßig an die betreffenden Unternehmen. Dagegen können Add-Ons wie Privacy Badger oder Ghostery Ihre Sicherheit erhöhen. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass auch Programme, die Sie schützen, Daten über Sie sammeln und an andere Unternehmen verkaufen können.

Löschen Sie Ihre Chronik so oft wie möglich. Wenn Ihr Mailprogramm im Browser geöffnet ist, sollten Sie nicht im Netz surfen. Beim Surfen ist es gegen Datenverfolgung von Vorteil, den Browser unsichtbar zu machen oder, um absolut anonym zu bleiben, Onion Browser zu verwenden.

Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe

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