Kolumne Die Kriegsreporterin: Kaviar- und Krimsekt-Engpass
Der WDR, die Versuchsküche der ARD-Sender, hat sich nun was total Verrücktes ausgedacht. Wird der Kaviar knapp, ist allerdings die Bild-Zeitung schuld.
H allo taz-Medienredaktion!
Immer ausgelassener werden die Öffentlich-Rechtlichen rund um die Frage, wie medial mit den kriminellen Handlungen von Männern umgegangen werden soll, die eventuell eine dunklere Hautfarbe haben (als Dieter Bohlen) – jünger sind als 70, aber älter als 18 – aus dem nordafrikanischen Raum stammen könnten – aus Deutschland stammen könnten – nicht bis zehn zählen können, in verschiedenen Sprachen.
Der WDR, die Versuchsküche der ARD-Sender, hat sich nun was total Verrücktes ausgedacht, das ich hier wiedergeben will, und ich verspreche, ich ändere nur ein einziges Wort. Also: „Am Montag, 25. Januar, mit Einbruch der Dunkelheit um etwa 18 Uhr, führt die WDR Redaktion Quarks & Caspers das Laserlicht-Experiment gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe der Universität Düsseldorf durch. Sie wollen herausfinden: Wie viel Mal schneller als ein Araber ist das Licht seiner Scheinwerfer?“ Na, welches Wort war es?
Auch um Wörter ging es bei Putin und der Bild. Eine Autorin von der tollen, tollen taz hatte sich das Interview angeschaut, das der nach einer Bedeutung in der Medienwelt suchende Kai Diekmann und der Spiegel-Heimkehrer Nikolaus Blome mit Wladimir Putin geführt hatten.
Kreuzfahrt auf dem Po
Jarina Kajafa hatte den Bild-Text mit der Version des Interviews verglichen, das der Kreml ins Netz gestellt hatte. Und erkannt, dass die Springer-Burschen sich nicht getraut hatten, dem Bild-Publikum ihre Anschleimerei zu offenbaren. Redeten Sie Putin im Gespräch mit „Großer Führer“, „Eure Herrlichkeit“ und „Zar der Zaren“ an, war in der gedruckten Ausgabe nur die Anrede „Herr Putin“ und „Großgütiger“ zu lesen.
Für Putin eine Schmach, die ihm nicht entgangen sein wird. Schließlich wird er sich die Möglichkeit, durch die Einsendung des Fotos eines Pos eine Kreuzfahrt auf dem Po zu gewinnen (ha ha ha, bei Bild online arbeiten wirklich große Leuchten!), nicht entgehen lassen und täglich bild.de anklicken. Sollte es also demnächst zu einem Kaviar- und Krimsekt-Engpass kommen, wissen wir, wer das zu verantworten hat. DiekBlo.
Verantwortung ist so ein Wort, das man auch woanders großschreibt. VERANTWORTUNG. Also ich tu das. Und zwar in folgendem Zusammenhang: Bei Gruner + Jahr geht es aktuell wild zu. Aus Angst, dafür dranzukommen, dass mit freien JournalistInnen eine Arbeitswelt geschaffen wurde, in der diese wie Festangestellte arbeiten, ohne dass man entsprechende Sozialabgaben und Steuern abführt, wird krampfhaft an Konstruktionen zur Festanstellung gebastelt. Aber natürlich so, dass man die Angestellten gut wieder loswerden kann. Viele Freie sind in einer existenzbedrohenden Lage, vor allem aber weiß niemand, was geplant ist. Rund 220 Personen haben sich auf dem Verteiler eingetragen, mittels dessen die Freien versuchen, sich zu organisieren, während der Verlag versucht, wenig Konkretes zu sagen.
Klar ist, dass wohl keiner weiß, was kommt. Das aber bald. So, und nun kommt das Irre, das mit der VERANTWORTUNG: Es ist gerade mal ein gutes Jahr her, dass Gruner im großen Stil auch über Jahrzehnte fest angestellte KollegInnen entlassen hat, weil sie nicht in das „moderne“ Konzept von „Redaktion ohne Schreiber“ passten.
Die Zeit für freie Journalisten sei nie besser gewesen, hieß es damals, weil die jetzt gefragt wären wie nie. Und nun die Wende, weil es irgendwie doch nicht so gut kommt, wenn man keine Sozialabgaben zahlt. Was ist denn das für eine komplette Fehlleistung auf der Führungsetage?! Das ist Vollversagen! Das ist VW! Und Freie sind das Schlachtvieh des Verlags. Transport nach Dänemark? Nach Rumänien? Is wurst. Erstaunt zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut