Kolumne Die Kriegsreporterin: Den Pulitzerpreis brauch ich auch nicht!
Anstatt des Ungeheuers von Loch Ness taucht Linda de Mol aus der Versenkung auf – und Springers neue Kampfsau Henryk M. Broder inspiriert dazu, Preise zurückzugeben.
H allo, taz-Medienredaktion! Wieder einmal ist auf nichts mehr Verlass. Nicht einmal das Sommerloch ist mit dem zufrieden, wofür es gemacht wurde. Stattdessen brüstet es sich mit einem rechtsradikalen Irren, trägt die arme Amy Winehouse zur Schau, Griechenland und Dominique Strauss-Kahn.
Früher, als die Bild noch was zu sagen hatte, haben ihre Blattmacher regelmäßig zum Sommerloch das Ungeheuer von Loch Ness zum kurzen Foto-Shooting überreden können. Und obwohl es heute dank GPS und der Facebook-Orte viel einfacher wäre, den aktuellen Standort des Viehs auszumachen, werden sie seiner einfach nicht mehr habhaft. Da trifft es sich gut, dass Linda de Mol wieder aus der Versenkung aufgetaucht ist und ankündigt, eine "Show" zu machen. Ein Blick in die Tiroler Tageszeitung offenbart, was tatsächlich zur Sensation werden könnte, wenn Frau de Mol denn eins und eins zusammenzählte: Die "Schwarzwaldklinik" steht zum Verkauf.
Lustig war zu lesen, dass wegen des aktuell hohen Papierpreises Springer sich nach "Alternativen" umsehe. Zum Papier, nehme ich an. Wobei man sich fragt, ob die demnächst Filtertüten bedrucken wollen oder gleich Klopapier. Im Angesicht des Inhalts, den die Bild bietet, könnte Springer aber auch auf die Fertigkeiten mancher Straßenkünstler zurückgreifen, die da offerieren: "Ich schreibe Ihre Zeitung auf ein Reiskorn."
Auf den Innenring eines Frolic passt auch die schlechteste Kolumne der Welt. Sie steht passenderweise in der Welt am Sonntag und behandelt das Verhältnis Herr und Hund. Schon die Illustration des Schreibers mit Hund und Leine verdeutlicht die Biederkeit, mit der hier der Stift geführt wurde: "Wenn ich Jagderfolg hatte, gibt es Wildabfälle."
Getoppt wird diese Qualität nur durch den Nachruf auf Amy Winehouse, der innerhalb des wohl schlechtesten Feuilletons der Welt steht. Mit Sätzen wie denen, die Sängerin hätte "alle Voraussetzungen gehabt, ein großer Popstar zu werden", beschreibt der Autor seine gänzliche Unkenntnis, mit Wörtern wie "Skandalnudel" und "Gassenhauer", dass es besser wäre, das Rentengesuch einzureichen. Aber nun denn, wen interessiert schon eine Zeitung, die ihren Hundeautor Eckhard Fuhr als "Korrespondent für Kultur und Gesellschaft" ausweist, was mich seit Sonntag am Grübeln hält, wie das gehen soll, Korrespondent für Kultur zu sein.
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Beeindruckend ist allerdings auch der selbstlose, ja quasi selbstvergessene Einsatz von Springers neuer Kampfsau Henryk M. Broder, die ich nicht erwähne, weil sie auch Welt-Angestellter ist, sondern weil ihr Handeln mich so berührt. Aus Protest dagegen, dass sich der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats mit seiner Kritik an dem Sarrazin-Beitrag der ZDF-Sendung "Aspekte" "auf Seiten des Pöbels" stellt, "der in Teilen Kreuzbergs mittlerweile das Sagen hat" (Broder), möchte er, Broder, den Preis zurückgeben, den der Kulturrat für die Sendung "Entweder Broder" verliehen hat. Sicherlich weil sonst keiner berichten würde, will Broder einen Preis zurückgeben, den er – zumindest, wenn man dem DK-Geschäftsführer Glauben schenken darf – gar nicht bekommen hat. Das hat mir gefallen.
Auch ich habe ein paar Preise zurückzugeben, die ich nicht bekommen habe. Den Nannen-Preis etwa könnte ich aus Protest gegen das Wetter zurückgeben. Oder den Peter-Hahne-writealike-Award, weil Elmar Theveßen so schlimm ist. Den Erika-Fuchs-Preis möchte ich lieber noch behalten. Stattdessen gebe ich schon mal die "Helmfrau des Jahres"-Ehrung zurück. Weshalb, überlege ich mir noch. Und damit zurück nach Berlin!
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