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Kolumne Die KriegsreporterinSoll ich Klebstoff bringen?

Kolumne
von Silke Burmester

Bei der „Bravo“ dürfen Volontäre jetzt Dr. Sommer spielen, taz-Leser erkennt man aus 500 Metern gegen den Wind und der „Stern“ … ach, der „Stern“.

Wer braucht schon Sozialpädagogen, wenn er Volontäre hat? Bild: dpa

H allo, taz-Medienredaktion! Man muss auch mal die Verlässlichkeit schätzen. Ich zum Beispiel. Stehe am Sonnabendmorgen in Kreuzberg rum, im Haus der Kulturen der Welt findet das taz.lab statt und ich sehe zwei Menschen, die, nun ja … nach 1987 aussehen.

Hochwasserhose, bunte Strümpfe, Gesundschuhe, eine Jacke, die man als Zelt ebenso aufstellen könnte, wie man sie als Notrutsche beim Flugzeugabsturz verwenden könnte oder um eine Flüchtlingsfamilie ganz nah am Körper zu tragen. Und? Was erkenne ich sofort? Wo wollen die Leute hin? Zum taz.lab! Abgesehen von meiner genialen Fähigkeit zur Einschätzung, die noch einmal hervorgehoben sein soll, ist es doch schön, dass taz-LeserInnen so zuverlässig zu erkennen sind – 45 Minuten öffentliche Verkehrsmittel weit vom Haus der Kulturen entfernt. Darauf kann sich die taz was einbilden, finde ich.

Das lab war übrigens ganz toll. Allerdings verstehe ich bei diesem ganzen Gesellschaft-ist-Vielfalt-und-jeder-ist-ein-Teil-Getue nicht, warum es keine Kinderbetreuung gibt. Nicht eine kleine Kiste steht für die Görchen bereit, aus der man was Buntes für sie herausziehen oder in der man sie verstauen könnte. Was ist denn das für eine Aussage? Taz.lab nur für Leute ohne Kinder? Was ’n das fürn Ausgrenzungsscheiß? Ansonsten aber alles sehr schön, wie gesagt.

Gar nicht schön, sondern voll fies geht auch der Bauer-Verlag mit dem Thema Nachwuchs um. Nach 16 Jahren Dauereinsatz schmeißt der Verlag Jutta Stiehler raus, die als Dr. Sommer bei der Bravo Mails verunsicherter bis verzweifelter Jugendlicher beantwortet hat. Statt ihrer sollen nun u. a. Volontäre mit Rat zur Seite stehen, wenn Kinder sich mit ihren Missbrauchserfahrungen an Dr. Sommer wenden oder der Frage, wie man weiß, dass man schwul ist.

Tatsächlich hätte man da schon früher drauf kommen können. Schließlich macht es wirklich keinen Unterschied, ob eine Sozialpädagogin sich mit den Teens auseinandersetzt oder jemand, der auf dem Weg, „was mit Medien“ zu machen, bei Bravo Station macht. Fragt sich, wann man bei Bravo darauf kommt, auch die gezeigten „Stars“ durch Abbildungen der Redaktion, des Hausmeisters und der Putzkolonne zu ersetzen.

Wie wenig es bringt, alle alles machen zu lassen, zeigt sich beim Stern. Wie mit einer großen Schippe hat man dort „Köpfe“ im Blatt und im Internetauftritt verteilt. Die Personalisierung als Instrument der Leser-Blatt-Bindung hat eine Inflation an Stellungnahmen zur Folge, die vor allem zu einem führt: zum Laberrhabarberblödsinnsabgesonder sondergleichen. „Peaches’ Mutter Paula Yates ging vor … diese Woche ging Peaches nach …“, heißt es etwa im Nachruf auf Peaches Geldof. Und nein, die Autorin ist nicht 82. Sie ist 28 Jahre alt.

„Peaches hat Style“

So kann sie dann auch Bedeutsames benennen: „Ich finde, Peaches hatte Style.“ Und Sätze formen wie „Peaches taumelte zunächst am meisten“. Leuchtend auch ihr Gedanke in Bezug auf Bob Geldofs Satz, seine Familie sei „so oft gesplittert, aber nie zerbrochen“, wozu sie schreibt: „Die Frage ist, ob Bob Geldof, der irische Rockstar, je ganz war.“ Diese Frage möchte ich auch in Bezug auf den Stern verstanden wissen.

Stern, bist du noch ganz? Kann man helfen? Soll ich Klebstoff bringen, Pflaster oder Heilsalbe? Brauchst du eine Kur? Eine Auszeit oder Nachtschwester Ingeborg? Soll ich die AOK anrufen, mit der du, der du ja nie Gesundheitsthemen im Heft hast, voll journalistisch unabhängig jetzt kooperierst? Irgendetwas möchte ich tun, wenn ich schon mit 3,70 Euro die Schreibschule deiner AutorInnen unterstütze. Voll Sorge zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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6 Kommentare

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  • Apropos Bahn und Spur:

    Ist Zweifel auch schon Selbstzensur?

     

    "..So macht Gewissen Feige aus uns allen;

    Der angebornen Farbe der Entschließung

    Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

    Und Unternehmungen voll Mark und Nachdruck,

    Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,

    Verlieren so der Handlung Namen…“

    (Hamlet)

  • @&@…

     

    Netikette

    Fahrradkette -

    ja - wenn ich sie alle hätte

     

    Da bleibt uns alten Säcken

    wenn wir sie denn alle hätten

    nur -

    sonst fliegste ausse Spur -

    die Selbstzensur?

     

    Debatte

    schwer verschollen - ja

    weil wir das aber - klar nicht wollen

    - daß wir sie alle hätten

    mach wir denn doch nicht auf

    Die Netten

     

    Denn wir sind zarte Seelen

    und das Moderatorenquälen

    dient doch bloß -

     

    Moderadestis sonst schwer arbeitslos

    & auch wäre sonst nix los

     

    Das kann dich doch niemand wollen

    denn sonst zudem - ratz und fatz

    inne taz -

    booh&ey - Debatt verschollen

     

    Christian S. und Rudi D.

    wolkenklar vereint

    teufeln nieder -

     

    So - ihr e&paperHasen

    war das nicht gemeint

    ihr Angst van Hasen

     

    Hört mal auf die alten Deppen

    die so gern se gar nicht hätten

    anders - nämlich hirnverbrannt

    fährt's die taz noch vor die Wand

     

    In dem Sinne

    Fröhliche Ostern - Fröhliche Western

     

    Wolfgang Neuss

    zur Lage der Nationen

  • "..als Gast kommentieren:

    -----------------------------------------------

    Es gibt keine Gastkommentar-Funktion mehr. So bleibt uns mehr Zeit für die Betreuung Ihrer Debatten..."

     

    Nun gibts betreutes Kommentieren

    Was jedoch zur Folge hatte:

    Statt frischer Debatte

    Nur Sätze in Watte.

    Nun sind wir gut zu moderieren.

    Doch niemals wird die taz zensieren. :-)

  • Zum Stern kann man bei Wikipedia und so aktuell folgendes lesen:

    Der Stern ist ein massereicher, selbstleuchtender Himmelskörper aus Gas und Plasma. Er wird durch die eigene Schwerkraft zusammengehalten und ist an der Oberfläche 2.200 bis 45.000 Jörges heiß. Weiße Zwerge können Temperaturen bis zu 100.000 Jörges erreichen. Da sich das Universum sehr schnell ausdehnt, ist das Licht, das vom Stern ausgeht noch immer unterwegs, wenn auch der Stern längst schon weg ist.

    • @Rainer B.:

      Prima vista Szene im Tremser Teich

      nach Geradeausfahrt

       

      " Fide-August - ich sehe Sterne

      - zu Hause sind wir nicht!"

      (wieviel Jörges diese grad hatten,

      ist nicht bekannt -

      die Volts aber waren erleuchtend erheblich;-))

      &achten auch Sie gern weiterhin auf

      ihren Weg wie

      ihre Wortwahl;•)

      • @Lowandorder:

        Was hält uns jetzt noch in der Spur? Ich fürchte nur die Selbstzensur!