piwik no script img

Kolumne BlickeDie Polizisten

Ambros Waibel
Kolumne
von Ambros Waibel

In Neukölln werden sie beschimpft, in Genua foltern sie - und nirgendwo sollte man sie sich selbst überlassen. Die Polizisten.

Man darf sie nicht sich selbst überlassen: Die Polizei. Bild: ruewi/photocase.com

M anchmal läuft es so: Jemand will aus seinem Auto aussteigen und muss dazu natürlich die Tür aufmachen. Vorher in den Rückspiegel zu schauen wäre gewiss nicht verkehrt, aber das vergisst man schon mal. Ich sage das ohne Auto und ohne Sarkasmus. Darum geht es heute auch nicht – also nicht um Rippenprellung und juristisches Gezerre. Es geht darum, dass ich in der letzten Zeit ungewöhnlich viel mit der Polizei zu tun hatte.

Polizisten werden zu Orten gerufen, an denen etwas geschehen ist. Sie müssen sich ein Bild machen, sie müssen kommunizieren. Kürzlich lag in meinem Hausflur ein Rucksack, durchwühlt, offensichtlich abgezogen und hier entsorgt. Ich rief die Polizei an. Man fragte mich, ob ich den Rucksack vorbeibringen könne. Ich sagte, nein, ich hätte zwei Kinder zu versorgen.

Zwei Stunden später standen zwei Polizisten bei mir in der Wohnung, nachdem mich einer von ihnen angeherrscht hatte, warum ich den Rucksack nicht vorbeigebracht hätte, worauf ich wieder auf meine Kinder verwies, die ein Recht auf ihre Pfannkuchen hätten. Die Polizisten standen also in meiner Wohnung, und während sie den Rucksack durchsahen, dachte ich mir, dass ich sie natürlich nicht in meine Wohnung hätte lassen müssen.

Alexander Janetzko
Ambros Waibel

ist Redakteur im Meinungsressort der taz.

Sprachlose Polizistin

Die Polizisten, die meinen Fahrradunfall aufnahmen, hatten sich dazu in einen Hauseingang zurückgezogen. Dann kam ein Mann heraus und fing ansatzlos an, die Polizisten zu beschimpfen, warum sie in seinem Hauseingang herumlungern würden usw. Die Polizistin der Polizisten wirkte ehrlich schockiert, ja sprachlos, warum ihr so begegnet wurde, und vielleicht ist sie eine von denen, auf die sich der Bürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, in seinem neuen Buch beruft, wenn er von der – migrantischen – Respektlosigkeit gegenüber den Polizisten auf den Straßen Neuköllns berichtet.

Die Polizisten auf den Straßen Neuköllns gehören jener Organisation an, die mit Nazi-V-Männern kungelt und sich nicht vorstellen kann, dass Ausländer aus anderen Gründen erschossen werden als dem, dass sie in irgendeine kriminelle Machenschaft verwickelt sind. Die Tagesspiegel-Kolumnistin Hatice Akyün hat den NSU „unseren 11. September“ genannt – nur wolle das noch niemand wahrhaben.

Einmal war ich auf eine Polizistenparty eingeladen. Als ich den Partyraum betrat, trafen mich für ein paar Sekunden ein Dutzend Blicke. Dann wandten sich die Polizisten ab. Nie habe ich mich so harmlos gefühlt wie in diesem Moment. Ich war ein braver Bürger, gehörte nicht zur Klientel, war uninteressant. Und in Kalabrien ging ich mit leicht hippieesk aussehenden Anti-Mafia-Aktivisten in eine Carabinieri-Kaserne. Die Carabinieri standen stramm, sie servierten Espresso, sie sagten den Anti-Mafia-Aktivisten: Wir machen nur unseren Job – aber ihr: Ihr seid wirklich mutig. Wir sind euch sehr dankbar.

Möglicherweise waren diese Carabinieri auch in Genua im Einsatz gewesen und waren dort anstandslos den Befehlen gefolgt, Menschen zu foltern. Die Polizei ist eine ernste Angelegenheit: Man darf sie nicht sich selbst überlassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • L
    LJW

    In jahrelanger sozialer Arbeit habe ich die Polizei immer als kontraproduktiv erlebt und aus privatem Erleben muß ich konstatieren, dass ich in meinem recht langen Leben fast nie eine Polizei erlebt habe, die in irgendeiner Form konstruktiv ist.

    Das ich lebenslang nur 3 Polizisten erlebt habe, die in ihrem Job eine wichtige soziale Funktion sahen, ist schon sehr bezeichnet.

    Andrerseits habe ich allzu oft Polzisten erlebt, die ich ohne Uniform sofort als Neo-Nazis bezeichnet hätte.

    Der Kommentar mit dem Corps-Geist trifft es schon ganz gut; die Büttelmentalität ist offenbar Einstellungsvorraussetzung für Polizisten, selbstständiges Denken hingegen keinesfalls.

  • MP
    Mc Pherson

    Die Polizei wird zu stark durch die permanente Aussetzung des Grundgesetzes- Alle Staatsgewalt geht auf das Volk los- geleitet.

     

    Auch echte Ordnungsbeamte finden da oft nicht mehr den richtigen Weg, schwarze Schafe klumpen sich zusammen zu stinkenden braunen Haufen.

     

    Aber anfangen zu stinken tut der Fisch immer am Kopf.

     

    Brot und Spiele für das blöde Volk:

     

    Wenn Fussballvereine die Polizeieinsätze selber zahlen, und Atomklos von deren Besitzern selber geputzt werden müssten, wäre es schon viel entspannter.

  • R
    Rizo

    @ lowandorder:

     

    Cool story, bro. Tell it again.

  • L
    lowandorder

    @von Fritz:

    Tja, wechselt alle Euren Job, geht zur Bullerei und macht es BESSER!"

     

    Ok. Ändern wäre leicht und nahezu unmöglich zugleich.

    Why?

     

    Leicht: von Anfang an ordentlich besolden und die lebenslängliche(sic)Verbeamtung nicht erst ab Ende 20.

    Kann in einigen Ländern durch Reduzierung der Polizeidichte finanziert werden.

     

    Wie das? Als ich von Hessen nach NRW wechselte fiel mir sofort die hohe Polizeidichte auf.

    Wie kommt's? Nun ehe der Jungtürke Willi Weyer (FDP) DSB-Präsident wurde, war er ab 1962 Innenminister, also höchster Polizeichef .

    Alter Wasserballer von wahrhaft raumgreifender Persönlichkeit sorgte er nicht nur für eine exorbitante Schwimmbaddichte, sondern für eine qualitative und quantative Aufwertung der Polizei.

    Zudem war seine Partei für die Integration der Altnazis 'zuständig'.

    Anbetracht der durch Greultaten belateten Polizeibataillione hinter den Linien im WK II nicht gerade hinderlich und die blieben uns noch lange als ganz 'normale' Polizisten erhalten.

     

    Bessere Besoldung und frühere Verbeamtung hätten als Ziel, die bis dahin bestehende soziale Unsicherheit zu minimieren und damit die Sozialisierung der jungen PolizistInnen hin zu der in Vergessenheit geratene demokratische Folie ' Polizei, dein Freund und Helfer' zu verbessern; sie insbesondere von der tendenziell korpsgeist-bestimmten Einflußname dienstälterer Beamter unabhängiger zu machen.

     

    Nahezu unmöglich? Ja, weil der über die Polizeigewerkschaft abgesicherte, jahrhundertealte Korpsgeist und die seit Jahren zu beobachtenden Brutalisierungstendenzen eben genau den skizzierten Wandel verhindern (werden/würden).

     

    Korpsgeist/soziale Unsicherheit?

    Bitte: ein junger Beamter wird bei einem Verrkehrsunfall berufsunfähig verletzt.

    ' …unter Einsatz seines Lebens' würde ihn absichern.

    Der Skandal: in der PolizeiAkte findet sich ein von ihm unmittelbar nach Einlieferung auf dem Krankenbett unterzeichnetes FORMULAR, daß er gegen den älteren Kollegen als Fahrer keinerlei Ansprüche gelten machen werde!!

    Kein rausgerissener Wisch - nein, ein Formular!

    Noch Fragen? Die Behördevertreter schweigen auf Vorhalt betreten.

     

    Brutalisierungstendenzen? Aber hallo!

    Heiligendamm! Auf Bitte von Hochschulmusikern, die dort spielen sollen und befürchten, daß die Polizei bei Kontrollen ihre PC's ' versehentlich' magnetisieren, verkleid ich mich als seriöser Anwalt mit Schlips und Kragen.

    Morgens um 4 Uhr - letzte Autobahnraststätte vor Rostock; dient offensichtlich als Aufmarsch- und Koordinierungsort der Polizei.

     

    Mir fällt die Klappe runter: offensichtlich hat man die Bouncer, Loddel und Türsteher der Republik in Polizeiuniformen gesteckt.

    Diese 'Freund-und-Helfer-Karikaturen' sollen in diesem Aufzug bei genehmigten Demonstrationen - einer der wichtigsten Achsen unsrer Republik - friedlichen Bürgern gegenübertreten.

    Ein Witz. Das sag ich auch laut und deutlich. Eisiges Schweigen und Blicke.

     

    Von den ' verseentlichen' Tief-Überflügen mit Tornados - erster BW-Einsatz im Inland - und dem m.E. klaren Mordversuch mittels Schiff gegenüber den Greenpeace-Schlauchbooten mal ganz zu schweigen.

    Jeder zivile Kapitän hätte vor jedem Schifffahrtsgericht der Welt seine Fleppe verloren.

     

    Ende des Vorstehenden.

  • A
    aujau

    Solange die Menschen nicht in der Lage sind, sich so zu verhalten, dass keine Polizei nötig ist, werden sie mit der Drohkulisse leben müssen und die Polizei muss zwischen Einschüchterung und Imagepflege larvieren. (zumindest in Deutschland.) Insbesondere bei Fußballspielen und Demos beneide ich die nicht um ihren Job.

  • R
    Rizo

    @ lowandorder:

     

    Cool story, bro.

  • RA
    Retard Anon

    I think police is a pretty cool guy. eh bullies leftards and doesn´t afraid of anything.

  • K
    Kulturgut

    ... weil mit Ihnen irgendwas nicht stimmt - das seh ich schon an Ihrem Photo !

  • F
    Fritz

    Tja, wechselt alle Euren Job, geht zur Bullerei und macht es BESSER!

  • E
    EigthBeer

    Aha.

     

    Viel blabla, aber keine Pointe. Gratulation.

  • L
    lowandorder

    Waibels Ambros: "Es geht darum, dass ich in der letzten Zeit ungewöhnlich viel mit der Polizei zu tun hatte."

     

    Tja, da können wir uns die Hand geben.

    Fuhren mich gemischtgeschlechliche Vertreter dieser latent krimenellen Vereinigung in ihrer schicken neuen blaumetalic Karre nach Hause, während ich das schöne Lied anstimmte " Als wir jüngst verschütt gegangen waren …" - innerlich.

    Alles um festzustellen, ob ich der bin, der ich bin und in der nach einem Papst! benannten Straße auch wohne. Ich - tat.

     

    Was war geschehen? wie kommt ein nach 30 Jahren Staatsdiener Rentier in den ' Grünen August' modern, mit verriegelter Tür?

     

    Fahradfahrend ohne Licht auf taghell erleuchteter Avenue - und wieder mal das steinalte Bullenkinderspiel ' Napoleon hinterm Busch'.

    Ausweis bitte! Hark nich bei mir! Wieso nich? Müssen Sie aber! Muss ich nich, es gibt in diesem Land keine Pflicht den Persi mitzuführen! Doch, Sie müssen sich ausweisen können. Ja schon, aber das is was ganz anneres! …hm!? - Wo wohnen Sie ? ……

    Kann ja jeder sagen! Hä, hörens, ich war 30 Jahre s.o.! War mein Vater auch, was meinen Sie, wie oft wir angelogen werden. Was meinen Sie wie oft ich - von berufswegen von Polizisten angelogen worden bin? ( - nur innerlich).

    Fahrrad anketten. Ok. Das ist Freiheitsberaubung, bloß weil ich diesen blöden ….?

    Das ist keine F…! Doch, das ist wie bei der Beschneidung: immer Körperverletzung, aber vielleicht gerechtfertigt.

    Leibesvisitation.! …? Jetzt werden Sie mal nicht frech! - einroll: Naja, sie brauchen uns nur zeigen, was Sie … Taschenmesser konfisziert. usw. Ein Lehrstück der Unverhältnismâßigkeit.

     

    Alexander Spoerl merkte solchenfalls in Die Memoieren eines mittelmâßigen Schülers noch an - 'er weise sich mit Geld aus.'

    Leider funktioniert das heute nicht mehr. Hat man doch aus nachvollziehbaren Gründen eine veritable Einnahmequelle verschlossen: Knollenberappen nur noch mit Katte.

    Nein man darf die Bullerei nicht sich selbst überlassen.

     

    Ps damit keiner der Betroffenen die Grundehrlichkeit seines Berufstandes beschwört, bin ich gern bereit, Näheres zu Schweinehälften und Jogourtpaletten im Intranet der Autobahnpolizei A 45 auszuführen. Weitere Beispiele vorbehalten.

    Harry Mulisch: Das Chaos hinter der chinesischen Mauer ist mindestens so groß wie das vor der Mauer. - So isset!

  • JD
    John Doe

    BÜRGER, GEBT ACHT:

     

    Die Polizei ist bewaffnet und gefährlich!

  • TF
    Thomas Fluhr

    Warum steht die Polizei so oft auf der falschen Seite?

     

    Beschützt die Verursacher und schikaniert die Kritiker?

     

    Wann beschützen sie einmal das Interesse des Volkes?

     

    Gilt für sie nicht 'wir sind das Volk'? Sind sie nur Beißhunde?