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Kolumne Barbaren in BejingNicht mal dopen können die

Deutsche Journalisten scheuen keine Mühen, um über Medaillen von Landsleuten zu berichten. Einige sind inzwischen sehr erbost.

Das ist doch das Allerletzte! Der Kollege ist ganz aufgebracht. Ein Skandal? Muss ich mich auch aufregen? Das ist doch ein Witz! Der Kollege will sich gar nicht beruhigen. Und dabei war ich mir so sicher, sagt er noch. Ist etwas passiert, frage ich ihn. Zwölfte, antwortet er und zieht mit großer Geste ab. Ich kann ihn verstehen. Er saß fast eine Stunde im Bus, um zum Schießstand rauszufahren. Dort wollte er eine Medaille gewinnen. Doch die deutsche Schützin war nicht so gut, wie wir uns alle das gedacht haben. Jetzt ist es halb zehn. Das Finale der besten acht beginnt gleich, und auch ich bin ein bisschen sauer auf die Deutsche mit dem Schießgewehr. Diese Versagerin! Ich bin ziemlich früh aufgestanden - wegen der. Soll ich noch bleiben? Über die Siegerin etwas schreiben? Über die Siegerin. Das wird doch sowieso nur eine Chinesin. Vergiss es!

Bild: taz

Redakteur bei taz-Leibesübungen.

Morgen nehme ich mir eine zweite Hose mit. Ich frage mich, ob ich schon einmal einen so nassen Menschen gesehen habe. Der Kollege war beim Straßenrennen der Frauen und hat offensichtlich ziemlich viel Regen abbekommen. Und dann fahren die gar nicht richtig mit, beschwert er sich. Die Beste ist gerade einmal 20. geworden. Die können es doch gar nicht. Nicht mal dopen können die. Flaschen! Weit über eine Stunde war er mit dem Bus unterwegs, um zum Zielort der Radlerinnen zu kommen. Dort wollte er eine Medaille gewinnen. Das wurde aber nichts. Gewonnen hat eine Britin, von der er nie zuvor etwas gehört hat. Dabei haben die doch schon so viele Medaillen, sagt der Sportkamerad und findet ihren Sieg unfair.

Komm, lass uns woanders hinsetzen, sagt der Kollege, mit dem ich zusammen einen Arbeitsplatz im Hauptmedienzentrum suche. Hier ist doch frei, sage ich. Darauf er: Schau den an! Er verdreht die Augen. Ich weiß gar nicht, womit er das verdient hat. Ist es Hass, der aus seinen Augen blitzt? Er zeigt auf einen jungen Mann. Der hat gerade das erste Gold gewonnen, sagt er. Mein Begleiter kommt gerade vom Judo. Dort hat die Deutsche, die eigentlich wissen müsste, wie es geht, einfach nicht gewonnen. Und dafür lese ich mich vier Wochen lang in die Materie ein, mein Kollege kann sich nicht beruhigen. Blöde Kuh!

Endlich haben wir zwei Plätze, die nebeneinander liegen, gefunden. Ich schaue meinem Kollegen über die Schulter. Du auch? Ich auch, antwortet er. Wir sind alles andere als knauserig. Die Sache ist uns etwas wert. Ich will jetzt endlich auch einmal gewinnen. Mich stört es nicht, dass ich vom Reitsport keine Ahnung habe. Der Flug nach Hongkong ist gebucht. Und wenn selbst da nichts läuft? Setze ich mit meiner Reise zu den Reiterspielen wieder auf das falsche Pferd? Am Ende muss ich doch noch über irgendeinen Chinesen schreiben. Nicht auszudenken!

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