Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Accessoire Mops
Er hat nicht nur dem Pudel den Rang abgelaufen: Der Mops als ständiger Begleiter, auch im Urlaub. Ein drolliges Plüschtier für Exzentriker.
A ls Grace Kelly damals zu ihrer Hochzeit mit Prinz Rainier im Hafen von Monaco einfuhr, trat sie mit einem gut frisierten Pudel vor die jubelnde Menge. Wenn mein Freund Torsten die schicken Hotellobbys dieser Welt betritt, stellt er den dienstbereiten Rezeptionisten zuerst seinen Mops vor. Er reist nie ohne ihn.
Torsten ist Hotel-Coach und schläft nur Vier-Sterne aufwärts. Sein Mops ist das bodenständige Gegenstück seiner Exzentrik: klobig, drollig, fett - ein kulleräugiges Plüschtier. Ein effektheischendes Accessoire. Ein ironisches Zitat? Jedenfalls ein anspruchsloser Sympathieträger.
Er braucht keine Fünf-Sterne-Unterkunft, keinen Marmor, keinen Pagen. Torsten weiß, was er braucht: ein Körbchen, Hundedecke, Fressnapf, ein Spielzeug. Und für Schlechtwettertage ein eigenes altes Bettlaken, damit er die Designermöbel nicht versaut. Seit Neuestem schließt Torsten immer eine Hunde-Reisekrankenversicherung ab. Er weiß, die Größe der Zimmer sollte der Größe des Hundes angepasst sein – was beim Mops nicht viel ist –, möglichst mit Eingangsbereich, damit der Hund sich sein Reich schaffen kann.
Die meisten Hotels akzeptieren Hunde, zumindest auf den Zimmern. Hotels, die seinen Mops nicht akzeptieren, vergisst Torsten sofort oder er macht seine Wichtigkeit bei der Direktion geltend. Bei seiner letzten Reise nach Vietnam musste Torsten den Mops zu Hause lassen. Weil der zu fett geworden ist.
Mit bis zu einem Gewicht von 5 Kilo dürfen Hunde mit in die Flugkabine. Nie würde Torsten seinen Mops im Gepäckraum alleine lassen. Auch wenn der nicht auf seinem Schoß mitfliegen darf, sondern in der den IATA-Bestimmungen entsprechenden Box unter dem Sitz des Vordermanns verstaut werden muss - Torsten verliert nie den Kontakt zu ihm.
Diesmal musste der Mops samt Diätplan und der Verwarnung „Verwöhn ihn nicht“ bei seiner Freundin Renate bleiben. Jeden Abend, erzählt er, habe er während der zweiwöchigen Vietnamreise via Skype in das traurige Mopsgesicht geschaut. Die herunterhängenden Lippen, die Falten, die großen Knopfaugen – es ist Liebe!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mindestlohn feiert 10-jähriges Jubiläum
Deutschland doch nicht untergegangen