Kolumne American Pie: Baseballprofi ist heimlicher Cowboy
Der US-Sportler Madison Bumgarner nimmt heimlich an Rodeo-Wettbewerben teil. Weil er so seinen wertvollen Körper gefährdet, droht ihm nun Ärger.
J eder Mann braucht sein Hobby. Das von Madison Bumgarner ist es, auf einem Pferd einem Kalb hinterherzuhetzen, es mit dem Lasso einzufangen und ihm die Füße so zu verknoten, dass es sich nicht mehr bewegen kann. Das sogenannte Roping gehört zum Berufsalltag von Cowboys und wird heute in den USA auch wettbewerbsmäßig betrieben.
Top-Roper schaffen den gesamten Vorgang in knapp sieben Sekunden. So ein Top-Roper scheint auch Mr. Bumgarner zu sein: Bei einem Rodeo in Wickenburg, Arizona, hat er im vergangenen Dezember unter dem Pseudonym Mason Saunders teilgenommen und 26.560 Dollar gewonnen.
Madison Bumgarner hat also ein Hobby. Das Problem ist, dass Madison Bumgarner auch einen richtigen Job hat. Hauptberuflich ist der 30-Jährige Baseball-Profi, einer der besten Pitcher seiner Generation. Die Arizona Diamondbacks zahlen Bumgarner 85 Millionen Dollar, damit er in den nächsten fünf Jahren mit seinen Würfen die gegnerischen Schlagmänner in Schach hält.
Zuvor war er elf Jahre lang für die San Francisco Giants tätig, mit denen er dreimal die World Series gewann. Den Titel 2014 holte er nahezu im Alleingang und wurde für seine mittlerweile legendäre Leistung in den Playoffs vom Magazin Sports Illustrated zur „Sportsperson of the Year“ gekürt, vergleichbar mit unserem Sportler des Jahres. Seitdem wird Bumgarner in San Francisco wie ein Heiliger verehrt.
Hang zu gefährlichem Zeitvertreib
So weit, so gut. Nun aber tauchten auf Facebook Fotos von Mason Saunders auf, die Zeitschrift The Athletic griff die Story auf und Bumgarner wurde enttarnt. Aber was für Mason Saunders noch okay war, ist für Madison Bumgarner nicht mehr okay. Denn hochbezahlte Athleten in jeder Sportart haben in ihren Verträgen umfangreiche Klauseln stehen, welche abenteuerlichen Betätigungen sie gefälligst zu lassen haben, um ihren wertvollen Körper nicht zu gefährden. Man kann sich also vorstellen, dass die Diamondbacks nicht eben amüsiert waren, als sie erfuhren, dass ihre teure Neuverpflichtung offensichtlich schon seit Jahren in seiner Freizeit mit 150 Kilo schweren Kälbern herumtollt.
Die in Phoenix ansässige Franchise hätte allerdings gewarnt sein müssen. Der generell sehr kernige Bumgarner ist nicht nur ein extrem verbissener Wettkämpfer, sondern lebt im heimischen North Carolina auf einer Farm. Dass er das Cowboy-Leben liebt, ständig auf Pferderücken herumsitzt und einen Hang zum gefährlichen Zeitvertreib hat, war wahrlich kein Geheimnis.
In San Francisco war „MadBum“, wie er dort ebenso passend wie liebevoll gerufen wurde, nicht nur dafür bekannt, sich auf dem Spielfeld häufiger mit Gegnern anzulegen, sondern kam auch schon mal zu besonderen Anlässen ins Stadion geritten. Und 2017 verpasste er mehrere Monate der Saison, weil er sich bei einem Motocross-Unfall verletzt hatte. Diamonds-Manager Mike Hazen ließ allerdings bislang nur wissen, dass er nicht vorhabe, „die spezielle Semantik von einzelnen Vertragsklauseln“ in aller Öffentlichkeit zu diskutieren.
Madison Bumgarner
Im Gegensatz zu Hazen war Bruce Bochy nicht wirklich überrascht. „Ich wusste, dass er Roping betreibt, aber nicht, dass er an Wettkämpfen teilnimmt“, sagte Bumgarners langjähriger Trainer in San Francisco und musste aufpassen, dass er nicht allzu breit grinste: „Aber so ist er halt. Wenn er etwas will, kann man ihn nicht aufhalten.“ Bochy war nur leicht angesäuert, dass er keine Einladung zum Rodeo bekommen hatte.
Und Bumgarner? Dessen erste Reaktion war: „Oh Mann, jetzt kann ich mein Pseudonym vergessen.“ Außerdem räumte er ein, nicht zum ersten Mal an einem Rodeo teilgenommen zu haben. Und dort auch nicht zum ersten Mal das Preisgeld mitgenommen zu haben. Er erklärte: „Egal welches Hobby, ich nehme jedes sehr ernst.“ Nur, sollte Bumgarner sich entschließen, doch noch einmal an Roping-Wettkämpfen teilzunehmen, und sollten die Arizona Diamondbacks es ihm erlauben, wird er sein Hobby sicherlich nicht mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausüben können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich