piwik no script img

Kolume HabibitusWeißsein ist eine Droge

Modelabels wie Warwear und Dandy Diary? Das passiert, wenn weiße Männer mit pseudopolitischen Provokationen ins Klo greifen.

Gescheitertes Projekt Dandy Diner: Veganer Fast-Food-Laden mit Schweine-Logo in Neukölln Foto: dpa

F ashion-Leute haben keinen guten Ruf. Sie gelten als oberflächlich, unreflektiert, ungebildet und prätentiös. Das Aushängeschild dafür sind meistens Frauen mit viel Make-up auf High Heels. Dabei sind die wahren Katastrophen des Modebusiness weiße deutsche Typen.

Die zwei bekanntesten D-Promis unter ihnen betreiben Dandy Diary, ein deutschsprachiger Blog für Männermode und mittlerweile eine Marke, geprägt von Mittelmäßigkeit und gelegentlicher Provokation.

Die Prise von Alman-Humor, die es eben braucht, um einen veganen Fast-Food-Laden mit Schweine-Logo in Neukölln zu eröffnen. Das „Dandy Diner“, so hieß der Laden damals, hielt sich nur für einige Monate. Sicher auch, weil „Macht nicht so fett“ nicht das überzeugendste Verkaufsargument für vegane Burger ist. Burger ohne Kalorien sind wie Kaugummizigaretten, also Platzhalter für unerfüllte Sehnsüchte.

Ihr Hipster-Imbiss blieb nicht die einzige gescheiterte Business-Idee. 2016 wollten sie sich mit einer schäbigen Modekollektion namens „Deutschland-Pack“ die Farben der deutschen Flagge neu aneignen, damit sie nicht nur mit Nazis in Verbindung gebracht werden.

Benzinkanister und Feuerzeug

Ein bisschen unverkrampfter Nationalismus, why not, hat in den letzten Jahren super funktioniert. Sollte es ein „Deutschland-Pack 2“ geben, ist zu befürchten, dass es einen Benzinkanister und ein Feuerzeug dazu gibt, für unverkrampfte deutsche Teens, die „Migrationskritik“ üben wollen oder so.

Ab und zu organisieren die Jungs auch peinliche Partys. Auf der Berliner Fashion Week im Januar stellten sie kleinwüchsige Menschen als freaky Attraktionen aus und im Rahmen des Berliner Gallery Weekends veranstalten sie nun eine orientalistische Party mit „Happy End“.

Massagen, Glückskekse und Anspielungen auf fetischisierende Bilder ostasiatischer Frauen für den Exotik-Faktor dürfen genauso wenig fehlen wie das Bashing von Sexarbeiter_innen. Aber Hauptsache, kurz vorher auf dem Blog kulturelle Aneignung bei Zalando anprangern. YOLO!

Auf einem ähnlich billigen Level bewegt sich das Label Warwear von zwei Kartoffelboys, denen noch eine Möglichkeit eingefallen ist, als weiße Personen von Krieg zu profitieren.

Pseudopolitische Provokation

Wer sich nicht „für eine Seite entscheiden“ will, kann sich für 50 Euro einen Pulli gönnen, auf dem die Flaggen zweier „im Konflikt“ stehenden Länder beziehungsweise Regionen ergebnisoffen nebeneinanderstehen. Kurdistan und Türkei, Israel und Palästina, Großbritannien und Indien.

Als es Kritik hagelte, verteidigte sich das Label mit der Aussage, den Profit „an die Opfer der Kriege“ zu spenden. Welche Opfer welcher Kriege, fragt man sich.

Was die Warwear-Flops mit Dandy Diary gemeinsam haben? Sie zeigen, was passiert, wenn weiße Männer ihren Habitus wie übel gestreckte Drogen ballern, drauf nicht klarkommen und mit pseudopolitischen Provokationen ins Klo greifen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Ach Gottchen - Leevs Lottchen!

    Dee all wedder ut Kiel - Nee Nee!

    De weet ook nich so bannig - Viieel!;)(

     

    Empfehle als Antidot ~>

    "Lord Brummel" by Harry Rowohlt (Text) & Rudi Hurzelmeier (Billers;))

    & https://de.m.wikipedia.org/wiki/George_Bryan_Brummell

     

    & Däh! ~>

    Dann ist auch der letzten Kartoffel klar!

    Beide Seiten - jeglich Wissens bar!;)((

    &

    Naja - un de Rest - liggers ook nur - öh! Jau. Klabusterbeeren weest!;)(

     

    kurz&knapp ~>

    De Deern - de weet vonne Steenstraat -

    Nix aff! Njorp.

    Na - Si'cher dat. Da mähtste nix.

    Normal ~> 'ne Muschi Blix!;))

  • igitt. aber auch sehr berlin, nech.

  • Danke auch für den Dandy Diary Link der ist super.

  • Das was man gemeinhin Rassismus nennt, teilt Menschen - sehr oft sind Männer gemeint- in Kategorien wie "Jude", "Schwarzer", "Ausländer", "Migrant", .... und unterstellt ihnen dabei offen oder versteckt negative Eigenschaften. Dieses Tun macht ganze Menschengruppen zu Opfern, was ohne Zweifel als menschenverachtend bezeichnet werden kann. Die möglichen Folgen solcher Verallgemeinerungen sind bekannt. Wenn nun eine Gruppe, die sich mit den Opfern solidarisiert oder sich selbst als Opfer sieht, sich ebenfalls solcher Kategorien bedient, wie es der Ausdruck "weiße" Männer ahnen lässt, entsteht daraus auch nicht viel Gutes. Rassismus mit Gegenrassismus und Vorurteil mit Gegenvorurteil zu begegnen, ist dasselbe Denken, das bei den anderen kritisiert wird. Erzählen Sie mir nicht, Frau Yaghoobifarah, dass es nicht möglich ist, ein paar Typen bzw. ihre Labels per taz-Kommentar in die Pfanne zu hauen, ohne Verallgemeinerungen und Verunglimpfungen.... Nein, ich bin kein Mann, keine Deutsche!

    • @ecox lucius:

      Das funktioniert schon, aber dann müsste man ja wriklich über das Thema nachdenken, anstatt die immer gleiche Leier - um nicht zu sagen: Floskel - als 'Erklärung' zu wiederholen. Es ist eben so viel einfacher, irgendwas Pseudo-Critical-Whitenessmäßiges zu faseln, und angeblich irgendwelche Diskriminierungen zu kritisieren, anstatt wirklich über das Phänomen in seinem spezifischen Kontext nachzudenken. Das zeigt auch die 'Analyse' der Autor*in, die am Ende des Textes entsprechend kurz ausfällt und man eigentlich schon von vorne herein wusste, worauf es hinauslaufen wird.

       

      Deshalb suhlt man sich lieber in der selbstgewissen (selbstgerechten) Haltung und richtet sich mit seinem Schwarz/Weißen (no pun intended) Weltbild gemütlich ein.

       

      Hätte die Autor*in auch nur irgendwas von den Perspektiven mit denen sie so gerne um sich wirft verstanden, dann würde sie auch nicht ständig vom Weiß'sein' sprechen, sondern eher das Werden in den Vordergrund ihrer Überlegungen stellen. Aber egal.

  • Ein T-Shirt mit israelischer und palästinenscher Flagge kann man durchaus als positives politisches Statement für Zweistaatenlösung und friedliches Nebeneinander im Nahen Osten ansehen. Störend ist nur, dass das Label besser "peacewear" und nicht "warwear" heissen sollte. Aber statt substantieller inhaltlicher Kritik diese Leute wegen ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts zu diffamieren, ist ganz schön billig. Rassismus und Sexismus zu bekämpfen indem man sich selber auf dieses niedrige Niveau begibt und umgekehrt sexistische und rassistische Diffamierungen gegen böse kartoffeldeutsche Männer von sich gibt, ist als ob man Feuer mit Feuer löschen möchten. Mit derartigem Hatespeach zeigt man nur eine Geistesverwandschaft mit dem was man kritisieren möchte,