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Kohleproteste in der LausitzStürmung mit Nachhall

Die Polizei ermittelt gegen hunderte Blockierer. Zumeist erfolglos: Viele von ihnen konnten nicht eindeutig identifiziert werden.

Lass' mal bei Vattenfall übernachten Foto: dpa

Berlin taz/epd | Mehr kaputt als gedacht: Nach den mehrtägigen Anti-Kohle-Protesten in der Lausitz haben Vattenfall und Polizei am Dienstag Bilanz gezogen. Demnach ist es laut einem Vattenfall-Sprecher am Wochenende zu zahlreichen Sachbeschädigungen an Betriebsgeräten gekommen. Mitarbeiter hätten etwa „technische Manipulationen an den Gleisen gefunden, die in der Lage gewesen wären, unsere Kohlezüge entgleisen zu lassen“, sagte Vattenfall-Sprecher Thoralf Schirmer am Dienstag der taz.

Der Energiekonzern hatte am Wochenende vorsorglich den Betrieb im brandenburgischen Tagebau Welzow-Süd eingestellt, nachdem KlimaaktivistInnen angekündigt hatten, das Gelände stürmen zu wollen.

Über 3.000 AktivistInnen aus Deutschland und verschiedenen europäischen Ländern hatten von Freitag bis Sonntag Großgeräte im Braunkohletagebau besetzt und mit Gleisblockaden das Kraftwerk „Schwarze Pumpe“ über 24 Stunden lang von der Kohlezufuhr abgeschnitten. Daraufhin musste die Leistung des Kraftwerks empfindlich gedrosselt werden. Das Bündnis „Ende Gelände“ feierte die Aktion als Erfolg. Ein Sprecher der Kampagnenorganisation Campact sagte, die Braunkohle-Bewegung sei „das neue Gorleben“.

Laut Polizei Cottbus, die den Einsatz geführt hatte, ist es im Umfeld der Proteste zu zahlreichen Straftaten gekommen, darunter zu Sachbeschädigungen, Hausfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Störung öffentlicher Betriebe.

„Ohne Braunkohle keine Chance“

Die Polizei hatte den Blockaden zwei Tage lang weitgehend zugeschaut und war einer auffällig liberalen Rechtsauslegung der Staatsanwaltschaft Cottbus gefolgt. Diese hatte zunächst befunden, dass es sich bei Tagebaubesetzung und Schienenblockaden weder um Hausfriedensbruch noch um Nötigung handele, weil der Tagebau nicht umzäunt sei und Vattenfall im Vorfeld den Betrieb auf eigene Faust eingestellt habe.

Die Polizei griff erst ein, als am Samstagabend Hunderte Kohlegegner ein Kraftwerk stürmten. Hier hielt die Polizei 130 Personen fest und eröffnete Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs. Gegen 38 Personen wurden Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung an den Gleisen und gefährlichem Eingriff in den Bahnverkehr eröffnet. Weitere 163 Personen erhielten Anzeigen, ebenfalls wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr sowie Hausfriedensbruch.

Ohne die Braunkohle hat die Energiewende keine Chance

Dierk Homeyer, CDU

Ob die Ermittlungsverfahren jedoch zu Verurteilungen führen können, ist fraglich. Die meisten der BlockiererInnen hatten keine Ausweise dabei und konnten laut eigenen Angaben nur unzureichend erkennungsdienstlich behandelt werden. Wiederholt ging die Polizei am Wochenende auch gegen Rechtsextreme vor, die AktivistInnen bedroht und attackiert hatten. Unter anderem wurden dabei Quarzsandhandschuhe und Messer beschlagnahmt.

Für politische Debatten sorgten die Proteste am Dienstag im parlamentarischen Bereich. Kritik an der Kraftwerkserstürmung, die auch unter AktivistInnen umstritten war, kam unter anderem von der Linksfraktion Brandenburg und den Grünen. Dierk Homeyer, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU Brandenburg, sagte der taz: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Rechtsbrecher und Ideologen die Lebensleistung der Lausitzer in den Dreck treten. Ohne Braunkohle hat die Energiewende keine Chance.“

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10 Kommentare

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  • ."ohne Braunkohle hat die Energiewende keine Chance"

     

    ja, und ohne Krieg hat Frieden auch keine. Sonst noch Fragen?

  • Für mich ist schon erschreckend, dass Vattenfall nach Ende der Besetzung unter anderem einen Haufen MÜLL auf dem Gelände fand (Bericht in der Sächsischen Zeitung)! Was sind das bitte für Umweltschützer, die nicht einmal fertigbringen, ihren Müll ordentlich zu entsorgen??? Oder ist der Umweltschutz noch nicht im Herzen der Teilnehmer verinnerlicht, sondern nur äußerlich vorgeschobener Grund?

    • @Steffen Fuchs:

      Na wenn du DAS schon erschreckend findest, wie stehst du dann erst zu der Tatsache, dass ein Konzern einen kompletten Landstrich vernichtet und täglich 63800 Tonnen (!) Co2 produziert? (Beispielrechnung am Kraftwerk jänschwalde, Zahlen von 2015, Quelle: Internetseite der Vattenfall AB, Stockholm)

    • @Steffen Fuchs:

      Wenn das jetzt ironisch gemeint war, okay. Doch ich vermute, daß hier wahrscheinlich nur so ein neoliberales Gewäsch verbreitet wurde. Ist ja auch irgendwie klar: wenn sich Vattenfall oder die Sächsische Zeitung echauffieren ...

    • @Steffen Fuchs:

      ...hm, wenn dann die Polizei auf's Mal da steht und Ihnen, Schlagstock und Pfefferspray in der Hand, den Ratschlag gibt, besser schneller als langsamer abzuhauen... ann gehen Sie bestimmt auch nochmal rum und sammeln Ihren Muell ein? Hmja

  • ausgerechnet zu der Zeit als die "Schwarze Pumpe" "empfindlich gedrosselt wurde, hat Deutschland das erste Mal *fast* 100% Erneuerbare Energie erreicht: http://www.handelsblatt.com/technik/energie-umwelt/stromproduktion-deutschland-ist-gruen/13599458.html#

     

    Wahrscheinlich wurde es de Facto dann doch nicht erreicht, weil viele "konventionelle" nicht gedrosselt und statt dessen Großabnehmer mit negativen Preisen zur massiven Produktion animiert wurden.

  • "Ob die Ermittlungsverfahren jedoch zu Verurteilungen führen können, ist fraglich. Die meisten der BlockiererInnen hatten keine Ausweise dabei und konnten laut eigenen Angaben nur unzureichend erkennungsdienstlich behandelt werden. "

    So einfach ist das im Deutschland des Jahres 2016 sich der Strafverfolgung zu entziehen? Einfach den Ausweis zu Hause lassen, und darauf setzen, daß die Polizei unwillens oder unfähig ist, erkennungsdienstliche Maßnahmen durchzuführen?

    • @yohak yohak:

      Wieso denn "der Strafverfolgung entziehen"? Es besteht in Deutschland zwar eine Ausweispflicht, aber keine dazu, ihn jederzeit mitzuführen. (PAuswG, §27 Pflichten des Ausweisinhabers)

      Aus Sicht eines Demonstranten, der mit einer ausreichenden Menge an mitdemonstranten sich des zivilen Ungehorsams schuldig macht und glücklicherweise dabei so zahlreich Auftritt, dass es der staatsgewalt unmöglich erscheint jegliche Angaben zur Person innerhalb von 12 Stunden zu überprüfen ( so lange darf man zur personalienfeststellung in Gewahrsam genommen werden), doch eigentlich ein ganz glücklicher Umstand, an ausgerechnet diesem Tag seinen Ausweis zu vergessen...

    • @yohak yohak:

      Das glaube ich jetzt nicht ... du setzt dich hier für Strafverfolgung bzw. erkennungsdienstliche Maßnahmen ein? Oder hab ich da womöglich was falsch verstanden, dann entschuldige bitte.

    • @yohak yohak:

      Ein tolles Land... Zum Glück hab ich keinen ;)