Kohle-Politik des Rückversicherers: Munich Re reduziert Schmutzgeschäft
Der zweitgrößte Rückversicherer der Welt will weniger in Klimakiller investieren. Die Konkurrenz unternehme mehr, kritisieren Umweltschützer.
Allerdings sind Ausnahmen mit Einzelfallprüfungen vorgesehen, etwa bei bestehenden Verträgen. Das kündigte der Vorstandsvorsitzende Joachim Wennig in einem Debattenbeitrag in der FAZ an. Die Munich Re ist nach der Swiss Re der zweitgrößte Rückversicherer der Welt. Diese Konzerne versichern die Betreiber von Großprojekten und übernehmen einen Teil der Risiken von Unternehmen wie Allianz, Axa oder Zurich.
Umweltschützer fordern von Versicherern seit Langem, sich aus Kohlegeschäften zurückzuziehen. Mehr als 850.000 Menschen haben die an Munich Re gerichtete Petition der Kampagnenorganisation Avaaz unterschrieben, Kohlegeschäfte zu beenden. Ohne Versicherungsschutz hat die Kohleindustrie ein Problem, weil Investoren und Banken die Finanzierung zu riskant ist. Außerdem sind Versicherer gigantische Kapitalanleger. Ziehen sie sich aus Investments in Kohle zurück, sorgt das für Druck. Der Klimawandel und die damit verbundene Zunahme extremer Wetterereignisse trifft Munich Re & Co hart, weshalb immer mehr Versicherer aus Kohlegeschäften aussteigen.
Auf Kritik stößt, dass Munich Re nur auf die Versicherung von Kohle in Industrieländern verzichtet. „In Entwicklungs- und Schwellenländern sind derzeit unzählige neue Kohlekraftwerke in Planung, von denen jedes ein Sargnagel für die Pariser Klimaziele ist“, sagt Lucie Pinson, europäische Koordinatorin der Kampagne Unfriend Coal („Kohle entfreunden“).
Campaignerin Regine Richter
Andere Versicherer seien weiter als die Munich Re, sagt Regine Richter, Energie-Campaignerin der Umweltorganisation Urgewald. Konkurrent Swiss Re etwa ziehe sich weltweit aus Kohleanlagen zurück, die Allianz wende sich bis zum Jahr 2040 komplett von Kohlegeschäften ab. Die Munich Re schweigt zu dieser Kritik. Ihr Sprecher will keine Angaben über die Beitragseinnahmen machen, auf die der Konzern verzichtet.
Für Betreiber von Kohlekraftwerken und -minen wird es schwerer, Versicherungsschutz zu finden. „Die Luft wird für die Kohleindustrie dünner“, sagt Richter von Urgewald. Mit Munich Re sowie Allianz, AXA, SCOR, Swiss Re und Zurich haben sechs große internationale Gesellschaften die Versicherung von Kohleprojekten mehr oder weniger stark eingeschränkt. Richter hofft, dass die Entscheidung der Munich Re Druck auf den drittgrößten Rückversicherer Hannover Re ausübt, der nach wie vor im großen Stil der Kohleindustrie Deckung gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen