piwik no script img

Kohle-Politik des RückversicherersMunich Re reduziert Schmutzgeschäft

Der zweitgrößte Rückversicherer der Welt will weniger in Klimakiller investieren. Die Konkurrenz unternehme mehr, kritisieren Umweltschützer.

Zunehmend unbeliebt auch als Investment: deutsches Kohlekraftwerk Foto: dpa

BERLIN taz | Eine der mächtigsten Versicherungsgesellschaften der Welt, die Munich Re (früher: Münchener Rück), will ihr Kohlegeschäft herunterfahren. Künftig will der Münchner Konzern nicht mehr in Unternehmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit dem Klimakiller Kohle machen. Außerdem will der im deutschen Leitindex DAX gelistete Konzern in Industrieländern keine neuen Kohlekraftwerke und -minen mehr versichern.

Allerdings sind Ausnahmen mit Einzelfallprüfungen vorgesehen, etwa bei bestehenden Verträgen. Das kündigte der Vorstandsvorsitzende Joachim Wennig in einem Debattenbeitrag in der FAZ an. Die Munich Re ist nach der Swiss Re der zweitgrößte Rückversicherer der Welt. Diese Konzerne versichern die Betreiber von Großprojekten und übernehmen einen Teil der Risiken von Unternehmen wie Allianz, Axa oder Zurich.

Umweltschützer fordern von Versicherern seit Langem, sich aus Kohlegeschäften zurückzuziehen. Mehr als 850.000 Menschen haben die an Munich Re gerichtete Petition der Kampagnenorganisation Avaaz unterschrieben, Kohlegeschäfte zu beenden. Ohne Versicherungsschutz hat die Kohleindustrie ein Problem, weil Investoren und Banken die Finanzierung zu riskant ist. Außerdem sind Versicherer gigantische Kapitalanleger. Ziehen sie sich aus Investments in Kohle zurück, sorgt das für Druck. Der Klimawandel und die damit verbundene Zunahme extremer Wetterereignisse trifft Munich Re & Co hart, weshalb immer mehr Versicherer aus Kohlegeschäften aussteigen.

Auf Kritik stößt, dass Munich Re nur auf die Versicherung von Kohle in Industrieländern verzichtet. „In Entwicklungs- und Schwellenländern sind derzeit unzählige neue Kohlekraftwerke in Planung, von denen jedes ein Sargnagel für die Pariser Klimaziele ist“, sagt Lucie Pinson, europäische Koordinatorin der Kampagne Unfriend Coal („Kohle entfreunden“).

Die Luft wird für die Kohleindustrie dünner

Campaignerin Regine Richter

Andere Versicherer seien weiter als die Munich Re, sagt Regine Richter, Energie-Campaignerin der Umweltorganisation Urgewald. Konkurrent Swiss Re etwa ziehe sich weltweit aus Kohleanlagen zurück, die Allianz wende sich bis zum Jahr 2040 komplett von Kohlegeschäften ab. Die Munich Re schweigt zu dieser Kritik. Ihr Sprecher will keine Angaben über die Beitragseinnahmen machen, auf die der Konzern verzichtet.

Für Betreiber von Kohlekraftwerken und -minen wird es schwerer, Versicherungsschutz zu finden. „Die Luft wird für die Kohleindustrie dünner“, sagt Richter von Urgewald. Mit Munich Re sowie Allianz, AXA, SCOR, Swiss Re und Zurich haben sechs große internationale Gesellschaften die Versicherung von Kohleprojekten mehr oder weniger stark eingeschränkt. Richter hofft, dass die Entscheidung der Munich Re Druck auf den drittgrößten Rückversicherer Hannover Re ausübt, der nach wie vor im großen Stil der Kohleindustrie Deckung gibt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • So wie ich es verstanden habe, ist das Problem die illegale Produktion in der dritten Welt. Speziell China und Indien. Da werden 100.000 Tonnen Emission CO2 angekündigt und real sind es dann 1 Mill. Illegale Produktion kann MunichRe auch nicht verhindern oder untersagen. Die Monsterfabrik in China die illegal Mill. Tonnen FCKW produzierte ist immer noch Thema.